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Fraeulein Jensen und die Liebe

Fraeulein Jensen und die Liebe

Titel: Fraeulein Jensen und die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Hansen
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bei mir eine dritte Chance verdient, viele Männer dagegen nicht einmal eine zweite.«
    Ich kombiniere haarscharf. Das heißt ja, dass auch ich eine dritte Chance verdient habe! Ob ich ihm vorschlage, dass wir uns noch mal treffen können, wenn es kälter ist?
    Wir reden noch eine ganze Weile. Über Haare, München, Ed-Hardy-Klamotten (einhellige Meinung: furchtbar!), den Leichtathletikverband und seine Ehrenrunde mit nacktem Hintern nach einem Wettkampf (hätte ich zu gerne gesehen!).
    Ich könnte noch Stunden hier sitzen und mich mit ihm unterhalten. Ach was, Tage! Jahre! Ob das möglich ist?
    Plötzlich sieht Tim auf die Uhr. »Huch, ich muss ja schon längst zur Massage. Du kannst aber gerne noch mitkommen, dann können wir da weiterreden.«
    »Ja, gerne«, stammle ich. Wie herrlich ist das denn bitte? Wir haben uns verquatscht. Tim Lobinger und Hannah Jensen haben sich verquatscht. Ich würde sagen: Er kann gar nicht von mir lassen.
    Ich höre plötzlich Pias genervte Stimme in meinem Kopf.
    Wie ein kleines Teufelchen sitzt sie auf meiner Schulter und flüstert:
     
    »Hannah, der wollte nur höfl ich sein.«
     
    Nein, liebe Pia. Er hat einen Narren an mir gefressen, ob du es glaubst oder nicht. Und jetzt, Pia, lass mich bitte in Ruhe. Tim und ich wollen ungestört sein.
    In strammem Tempo laufe ich Tim hinterher, der sich den Weg zur Physiotherapie durch ein Labyrinth von Gängen bahnt. Vielleicht ist jetzt, wo wir noch alleine sind, der richtige Moment, die Leichtathletik-WM in ein paar Wochen anzusprechen. Ein absolut trauriges Kapitel. Tim hat sich nämlich zum ersten Mal nicht dafür qualifiziert. Als ich es in der Zeitung las, hatte ich mit den Tränen zu kämpfen. Wenn ich schon so am Boden zerstört war, wie muss er sich da erst fühlen? Deswegen habe ich mir etwas überlegt. Ich werde ihm anbieten, dass ich ihm an dem Tag, an dem die Entscheidungen im Stabhochsprung anstehen, zur Seite stehe. Wir könnten ins Kino gehen, einen Ausflug machen oder einfach nur reden. Ich werde ihn, so gut es geht, ablenken. Auf jeden Fall soll er nicht alleine sein. Diesen Tag stehen wir gemeinsam durch.
    »Ist es eigentlich sehr schlimm für dich, dass du dich für die WM nicht qualifiziert hast?«, frage ich vorsichtig und einfühlsam. (Er soll gleich merken, dass ich mich auch in schlechten Zeiten um ihn kümmern werde.)
    »Es ist auf jeden Fall echt ärgerlich, weil ich weiß, dass ich es besser kann.«
    »Und was machst du an dem Tag, wenn der Wettkampf stattfindet?«
    »Na, ich fahre natürlich hin und sehe es mir im Stadion an.« Er dreht sich lachend zu mir um. »Ich bin da so wie Gerhard Schröder, der am Zaun des Kanzleramts rüttelte und schrie: ›Ich will da rein.‹«
    »Wirklich? Ich würde ja Schlaftabletten nehmen und mich den ganzen Tag ins Bett legen. Mit Decke über dem Kopf.«
    »Ach was, ich muss doch schließlich auch unseren Jungs die Daumen drücken. Da habe ich kein Problem mit, auf der Zuschauertribüne zu sitzen.«
    Ich könnte ja neben ihm sitzen und seine Hand halten, wenn ihm danach ist. Doch ich befürchte, dass er gar keinen braucht, der ihm beisteht. Oder soll ich es ihm zumindest anbieten? Er könnte dann ja darauf zurückkommen, falls es ihm doch nicht so gut geht.
    Ich will gerade den Mund aufmachen, da sagt Tim: »So, da sind wir.«
    Wir haben die Physiotherapie-Abteilung erreicht. Tim macht die Tür auf und wird von seinem Masseur begrüßt.
    »Hey«, sagt Tim. »Das ist Hannah, sie ist Journalistin und interviewt mich gerade. Ist doch kein Problem, dass sie dabei ist, oder?«
    »Natürlich nicht. Hallo, Hannah.« Der Masseur gibt mir die Hand.
    Ehrlich gesagt bin ich schon etwas enttäuscht davon, wie Tim mich vorgestellt hat. Klar bin ich offiziell die Journalistin, die ihn interviewen will. Aber hätte er nicht sagen können: »Hey, das ist Hannah, eine gute Freundin. Wir verbringen den Tag miteinander.« Der Masseur hätte daraufhin augenzwinkernd geantwortet: »Ja klar, eine gute Freundin, so nennt man das wohl heutzutage.« Woraufhin Tim mir tief in die Augen gesehen hätte und ich rot geworden wäre.
    Zumindest der letzte Punkt stimmt schon mal. Ich werde rot. Denn Tim zieht sich aus. Einfach so. Vor mir. Er zieht seine Sporthose aus und steht plötzlich in der Unterhose vor mir.
    Oh Gott. Ich bekam ja schon Komplexe, als er sich das T-Shirt ausgezogen hat. Aber dieser Anblick macht mich endgültig fertig. Die Beine bestehen aus Muskeln. Ach was, die Beine sind Muskeln. Aber

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