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Fraeulein Jensen und die Liebe

Fraeulein Jensen und die Liebe

Titel: Fraeulein Jensen und die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Hansen
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gehievt, geben endgültig der Schwerkraft nach. Das glaub ich jetzt nicht. So etwas kann man doch nicht vergessen!
    Ich bin geschafft. Die Ponys hätte ich mir ja noch zugetraut, aber die Elefanten?
    Ich kapituliere.
    »Dann vielen Dank für das Gespräch«, stottere ich.
    »Gern geschehen. Wir sehen uns gleich in der Vorstellung?«, fragt Martin Lacey und lächelt mir zu, während er hinausgeht.
    »Klar«, stammle ich in einem Dämmerzustand wie nach einem türkischen Dampfbad. »Wir sehen uns gleich in der Vorstellung.«
    Da fällt mir plötzlich das Löwenbaby ein, von dem die Pressesprecherin zu Beginn des Gesprächs erzählt hat.
    Mir schwant Böses.
    »Herr Lacey, wie läuft eigentlich die Aufzucht Ihres kleinen Löwenbabys?«, frage ich.
    »Löwenbaby?« Er runzelt die Stirn und schüttelt den Kopf. »Ach, Sie meinen vielleicht unser kleines Menschenbaby.« Er lacht. »Mein Ein und Alles«, sagt er, strahlt und winkt mir zum Abschied zu.
     

     
    Guten Morgen, Wirklichkeit. Manchmal weiß ich in fremden Hotelbetten morgens nicht, wo ich bin. Doch heute laufen die Ereignisse der letzten zwölf Stunden wie in Zeitlupe vor meinem inneren Auge ab. Hotel, München, Zirkus Krone, Traummann, Traumfrau, die nicht Hannah Jensen heißt, heute nach Hause fahren.
    Ich fühle mich, als hätte ich an einer Gewinnshow teilgenommen und, nachdem ich mich schweren Herzens für Tor drei entschieden hatte, den Zonk mit nach Hause genommen.
    Nachdem Martin Lacey mir von seinem kleinen »Menschenbaby« erzählt und mich alleine gelassen hatte, saß ich noch eine Weile im Büro der Pressesprecherin und starrte wie in Trance auf den breiten Holztisch. Um dessen Breite ich mir ernsthaft Gedanken gemacht hatte, weil er mich an einer innigen Umarmung hätte hindern können. Was wäre das Leben schön, wenn die größten Probleme zu breite Holztische wären.
    Plötzlich ging die Tür auf und die gut gelaunte Pressesprecherin wirbelte herein.
    »Und? Wie war das Gespräch?«, fragte sie.
    Mein erster Instinkt war, ihr um den Hals zu fallen und »Er ist vergeben« zu schluchzen. Doch erstens: Sie wusste ja bereits, dass er vergeben war. (Sie hatte schließlich schon zu Anfang vom »Baby« gesprochen und mich sehenden Auges ins offene Messer rennen lassen, das werde ich ihr nie verzeihen.) Und zweitens: Die Pressesprecherin war nicht Pia und schon gar nicht Elvis. Deswegen straffte ich die Schultern und sagte mit fester Stimme: »Danke, es war sehr aufschlussreich.« Das entsprach ja auch irgendwie den Tatsachen.
    »Na, dann kommen Sie mal mit. Sie sollen jetzt unseren Traummann ja auch noch in Aktion sehen«, sagte die Sprecherin und lachte. Herrje, das hatte ich ganz vergessen. Jetzt musste ich mir ja auch noch die Vorstellung ansehen. Ich wollte gerade »Muss das wirklich sein?« stammeln, als die Sprecherin mich sanft, aber bestimmt Richtung Zirkuszelt schob.
    »Die Vorstellung hat schon begonnen«, sagte sie. »Aber wir schleichen uns einfach leise rein.« Kein Problem, dachte ich. Doch im nächsten Moment starrten fünfhundert Augenpaare auf mich. Die Sprecherin hatte nicht den Hintereingang genommen, sondern den Eingang direkt neben der Manege. Und nun dachten die Zuschauer, dass ich die angekündigte Verrenkungskünstlerin aus China war. Mit hochrotem Kopf folgte ich der Sprecherin, die mich direkt zur Loge führte. Sie klopfte mir fürsorglich auf die Schulter. »Viel Spaß«, sagte sie und machte kehrt. Ich fühlte mich wie ein Kind, das im Preisausschreiben eine Karte für den Zirkus gewonnen hat, »Betreuung durch einen Zirkus-Mitarbeiter inklusive«. Gott sei Dank drückte sie mir nicht noch eine Tüte Popcorn in die Hand oder setzte mir eine Zirkus-Krone-Mütze auf.
    »Oma, ich seh gar nichts mehr. Die Frau ist so groß«, hörte ich plötzlich eine Stimme hinter mir. Ich drehte mich um und sah einen kleinen, rothaarigen Jungen mit Popcorn in der Hand und Zirkus-Krone-Mütze auf dem Kopf, dessen Gesichtszüge sich gerade von »Hurrah, ich bin im Zirkus« zu »Das macht hier alles keinen Spaß« wandelten.
    Oma und Opa schauten mich panisch und gleichzeitig flehend an. »Wir tauschen schnell die Plätze, ist doch kein Problem«, sagte ich schnell. Oma und Opa waren wahrscheinlich seit der Befreiung Deutschlands durch die Alliierten nicht mehr so erleichtert wie in diesem Moment. Und der vierjährige Georg (wie ich kurze Zeit später erfuhr) strahlte wieder. Ich tauschte also mit den dreien die Plätze. Und das in der Loge! Die

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