Frag die Toten
spielen oder irgendwohin gehen musste? Oder der sich einen Schnupfen einfing und wollte, dass seine Mami sich um ihn kümmerte. Und wie oft kam es vor, dass sie der Rotznase Frühstück oder ein Brot oder noch eine Kleinigkeit vor dem Zubettgehen machte, und gar nicht auf die Idee kam, ihn, Kirk, zu fragen, ob er vielleicht auch etwas wollte?
Trotzdem, es war schon schlau von ihm gewesen, bei ihr einzuziehen. Als sie sich kennenlernten, hatte er sich von seiner besten Seite gezeigt und ihr mit dem Platten geholfen. Und er musste sich auch nicht großartig verstellen. Die Kleine war nicht übel. Klasse Figur, hübsches Gesicht. Dazu konnte sie auch noch kochen, wie er an dem ersten Abend bei ihr zu Hause festgestellt hatte. Er ließ es langsam angehen, wollte nicht, dass sie glaubte, er habe es nur auf das eine abgesehen, aber als sie ihm sagte, das Kind schliefe jetzt, wusste er, dass sie es auch wollte, und kam ihrem Wunsch gerne nach. Was Kirk allerdings vergessen hatte zu erwähnen, war, dass er keine eigene Wohnung besaß. Seine Freundin hatte ihn an die Luft gesetzt, und seither schlief er bei verschiedenen Arbeitskollegen auf der Couch. Nur der Chef von Garber-Bau, Glen, ließ ihn abblitzen, denn er hatte eine halbwüchsige Tochter zu Hause, nichts für ungut. Das war natürlich auf Dauer keine Lösung, und als Keisha so Andeutungen machte, wenn er doch eh schon fast jeden Abend bei ihr blieb, sollte er vielleicht gleich …
»Ja, gut«, hatte er gesagt.
In den ersten Wochen lief alles gut. Dann kürzte Glen ihm die Stunden. Danach verletzte er sich den Fuß, und irgendwie geschah das genau zur richtigen Zeit, denn er merkte, dass Keisha zu überlegen begonnen hatte, ob es wirklich so eine tolle Idee gewesen war, ihn einziehen zu lassen. Aber solange sein Fuß nicht in Ordnung war, würde sie ihn nicht hinauswerfen, dazu war sie zu nett.
Jetzt war sein Fuß allerdings fast verheilt, und Kirk spürte, dass sie wieder mit dem Gedanken spielte, diese Beziehung zu beenden. Aber jetzt, tja,
brauchte
sie ihn. Und wie! Welche Frau setzte schließlich den Mann auf die Straße, der ihr dabei half, einen Mord zu vertuschen?
O ja, jetzt hatte er ausgesorgt. So viel stand fest.
Hey, das hier sah gut aus.
Ein kleine Ladenzeile auf der rechten Seite mit einem Nagelstudio, einem Pizza-Takeaway, einem Laden, der T-Shirts, und einem, der ferngesteuerte Autos verkaufte.
So eins hab ich mir immer schon gewünscht, dachte Kirk. Die Reifen für den Pick-up hab ich schon, wär also Zeit für was Neues.
Hier musste es doch einen Müllcontainer geben, schon allein wegen dem Pizzalokal. Die hatten bestimmt jeden Tag eine Menge Müll. Essensreste, Kartons, schimmelig gewordenen Käse.
Er blinkte, fuhr auf den Parkplatz und um das Gebäude herum nach hinten, wo er vor einem verbeulten Metallcontainer hielt, der ungefähr so groß war wie die Schrottkiste, in der er gerade fuhr. Der Container stand etwa zehn Meter von dem Gebäude entfernt, und rundherum lag schon jede Menge anderer Müll. Paletten, rostige Rohre, ein alter Backofen, mehrere Autoreifen.
Kirk stieg aus und ging um den Wagen herum zur Beifahrerseite. Er öffnete die Tür, holte den Müllsack heraus und ging zum Container. Eben wollte er den Deckel heben und den Sack hineinwerfen, da wurde er unterbrochen.
»Was treibst du denn da?«
Eine der vier Türen war offen. Kirk tippte darauf, dass es der Hintereingang der Pizzeria war, jedenfalls wenn er die Anordnung der Läden auf der Vorderseite richtig in Erinnerung hatte. Ein Schwarzer in Jeans und T-Shirt und einer mit Pizzasoße bespritzten weißen Schürze musterte ihn.
»Ich schmeiß das nur weg«, sagte Kirk.
»Sicher nicht.«
»Kein Stress, Mann, ist doch nur
ein
Sack.«
»Glaubst du, unsere Tonne steht da, damit du dich bedienen kannst? Hast du Müll, stell ihn dir vor dein eigenes Haus.«
»Hey, Kumpel, jetzt –«
»Ich bin nicht dein Kumpel, Arschloch. Wir zahlen dafür, dass die uns den Müll wegkarren. Du willst den Sack da reinschmeißen? Zehn Dollar.« Er kam heraus und ließ die Metalltür hinter sich zufallen. »Hier kommen ständig so Typen wie du daher. Das ist doch kein öffentlicher Müllplatz. Hast du einen Zehner?«
»Ja, hab ich. Und weißt du, wo du dir den hinstecken kannst?«, sagte Kirk.
Der Pizzabäcker lachte. »Oh, der war gut. Und ich weiß, wo du dir deinen Müllsack hinstecken kannst.«
Er kam näher. Kirk stand noch da wie vorher. In der einen Hand hielt er den Müllsack,
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