Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Frag die Toten

Frag die Toten

Titel: Frag die Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linwood Barclay
Vom Netzwerk:
mit der anderen den Deckel des Containers. Er hatte ihn aber noch nicht weit genug geöffnet, um den Sack hineinwerfen zu können. Der Mann hob eine Hand und schlug den Deckel zu, dass es krachte. Hätte Kirk seine Hand nicht rasch genug weggezogen, hätte er jetzt einen Daumen weniger gehabt.
    »Geht’s noch?«, fragte Kirk. Ihm fiel eine gute Frage aus
Familien-Duell
ein: »Wo arbeiten die meisten Idioten?« Seine Antwort darauf wäre: »In ’nem Pizza-Takeaway.«
    In Wirklichkeit sagte er: »Hast du eine Peperoni im Arsch oder was?« Den Typen wollte er sich jetzt zur Brust nehmen. Und zwar so richtig.
    »Darauf bist du also aus?«, fragte der Mann. »Dich deswegen zu kloppen? Wenn du das unbedingt willst, mir soll’s recht sein.«
    Kirk ließ den Sack mit der blutigen Kleidung, der blutigen Handtasche und den blutigen Wischtüchern fallen, um beide Fäuste frei zu haben.
    Die Hintertür der Pizzeria öffnete sich ein zweites Mal. Ein zweiter Mann kam heraus. Ein Weißer, ungefähr doppelt so groß wie der Schwarze.
    Scheiße
, dachte Kirk.
    »Hey, Mick, hilf mir doch mal mit diesem Arschloch!«, sagte der Schwarze.
    Falls Mick Bedenken hatte, weil er nicht wusste, worum es hier eigentlich ging, ließ er sie sich jedenfalls nicht anmerken. Vielmehr beschäftigte ihn die Suche nach etwas, das er Kirk über den Schädel ziehen konnte. Und er wurde fündig. An der Mauer lehnte ein Bleirohr. Gut einen halben Meter lang. Er schwang es wie eine Keule, sah Kirk an und lächelte.
    Kirk nahm Reißaus.
    Er sprang in den Wagen, schlug die Tür zu, wendete hektisch, hätte Mick dabei um ein Haar mit dem Kotflügel erwischt, stieg aufs Gas und raste um das Gebäude herum zurück auf die Straße.
    Er war schon zwei Straßen weiter, da fiel ihm ein, dass er den Müllsack neben dem Container hatte liegen lassen.

[home]
    Einundzwanzig
    D ie Spurensicherung war in Garfields Haus eingetroffen. Rona Wedmore überließ den Kollegen das Feld. Die acht Uniformierten, die ebenfalls erschienen waren, ließ sie ausschwärmen, um die Nachbarhäuser abzuklappern und jemanden ausfindig zu machen, der vielleicht etwas gesehen hatte. Bevor sie endgültig das Feld räumte, bat sie die Leiterin der Spurensicherung, Joy Bennings, sich unbedingt sofort bei ihr zu melden, sobald sie wisse, was auf der Visitenkarte stand, die sie in Wendell Garfields Hemdtasche entdeckt hatte. In einer Ecke hatte Wedmore ein paar Ziffern erkennen können – den Beginn einer Telefonnummer, mehr allerdings nicht. Da die Karte mit Blut beschmiert war, und möglicherweise nicht mit dem des Opfers, hatte sie sich gehütet, sie zu berühren.
    Rona Wedmore stieg in ihr Auto und fuhr zum Revier zurück, um sich noch einmal mit Melissa zu unterhalten.
    Doch ehe sie dazu Gelegenheit hatte, teilte man ihr mit, dass eine Mrs. Beaudry sie zu sprechen wünsche. Sie habe sich am Empfang als Melissas Tante vorgestellt und gesagt, sie sei auf der Suche nach Melissa beziehungsweise deren Vater.
    Die Frau lief in der Eingangshalle auf und ab. Sie war Mitte vierzig, nicht viel größer als eins fünfzig, von zierlicher Gestalt. Mit ihrer langen, gebogenen Nase erinnerte sie Wedmore an einen Vogel. Wenn man sie zu fest drückte, riskierte man, ihr sämtliche Knochen im Leibe zu brechen.
    »Verzeihung«, sagte Detective Wedmore. »Sind Sie wegen Melissa Garfield hier?«
    »Ja! Mein Gott, ich habe Melissas Vater angerufen, aber da hat sich niemand gemeldet, da dachte ich mir, die beiden sind vielleicht hier, und jetzt höre ich, dass Melissa in Haft genommen wurde? Was, zum Kuckuck, ist hier los?«
    »Möchten Sie sich nicht setzen, Mrs. Beaudry?«
    »Nein, ich möchte mich nicht setzen! Stimmt das? Ist Melissa verhaftet?«
    »Ja.«
    Die winzige Frau stemmte beide Hände in die Hüften. »Wieso das denn? Verhaftet? Weswegen?«
    »Mrs. Beaudry, Ihre Nichte steht unter Anklage in Zusammenhang mit dem Tod von Eleanor Garfield.«
    »Wa… was?« Die Frau streckte den Arm zur Seite, als gäbe es da etwas zum Abstützen, doch da war nichts. Sie wankte ein wenig, deshalb führte Wedmore sie zu einer Bank an der Wand.
    »Was reden Sie denn da?«, fragte Mrs. Beaudry. »Was ist mit Ellie?«
    »Dies ist eine laufende Ermittlung«, antwortete Wedmore. »Im Moment kann ich Ihnen noch nicht viel sagen.«
    »Aber das ist – das ergibt doch gar keinen Sinn. Sie waren doch im Fernsehen. Melissa und Wendell. Sie haben um Hilfe gebeten. O Gott, wie entsetzlich. Was sagen Sie, Melissa hat ihre Mutter

Weitere Kostenlose Bücher