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Fraeulein Jensen und die Liebe

Fraeulein Jensen und die Liebe

Titel: Fraeulein Jensen und die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Hansen
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ganz schön. Viele mögen dich, aber viele mögen dich auch nicht«, sage ich. »War das schon immer so?«
    »Ja«, sagt Tim gelassen und beißt in seine Fleischpflanzerl. »Ich bin eben schonungslos offen und sage immer, was ich denke. Damit kommen viele nicht klar.«
    »Und das macht dir gar nichts aus?«
    »Nein. Bei mir steht Ehrlichkeit an erster Stelle. Das war schon immer so und das wird immer so sein. Ich finde nichts schlimmer als Unehrlichkeit. Im Kraftraum habe ich mindestens schon zwanzig Deos verschenkt«, sagt er und lacht. »Ich bin eben direkt.«
    Ich lache auch. Aber oh Gott, was mach ich bloß, wenn er mir auch gleich sagt, dass ich stinke? Und ich weiß, dass ich stinke. Ich rücke ein wenig vom Tisch weg.
    »Bist du bei Frauen auch so direkt?«
    »Klar.«
    Oh Gott, jetzt kommt’s. Gleich holt er ein Deo aus der Tasche. Oder er spricht mich mit »Tomate« an.
    »Wenn ich Single bin, frag ich eine Frau auch schon mal: ›Hey, hättest du Lust, mit mir durchzubrennen?‹« Er lacht. »Das ist schon etwas direkter, oder?«
    Ja, denke ich. Ob er das jetzt bitte fragen könnte. Ich würde sofort ja sagen.
    »Und was machst du, wenn die Frau dann ablehnt? Ist dir das nicht furchtbar peinlich?«
    »Ach was, dann tu ich schnell so, als ob es ein Scherz wäre.« Er lacht.
    »Warst du denn früher in der Schule ein Frauenschwarm?« (Stichwort: Konkurrenz ausloten!)
    »Gar nicht«, sagt er. »Alle Mädchen hatten es auf einen guten Freund von mir und zwei Jungs aus der Parallelklasse abgesehen. Ich war eher kein Objekt der Begierde.« Er lacht.
    Na, da haben wir ja was gemeinsam, denke ich.
    »Und wie ist das heute? Hast du viele weibliche Fans?«
    »Na ja, auf Facebook gibt’s so eine Fanseite von mir, die hat mal jemand eingerichtet. Da sind schon mehr Frauen registriert als Männer.«
    »Und was glaubst du, was genau sie an dir mögen?«, frage ich möglichst unbeteiligt und distanziert. (Bloß nicht sagen, dass ich auch Mitglied seiner Fanseite bin!)
    »Keine Ahnung. Ich freu mich einfach, dass sie mich als Mann anscheinend gut finden. Und ich glaube, dass es besser ist, da nicht bei den Frauen nachzufragen, warum das so ist. Die bringt man nachher noch auf dumme Gedanken, und irgendwann merken sie, dass sie die falsche Idee hatten.« Tim lacht. »Nee, nee. Ich nehme das gerne hin und spreche nicht weiter drüber. Bloß keine Pferde scheu machen.«
    Von wegen der nimmt sich zu ernst. Ich hätte mir wirklich die Adresse von diesem Mann aus dem Zug geben lassen sollen. Dem hätte ich gerne noch einen saftigen Brief geschrieben, der es in sich hat. Was aber jetzt viel wichtiger ist: Auf welche Frau steht er?
    »Kannst du beschreiben, wie deine Traumfrau aussieht?« Ich sehe ein, dass die Wahrscheinlichkeit eher gering ist, dass er jetzt sagt: »Nun, sie trägt normalerweise ein weißes, durchgeschwitztes T-Shirt, und ihre Haare sind meistens so klitschnass, dass sie in kleinen Streifen eng am Kopf anliegen. Und vom Typ her ist sie eher rötlich. Also bezogen auf das Gesicht.«
    Oh Gott. Ich muss mich schnell von meiner besten Seite zeigen. Vor Jahren hat mir jemand mal gesagt, dass mein linkes Ohrläppchen wie das von der Sängerin Blümchen aussieht. Das ist doch schon mal ein Anfang, oder? Ich drehe mit einem Ruck den Kopf so weit nach rechts, dass Tim nur noch mein linkes Ohr sieht. Er muss mich für verrückt halten. Egal, mein Ohrläppchen wird ihn bezirzen.
    »Ich habe keine 90-60-90-Vision«, sagt Tim. Aha, geht doch! Vielleicht hat mein Ohrläppchen schon seinen Dienst getan. Vorsichtig drehe ich den Kopf wieder zurück. »Weißt du, Frauen können durch so vieles bezaubern. Eine tolle Stimme, Charme, schöne Hände, leuchtende Augen. Jede Frau hat ihren ganz eigenen Reiz.« Er sieht mir in die Augen.
    Nun, Ohrläppchen waren in seiner Aufzählung nicht dabei. Aber die hat er sicher nur vergessen. Aber wie schön er das gesagt hat, denke ich. Und sage es plötzlich.
    »Das hast du schön gesagt.« Ich sehe ihn schmachtend an. Oh Gott. Nein. Das habe ich nicht gerade gesagt. Oder doch? Ich lache schnell hektisch und tue so, als ob das ein Scherz wäre.
    »Danke«, sagt Tim und lacht. »Aber mal ganz im Ernst. Ich habe Frauen gegenüber einfach weniger Vorurteile als Männern gegenüber. Frauen sind sensibler, einfühlsamer und sozial kompetenter. Bei Männern dagegen geht es immer um Macht. Das finde ich alles andere als souverän.«
    Himmel, er ist auch noch ein Frauenversteher!
    »Jede Frau hat

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