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Fraeulein Jensen und die Liebe

Fraeulein Jensen und die Liebe

Titel: Fraeulein Jensen und die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Hansen
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noch besuche ich gerade eine Prêt-à-porter-Show in Paris, sondern sitze in einem Eiscafé in Köln-Ehrenfeld. Und das ist leider so gebaut, dass es nicht für Mitteleuropa geeignet ist. Kalte Fliesen treffen auf kalte Plastikstühle und kleine Fenster, die jeden einzelnen Sonnenstrahl entschieden nach draußen verbannen. In diesem Eiscafé wäre man wunderbar aufgehoben, wenn man sich in Neapel bei 40 Grad in einen dunklen, kühlen Raum flüchten will und dann erleichtert seine verschwitzten Oberschenkel am kühlen Plastikstuhl schubbert. Doch Köln ist nicht Neapel. Dieses Eiscafé ist eindeutig im falschen Körper geboren.
    Kleiner Trost: Die Lichtverhältnisse hier ähneln denen einer Toilette. Heißt: Ich sehe verdammt braun aus, wenn man nicht genau hinsieht.
11.50 UHR
    Herr Fritz hat sich auf meine Füße gelegt. Und Heinz erzählt mir von seinen Frauen, der Liebe und den drei großen Grundsätzen: Frauen haben immer recht. Männer halten Frauen die Tür auf. Män - ner sollten beim Ausgeben großzügig sein und in der Treue kleinlich.
    Wo gibt es bloß Männer in meinem Alter, die so wie Heinz sind?
    Heinz und ich bestellen beide unseren vierten Milchkaffee. Ich habe Herzklopfen und weiß nicht, ob es am Kaffee, an Heinz, an Herrn Fritz auf meinen Füßen oder doch an Sebastian von Lahnstein liegt. Ich würde ihm wahrscheinlich auch verzeihen, wenn er in fünf Jahren mich in diesem Eiscafé abholen würde und RTL inzwischen schon eine Doku-Soap über mich gedreht hätte: »Über die Frau, die im Eiscafé lebt«.
12.00 Uhr
    »Liebschen, isch muss mal wat sagen: Eine Frau lässt man nicht warten. Eine wie Sie schon gar nicht.« Heinz lacht. »Der Mann, auf den Sie warten, muss zumindest Ihre Milschkaffees bezahlen.«
    »Ich glaube, das wird nichts«, sage ich. »Schließlich will ich ja was von ihm. Ich war es ja, die um das Treffen gebeten hat.«
    »Papperlapapp, der bezahlt Ihre Milschkaffees, das ist dat Wenigste, was der machen kann. Isch kann dem dat auch sagen, wenn er kommt.«
    Ja, wenn er denn kommt, denke ich. Und wenn ihm etwas passiert ist? Vielleicht sollte ich mal lieber in allen Krankenhäusern der Stadt anrufen und mich erkundigen, ob ein Joscha Kiefer eingeliefert wurde? Stattdessen vergnüge ich mich mit Heinz und Herrn Fritz. Ich schäme mich.
12.15 Uhr
    Ein Auto kommt um die Ecke gerast und hält direkt vor dem Eiscafé. Sebastian von Lahnstein himself alias Joscha Kiefer springt heraus. Aaaaaah, der sieht wirklich so aus wie im Fernsehen. Mein persönliches Drehbuch kann endlich in die Tat umgesetzt werden.
    Erster Akt: Ich klopfe von innen an die Scheibe.
    Zweiter Akt: Er kommt herein.
    Dritter Akt (der die Begrüßung beinhaltet und dadurch für den weiteren Verlauf der Dinge maßgeblich ist): Ich springe auf. Und ... und ... und gebe ihm unbeholfen die Hand. Von wegen Küsschen und Umarmung und erste Bande knüpfen. Ich könnte mich ohrfeigen, was war das denn? Die Hand geben – geht es formeller und anonymer? Egal, Haltung bewahren. Noch ist nichts verloren.
    »Sorry für die Verspätung«, sagt er ein wenig kurzatmig.
    »Kein Problem«, säusle ich, lächle sanft und lege den Kopf schief.
    »Wir können auch hier bleiben fürs Gespräch, oder?«
    »Äh, ja klar«, antworte ich ein wenig irritiert. Ich hatte mich doch schon so auf seine Wohnung gefreut. So eine Wohnung (schwarze Ledercouch? Stilvolles Weiß? Marmor im Bad?) sagt schließlich auch viel aus über einen Menschen.
    »Ja, dann fangen wir mal an«, sage ich zaghaft. Hinter Joschas Rücken sehe ich Heinz, der mir aufmunternd zunickt und mir mit seiner Tasse Milchkaffee zuprostet.
    »Wie ist es denn so, in einer Soap mitzuspielen?«, frage ich und könnte schon, bevor ich die Frage zu Ende gestellt habe, im Erdboden versinken. Das klingt ja wirklich nach einem Bravo -Fantreffen. Die dreizehnjährige Hannah (sitzt rot wie eine Tomate im Publikum und kichert mit ihrer Freundin unbeholfen in die Kamera) möchte gerne wissen, wie es denn so ist, in einer Soap mitzuspielen. Schnell irgendetwas Schlaues hinterher.
    »Ich meine, es ist doch sicher anstrengend, oder? Ich habe mal gehört, dass das Drehpensum sehr hoch sein soll.« Schon besser. »Drehpensum« könnte man mit gutem Willen als Fremdwort durchgehen lassen. Jetzt weiß er gleich, mit welcher außerordentlich intelligenten und aufgeweckten Frau er es zu tun hat.
    »Auf jeden Fall. Man hat eigentlich nie Freizeit«, sagt Joscha.
    Der Arme. Er wirkt abgespannt. Oder bilde

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