Fragmente: Partials 2 (German Edition)
Garage.«
»Oder sie hat eins in ihrer Garage.« Sofort bereute Kira ihren gereizten Tonfall. Du kannst wütend auf ihn sein, ohne dich wie eine Vollidiotin zu benehmen. Also konzentrierte sie sich auf das vor ihnen liegende Problem, betrachtete noch einmal die Reifen des Trucks und fragte sich, wie weit das Fahrzeug wohl käme, wenn sie es zu starten versuchte. Die Reifen waren platt, das Benzin im Tank zwölf Jahre alt. Falls der Wagen überhaupt ansprang, führe er sicher nicht weit. Bis zum Ende der Einfahrt? Sie waren nur einen Häuserblock vom südlichen Arm des Highway-Flusses entfernt. Wenn sie es bis dorthin schafften, konnten sie das Boot zu Wasser lassen und den Rest des Wegs rudern. Sie rüttelte an der Tür des Hauses. Wahrscheinlich waren die Eigentümer daheim gestorben, und die Schlüssel des Trucks befanden sich im Haus. Tatsächlich aber war die Tür verschlossen. Sie wollte schon die Pistole ziehen, um das Schloss mit einem Schuss zu zerstören, da tauchte Samm aus der Garage auf und zog ein metallenes Ruderboot hinter sich her, das laut gegen den Türrahmen prallte.
»Dort liegen sogar Ruder.« Er nickte in Richtung der Garage.
»Es ist ziemlich klein.«
»Etwas Besseres konnte ich nicht finden«, erwiderte Samm. »Ich bin nur ein Partial.« Es klang überhaupt nicht gehässig, weil seine Stimme keine Gefühle übermitteln konnte, doch Kira spürte Wut in sich aufwallen, die sie möglicherweise über den Link empfing – vielleicht war es aber auch ihr eigenes Gefühl. Was sie auch empfand, er dachte offensichtlich immer noch über den Streit nach. Diese Erkenntnis erzeugte eine seltsame Mischung aus Zorn und Triumph in ihrem Innern. Sie beherrschte sich jedoch und holte die Ruder aus der Garage.
Als sie zur Highway-Auffahrt zurückkehrten – sie waren anfangs gerudert und hatten das Boot anschließend die kleine Rampe hinaufgetragen –, standen Heron und Afa allein auf dem Asphalt. »Ich habe die Pferde im Bahnhof angebunden«, berichtete Heron.
»Sie hat mich gezwungen abzusteigen«, beklagte sich Afa. »Ich habe das Pferd gehasst.«
»Dann solltest du froh sein, dass du’s los bist.« Kira starrte Heron an. »Sind die Tiere auch wirklich in Sicherheit?«
»Für alle Fälle habe ich deinem Pferd eine Pistole gegeben.«
»Sehr schön«, antwortete Kira. »Können wir dann?« Heron blickte von Samm zu Kira und dachte schweigend nach. »Was ist los mit euch beiden?«
»Nichts«, antwortete Samm und schüttelte den Kopf.
Sie schoben das Boot wieder ins Wasser, halfen Afa beim Einsteigen und setzten ihn behutsam in die Mitte. Unter seinem Gewicht lag das Boot recht tief, doch es schwamm. Er presste sich den Rucksack verzweifelt an die Brust. »Wir brauchen ein größeres Boot. Ich habe die ganze Nacho-Soße mitgebracht.«
»Köstlich«, antwortete Kira. Gern hätte sie sich zu Samm umgedreht, ob er die Augen verdrehte oder sonst irgendwie durchblicken ließ, wie wenig er von Afas kindischem Benehmen hielt, doch sie wagte es nicht. Außerdem war ihm äußerlich sowieso nichts anzumerken.
»Sie wird nass«, warnte Afa.
»Das wissen wir zu verhindern.« Sie stießen das Boot vom flachen, abschüssigen Ufer ab, dann stiegen auch Heron und Kira ein. Sie nahmen die Ruder, und Samm stieß sie noch weiter hinaus, bevor er als Letzter einstieg. Er war bis zur Hüfte nass, das Wasser tropfte ins Boot und schwappte auf dem Boden umher. Afa streckte fast beiläufig einen Arm aus, um Samm über Bord zu stoßen, doch Kira hielt ihn auf. Dann setzten sie sich, blieben so gut wie möglich im Gleichgewicht und ruderten.
Der Fluss wurde immer tiefer, je weiter sie vorankamen. Die Autos, in denen die Fahrer ihre letzten Augenblicke erlebt hatten, wirkten wie gedrungene braune Tiere, die langsam zu einem Wasserloch wateten. Da war ein Fahrzeug, dessen Vorderreifen nur leicht feucht waren, dort ein anderes, dessen Motorhaube untergetaucht war, und hier eins, das bis auf das Dach und die Antenne versunken war. Sie ruderten schweigend weiter, und bald war sogar von den riesigen Trucks und Bussen kaum noch etwas zu sehen. Nur die höchsten Dächer ragten aus dem Wasser wie metallene Sandbänke.
Am Rand des Highway-Flusses standen Bäume, die ohne menschliche Pflege groß geworden waren. Sie hatten Höfe, Parks und sogar einige Abschnitte der Straße zurückerobert. Etwa alle zwei Kilometer mussten sie eine Unterführung passieren. Dies waren die alten Straßenverbindungen zwischen den beiden Seiten des
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