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Frag die Toten

Frag die Toten

Titel: Frag die Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linwood Barclay
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getötet? Wo ist sie? Wo ist Ellie? Was ist mit ihr passiert? Wo ist Wendell? Weiß Wendell davon? Weiß er, dass seine Tochter verhaftet wurde?«
    »Sie sind Melissas Tante, dann sind Sie also Ellie Garfields Schwester?«
    Die Frau kramte bereits in ihrer Handtasche nach einem Taschentuch. »Nein, nein. Ich bin Wendells Schwester. Ich bin Gail.«
    »Und Sie sind zu uns gekommen, weil Sie Ihren Bruder suchen, und Melissa?«
    Gail Beaudry nickte schniefend. »Ich hab’s bei ihm zu Hause probiert, da hat sich aber niemand gemeldet, deshalb bin ich hergekommen. Er hat kein Handy.«
    »Wann haben Sie das letzte Mal mit Ihrem Bruder gesprochen?«, erkundigte sich Wedmore.
    Irritiert sah Gail die Polizistin an. »Was?«
    »Wann Sie das letzte Mal miteinander zu tun hatten. Sie und Ihr Bruder.«
    »Gestern Abend. Ich habe ihn angerufen, bevor ich ins Bett gegangen bin. Wollte wissen, ob es was Neues gibt. Ist er da? Ich muss mit ihm reden. Er muss entsetzt sein über das, was Sie getan haben. Seine Tochter einzusperren. Seid ihr denn noch bei Verstand?«
    Wedmore holte tief Luft. »Mrs. Beaudry, es tut mir leid, Ihnen das sagen zu müssen, aber Ihr Bruder ist tot.«
    Gail legte den Kopf schief, wie ein Hund, der einen Pfiff gehört hat. »Wendell ist was?«
    »Ihr Bruder ist tot. Er starb heute Vormittag. Vor wenigen Stunden.« Sie legte der Frau die Hand auf den Arm. »Es tut mir sehr leid.«
    Es dauerte einen Moment, ehe Gail begriffen hatte. »Woher wissen Sie das? Ist er hier? Ist es hier passiert?«
    »Es ist bei ihm zu Hause passiert. Wir sind zu ihm gefahren, um mit ihm zu reden. Über Melissa. Nachdem sie zu uns gekommen war, um den Mord an ihrer Mutter zu gestehen.«
    »Gestehen? Was?« Das war zu viel. »Was sind Sie bloß für Menschen? Was haben Sie getan? Hat die Polizei ihn umgebracht bei dem Versuch, ihn auch zu einem Geständnis zu zwingen?«
    »Wir haben Mr. Garfield tot aufgefunden. In seinem Haus. Wir haben unsere Ermittlungen ausgeweitet und untersuchen neben dem Verschwinden seiner Frau jetzt auch die Umstände seines Todes.«
    »Was ist ihm zugestoßen?«, fragte Gail Beaudry.
    Wedmore antwortete mit einer Gegenfrage. »Wissen Sie, ob Ihr Bruder irgendwelche geschäftlichen oder persönlichen Beziehungen unterhielt, bei denen er sich Feinde gemacht haben könnte?«
    »Nein, nein, natürlich nicht.«
    »Ihnen ist nicht bekannt, ob jemand Grund haben könnte, wütend auf Ihren Bruder zu sein?« Wedmore fiel Laci Harmons Ehemann ein. Sie behauptete, er wisse nichts von der Affäre. Und wenn doch? Was wäre, wenn er zu Garfield gefahren und ihn zur Rede gestellt hätte?
    Aber halt. Laci Harmon hatte ihr ja erzählt, dass ihr Mann gerade auf dem Rückweg von Schenectady sei. Mit den Kindern. Wedmore würde das natürlich überprüfen müssen, aber damit schied der Ehemann als Verdächtiger eigentlich aus.
    »Warum stellen Sie mir diese Fragen? Ich verstehe überhaupt nicht, was los ist. Soll das heißen, jemand hat Wendell
umgebracht?
Wollen Sie vielleicht behaupten, Melissa hat auch
ihn
umgebracht? Hat Mutter
und
Vater umgebracht?«
    »Nein, Melissa war hier, als Mr. Garfield starb.«
    »Dann hat also Melissa Ellie getötet und jemand anderes meinen Bruder?«
    So ungefähr, dachte Wedmore, nickte aber nur.
    »Das ist doch völlig verrückt. Krank. Ich muss … ich muss jemanden anrufen.« Gail Beaudry kramte ihr Handy aus ihrer Handtasche. »Und meinen Mann muss ich auch anrufen.«
    Wedmore zückte ihr Notizbuch. Sie fragte Mrs. Beaudry, wie sie sie erreichen könne, und schrieb sich zwei Nummern auf.
    »Ich muss jetzt mit Melissa reden.«
     
    Die junge Frau winselte wie ein verletztes Tier.
    Melissa schlang die Arme um Detective Wedmore, vergrub ihr Gesicht an deren Brust und schluchzte. »Nein, nein, nein.«
    Es entsprach nicht ganz den Vorschriften, Mordverdächtige in den Arm zu nehmen und sie zu trösten, doch zu ihrer eigenen Überraschung tat Wedmore genau das. Sie erwiderte die Umarmung, klopfte Melissa sanft auf den Rücken und dachte dabei, was für eine armselige Geste das doch war. Genauso gut hätte sie sagen können: »Aber, aber.«
    »Daddy«, wimmerte Melissa. »Daddy.«
    »Ich muss Ihnen ein paar Fragen stellen, Melissa«, sagte Wedmore.
    Doch die junge Frau hörte nicht auf zu weinen, und es dauerte zehn Minuten, bis Wedmore sie wieder in den Vernehmungsraum bringen konnte. Aber diesmal setzte sie sich nicht ihr gegenüber an den Tisch, sondern stellte ihren Stuhl neben den von Melissa

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