Frag Nicht - Kuess Mich
Leidenschaft hätte sich doch über Nacht abkühlen müssen, dachte Lara, als sie bei der allmorgendlichen Besprechung gar nicht genug von Alessandros Anblick bekommen konnte.
Aber was war denn eigentlich schon passiert? Einige Küsse – zugegeben, heiße und feurige Küsse. Liebkosungen. Wahrscheinlich war sie als alleinerziehende Mutter so ausgehungert nach Zärtlichkeiten, dass sie sich die ganze Nacht lang unruhig im Bett gewälzt hatte. An Schlaf war überhaupt nicht zu denken gewesen. Darüber hinaus machte sie sich Sorgen, ob sie in Vivis Interesse nicht darauf hätte bestehen sollen, dass Alessandro eine aktive Rolle in dem Leben seiner Tochter spielte.
Aber er war zu unberechenbar. Erst raste er vor Wut über die unerwartete Neuigkeit, wenig später küsste er Lara halb um den Verstand.
Heute Morgen wirkte Alessandro allerdings ruhig und entspannt. Unterschwellig strahlte er jedoch eine unbezwingbare Tatkraft aus. Erstaunlich nach so einer Nacht …
Unauffällig musterte Lara ihre Kolleginnen. Gebannt hingen sie an Alessandros Lippen und schienen aufmerksam zuzuhören, was er zu sagen hatte. Doch insgeheim zogen sie ihn wahrscheinlich in ihren Gedanken aus.
Die Atmosphäre zwischen dem Chef und der Belegschaft hatte sich fühlbar entspannt. Donatuila allerdings ließ ihren aufmerksamen Blick über die neuen Kolleginnen schweifen.
Alessandro versuchte, die Mitarbeiter mit seinem Charme einzuwickeln. Als Lara vorhin das Verlagsgebäude betreten hatte, war ihr gleich aufgefallen, dass die Anspannung sich gelegt hatte.
Sie konnte nicht sagen, wie er das so schnell erreicht hatte. Alessandro verhielt sich, wie es einem Geschäftsführer entsprach. Doch er sah eben blendend aus, hatte Sexappeal, gute Manieren und strahlte eine natürliche Autorität aus.
Immer wieder ließ er unauffällig den Blick in ihre Richtung schweifen, und Lara fing ihn jedes Mal auf. Dabei versuchte sie verzweifelt, die Ereignisse der vergangenen Nacht aus ihrem Gedächtnis zu verdrängen. Das erwies sich als sehr schwierig, denn was auf dem Schulhof passiert war, verfolgte sie bis in ihre Träume. Wie eine Verdurstende sehnte sie sich nach Alessandros aufregenden Küssen.
Wäre nur die Situation nicht so kompliziert! Lara spürte, dass Alessandro seine Reaktion auf die Neuigkeit berichtigen würde, wenn er Gelegenheit hatte, in Ruhe darüber nachzudenken. Bis dahin wäre es verrückt, sich wieder auf ihn einzulassen. Lara musste da einfach auch an Vivi denken.
Als sie gestern Nacht an Vivis Bettchen gestanden hatte, war die Angst in ihr hochgekrochen, was passierte, wenn Alessandro sich um das Sorgerecht bemühte. Lara war sich sicher, dass er der Kleinen seine Heimat in Europa näherbringen wollte und sie deshalb mit nach Italien nahm. Sie selbst blieb dann allein in Australien zurück und machte sich große Sorgen um das Wohl ihrer geliebten Tochter.
Die Vincentis waren eine wohlhabende Familie. Alessandro konnte Vivi Dinge ermöglichen, von denen Lara nicht einmal zu träumen wagte.
Entschlossen schob sie diese beunruhigen Gedanken beiseite und konzentrierte sich, so gut es ging, auf Alessandros Worte.
Doch immer wieder wurde sie abgelenkt. Ob sich das Ergebnis eines Vaterschaftstests positiv auf Alessandros Gefühle auswirken würde? Und dann kam Lara wieder in den Sinn, wie leidenschaftlich er sie letzte Nacht geküsst hatte.
Fast hätte sie seinen Verführungskünsten nachgegeben. Auch darüber hatte Lara nachgedacht, als sie mit Vivi beim Frühstück saß. Sie konnte sich nicht einmal erinnern, ob sie die Schulbrote ihrer Tochter eingepackt hatte.
„Gestatten Sie mir eine Frage, Mr. Vincenti.“ Kirsten beugte sich vor. „Wie lange werden Sie und Miss Capelli bei uns bleiben?“
Alessandro musterte das Redaktionsteam, bevor er ruhig erklärte: „Ich werde so lange bleiben, bis ich davon überzeugt bin, dass der Betrieb auch ohne mich zu meiner Zufriedenheit läuft.“
Laras Puls beschleunigte sich. Interessant. Gestern hatte das noch ganz anders geklungen. Die Besprechung war beendet, und Lara und ihre Kolleginnen begaben sich zur Tür, als Alessandro sie bat, noch kurz zu bleiben.
„Ich würde gern noch etwas besprechen, Lara.“ In seinen dunklen Augen las sie auch jetzt unterschwelliges Verlangen. Sofort begann ihr Herz, aufgeregt zu pochen. Ihr Mund fühlte sich trocken an. Sekundenlang spürte sie wieder die harte Baumrinde im Rücken, gegen die Alessandro sie gedrängt hatte, als er sie so
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