Fragmente des Wahns
großen Schluck Wein und dachte dabei an Lisa und ihre frische Beziehung. Er wollte diese Frau auf keinen Fall verlieren, soviel war ihm klar, doch was er noch nicht wusste, war wie er sie halten konnte.
Lisa kam zurück und gleichzeitig wurde die Musik um sie herum lauter. Es war keine Diskolautstärke, aber sie reichte aus, um dominant zu wirken.
„Komm, lass uns tanzen“, sagte Lisa lächelnd und bot Alex ihre Hand an.
„Hier?“, fragte Alex perplex.
„Klar. Dein guter Freund hat uns schließlich seine Erlaubnis gegeben.“
Deswegen die lautere Musik. Nun hatte sie es auch noch geschafft, Ricardo auf ihre Seite zu ziehen. Alex nahm ihre Hand entgegen und sie tanzten zu einem mexikanischen Lied, das er nicht kannte und das ihm nicht gefiel. Doch es spielte keine Rolle. Natürlich war ihm die Situation peinlich und sie wurden von allen Gästen angestarrt, aber am Ende war ihm das alles egal.
Hauptsache, sie waren zusammen.
Donnerstag, 15. Juli 2011
9.40 Uhr, Krankenhaus?
Er tanzte noch immer in den Armen seiner Frau, als eine Stimme in seinen Kopf drang, die nicht in diese Welt passte.
„Herr Schneider?“, fragte die Stimme, die nicht Lisa war.
„Herr Schneider, Sie wären dann fertig.“
Erst jetzt spürte Alex die Bewegung unter seinem Körper und verstand, dass er aus der Röhre gefahren wurde. Er war scheinbar eingenickt, nahm nun die Kopfhörer ab und reichte sie der Krankenschwester, nachdem er sich aufgerichtet hatte.
„Sie haben es überstanden“, sagte der Neurologe durch die Lautsprecher. „Sie können sich jetzt wieder auf Ihr Zimmer begeben, Herr Schneider. Wir werden Sie später zur nächsten Untersuchung rufen.“
Ein kurzes Rauschen, dann war die Stimme verschwunden und die Krankenschwester übernahm das Wort: „Ich hoffe, es war nicht allzu unangenehm für Sie?“
„Nein, überhaupt nicht“, antwortete Alex. „Ich bin eingenickt und hatte einen schönen Traum.“
„Freut mich für Sie. Wie der Doktor bereits sagte, dürfen Sie nun gehen. Ich glaube, Ihre nächste Untersuchung wird in etwa einer Stunde sein. Sie sollten Ihr Zimmer aber nicht verlassen.“
„Werde ich nicht.“ Mit diesen Worten verließ Alex den CT-Raum und ging zurück in sein Zimmer.
Natürlich wartete dort niemand auf ihn. Lisa war vermutlich gerade zuhause angekommen und würde seinen kleinen Bruder ablösen. Andreas verstand sich zwar gut mit Lilli, aber ganz alleine war er noch nie mit ihr gewesen. Alex wusste aus eigener Erfahrung, wie anstrengend seine Kleine sein konnte.
Den Dickschädel hatte sie eindeutig von ihrem Opa. Bei Andreas war er ebenfalls stark ausgeprägt, nur bei Alex schien er nicht vorhanden zu sein. Es war ein starkes Charaktermerkmal ihrer Familie und wurde schon seit Generationen weitervererbt. Lilli bildete da keine Ausnahme.
Alex warf sich ins Bett und der Griff zur Fernbedienung verlief bereits automatisch. Doch dann fiel sein Blick auf den Thriller neben seinem Kopfkissen.
Das Buch habe ich ja ganz vergessen.
Und schon griff er danach und blätterte zur zuletzt gelesenen Seite. Er fischte das Lesezeichen heraus und legte es neben sich. Zuletzt war er auf Seite 213 gewesen. Langsam kam die Sache in Fahrt. Der Serienmörder trat deutlich in Erscheinung und wurde dadurch nachlässiger. Nicht mehr lange und die Guten würden ihn erwischen. Nun, vielleicht nicht gleich, da Alex schließlich noch knappe zweihundert Seiten vor sich hatte.
Während er in seinen Thriller eintauchte, bemerkte er gar nicht, wie die Zeit verflog. Erst als die Zimmertür aufschwang und Krümel erschien.
„Wären Sie soweit, Herr Schneider? Die nächste Untersuchung wartet.“
„Natürlich. Je schneller wir fertig sind, desto früher kann ich nach Hause“, antwortete Alex fast freundlich. Irgendwie mochte er Krümel, warum auch immer.
„Dann folgen Sie mir bitte.“
Alex legte das Buch beiseite, zog seine Schuhe an und folgte Krümel. Der Weg zum Untersuchungsraum war kurz und Krümel war so nett, ihm die Tür zu öffnen. Alex nahm dankend an und trat ins Innere.
Der Raum war schlicht eingerichtet und wirkte kahl. Bis auf zwei breite Sessel und einige Computer konnte Alex nichts erkennen, was von Bedeutung war.
Eine andere Krankenschwester kam auf ihn zu und bot ihm einen der Sessel an. Sie stellte sich weder vor noch sagte sie ein Wort. Alles geschah durch Handzeichen.
Kaum hatte er Platz genommen, ging die Nebentür auf und Doktor Kleinmeier tauchte auf. Er hatte ein Lächeln
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