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Frag die Toten

Frag die Toten

Titel: Frag die Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linwood Barclay
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fliegen werden. Und Mrs. Archer – Cynthia? Wie geht’s ihr?«
    Archer zögerte. »Auch gut. Ziemlich gut.«
    Wedmore wusste, dass da noch etwas kommen würde. Sie schwieg und wartete, dass Archer weiterredete.
    »Es war schwer für sie«, fuhr er fort. »Zu erfahren, was ihrer Familie zugestoßen ist, war keine … Es hat es ihr nicht wirklich leichter gemacht. Manchmal werfen Antworten nur noch mehr Fragen auf. Zum Beispiel, wie soll ich weiterleben mit dem, was ich jetzt weiß? Im Moment hat Cynthia sich eine Auszeit genommen.«
    »Sie haben sich getrennt?«
    Er schüttelte den Kopf. »Nein, nein, das nicht. Nicht richtig. Aber sie braucht ein bisschen Abstand. Grace ist bei mir.« Er zuckte die Achseln. »Das renkt sich schon wieder ein. Irgendwie. Ganz bestimmt.«
    »Das tut mir leid«, sagte Wedmore. »Wie wird Grace damit fertig?«
    »Na ja, sie kommt jetzt in die Pubertät. Da weiß man nie, was in einem Kind so vorgeht. Sie lässt mich nicht gern reinsehen.« Er zuckte die Achseln. »Aber da müssen wohl alle Eltern von Jugendlichen durch, nicht wahr?«
    Wedmore machte eine Armbewegung, die den ganzen Raum einschloss. »Als ich anrief, habe ich eigentlich nicht damit gerechnet, dass Sie noch an der Schule sind.«
    »Ich bin vor zwei Jahren wiedergekommen«, sagte Archer. »Aber es war richtig, einige Zeit hier wegzugehen. Hören Sie, da oben sitzt eine Klasse von angehenden jugendlichen Ersttätern, die lieber Einkaufswagen klauen, als was über Hemingway zu lernen, wenn es also etwas gibt, bei dem ich Ihnen behilflich –«
    »Keisha Ceylon«, sagte Wedmore.
    »Die schon wieder!«
    »Das nenn ich eine Reaktion. Was können Sie mir über sie erzählen?«
    »Nach dieser Fernsehsendung über Cynthia und ihre Familie, als es fünfundzwanzig Jahre her war, dass ihre Eltern und ihr Bruder spurlos verschwanden, kroch plötzlich diese Frau aus ihrem Loch und behauptete, sie wüsste etwas über den Fall. Nicht aus erster Hand, aber sie hätte im Traum etwas gesehen oder eine Vision gehabt oder so was. Der Fernsehsender hat Cynthia und mich eingeladen, um eine Nachfolgesendung über den Fall zu machen, in der dieses sogenannte Medium uns vor laufenden Kameras erzählen konnte, was sie wusste. Doch als ihr klarwurde, dass der Sender ihr dafür keine tausend Dollar zahlen würde, wurde sie auf einmal sehr schweigsam.«
    »Hmm«, machte Wedmore.
    »Sie ist dann noch mal bei uns aufgetaucht, um
uns
ihre Geschichte zu verkaufen. Cynthia hat sie hochkant hinausgeworfen.«
    »Hat sie sich seither wieder gemeldet?«
    Archer schüttelte den Kopf. »Nie wieder was von ihr gehört.«
    »Was hatten Sie für einen Eindruck von ihr?«, fragte Wedmore.
    Ein leichtes Schulterzucken. »Zweimal kurz gesehen, was soll ich da sagen? Aber sie war eine Opportunistin. Sie hat die Hilflosigkeit und Verzweiflung von Menschen ausgenutzt. Damit rangiert sie in meiner Lumpenstatistik ziemlich weit oben.«
    Wedmore lächelte. »Das kann ich gut verstehen.«
    »Macht sie mit ihrer Nummer noch immer die Gegend unsicher?«
    »Kann sein.«
    In Archers Augen blitzte etwas auf. Er runzelte die Stirn. »Die Sache da neulich in den Nachrichten. Der Mann und seine Tochter. Der um Hinweise über den Verbleib seiner Frau bat.«
    Wedmore nickte und hielt ihm wieder die Hand hin. »Danke für Ihre Hilfe. Jetzt will ich Sie aber nicht länger aufhalten.«
    Archer bemühte sich noch einmal um ein Lächeln, und Wedmore konnte sehen, wie schwer es ihm fiel. Der Mann trug seine Traurigkeit wie ein Sakko. »Ich hab mich wirklich gefreut, Sie wiederzusehen. Sie waren uns eine große Hilfe in einer sehr finsteren Zeit.«
    Er verließ das Zimmer des Beratungslehrers. Wedmore sah ihm nach und hatte das merkwürdige Gefühl, dass ihr nächstes Wiedersehen nicht lange auf sich warten lassen würde.

[home]
    Vierundzwanzig
    S cheiße«, sagte Keisha, als das Hämmern an der Tür weiterging.
    »Was machst du jetzt?«, fragte Kirk, während er sich mit einem Papiertuch das Blut von der Wange tupfte.
    Keisha stand da wie versteinert. Sie wusste nicht, ob sie die Vordertür öffnen oder durch die Hintertür und über den Zaun in den Garten des Nachbarn verschwinden sollte. Letzteres war wahrscheinlich eine Schnapsidee, denn wenn das die Polizei war, dann hatte sich bestimmt schon jemand an der Hintertür postiert.
    »Was bleibt mir denn übrig?«, sagte sie, holte Luft und öffnete die Tür.
    »Gott sei Dank, du bist zu Hause!«, sagte Gail Beaudry mit erhobener Hand,

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