Fragmente: Partials 2 (German Edition)
Highways. Oft hingen dort Moos und Ranken herab – allerdings kein Kudzu, sondern eine andere Pflanze mit kleineren, dunkleren Blättern, die Kira nicht kannte. Im Vorbeifahren pflückte sie eins ab und bemerkte, dass es sich wächsern anfühlte. Sie rieb es leicht zwischen den Fingern, fragte sich, wie es hieß, und ließ es ins Wasser fallen.
Die größere Gefahr unter den Brücken waren die Schwärme von Wasservögeln, die sich dort angesiedelt und die Betonstützen mit ihren gelblich weißen Ausscheidungen eingedeckt hatten. Unter der dritten Brücke scheuchten sie eine ruhende Vogelschar auf, die zuerst herabstieß und dann hoch in die Luft hinaufflog. Afa erschrak, als er Hunderte von Vögeln kreischen hörte, schlug wild mit den Armen nach ihnen und kippte dabei fast aus dem Boot. Kira konnte ihn mit viel Mühe wieder beruhigen. Sie überließ Samm ihr Ruder und widmete sich nun vor allem Afa, den sie bei Laune zu halten versuchte. Der Fluss war lang, viel länger als erwartet. Nach einer Weile fragte sich Kira, wie genau der Stadtplan überhaupt war. Als sie fast wieder umkehren wollten, weil sie die Abzweigung offenbar verpasst hatten, kamen sie an dem Baseballplatz vorbei, den Heron auf der Karte bemerkt hatte. Kira berichtete den anderen, es sei nicht mehr weit, und nickte beruhigend, während Afa ihr etwas über die technischen Einzelheiten des Rechenzentrums erzählte.
Nur ein einziges Mal stieg die Straße wieder über die Wasseroberfläche an. Es war eine Überführung an der letzten Anschlussstelle, bevor die Fahrbahn abwärts in die Stadt führte. Sie trugen das Boot hinüber und nahmen dabei die Gebäude in Augenschein. Kira deutete schließlich auf das Haus, das sie für das Rechenzentrum hielt – einen gedrungenen Ziegelbau mit zwei quadratischen Türmen. Jenseits der Überführung setzten sie sich wieder ins Boot, konnten aber nur noch wenige Häuserblocks weit rudern, bevor das Wasser zu flach wurde. Die letzten anderthalb Kilometer mussten sie waten, wobei sie den Boden vor sich mit Stöcken prüften, um nicht in tiefe Löcher zu stürzen. Es gab zwei Gruben, und die zweite zwang sie, einen Umweg von einem ganzen Häuserblock in Kauf zu nehmen. Als sie das Rechenzentrum erreichten, lächelte Kira stolz, denn es war das Gebäude, das sie vom Hügel aus entdeckt hatte. Hier reichte ihnen das Wasser fast bis zu den Knien. Samm blickte zu dem mehrstöckigen Bauwerk hinauf.
»Hoffentlich sind die Computer, die wir suchen, nicht im Erdgeschoss oder im Keller untergebracht.«
»Ich weiß es erst, wenn wir sie einschalten.« Afa trampelte schon laut platschend zur Ecke des Gebäudes. »Die Notstromaggregate müssen irgendwo draußen stehen. Besorgt mir etwas Verdünner!«
Kira blickte zu Samm hinüber, wandte den Blick sofort wieder ab und richtete die Frage an Heron. »Verdünner?«
Heron schüttelte den Kopf. »Vielleicht will er seine vier Wände neu streichen.«
Afas Antwort war nicht zu verstehen, denn er war längst hinter der Ecke verschwunden. Kira und die Partials beeilten sich, um zu ihm aufzuschließen. »… löst das Harz auf«, sagte er. »Eine langfristige und wirkungsvolle Lösung ist das nicht, weil die dabei entstehenden Dämpfe giftig sind, aber ich kriege den Motor damit so gut zum Laufen wie seit zwölf Jahren nicht mehr.« Er war wieder völlig klar, vielleicht sogar klarer und eifriger, als Kira ihn je erlebt hatte. Nun war er in seinem Element, und das Genie ließ sich von dem Kind, das ebenfalls in ihm steckte, nicht mehr beirren. Kira dagegen kam sich begriffsstutzig vor.
»Was redest du da?« Prüfend stocherte sie vor sich auf dem glitschigen Boden herum, während sie ihm eilig folgte.
»Dort.« Afa bog um die hintere Ecke des Gebäudes. Hinter dem Rechenzentrum standen Masten, von denen zahlreiche Kabel herabhingen, sowie riesige, ursprünglich grau lackierte Metallkästen, die mittlerweile große Rostflecken aufwiesen. Afa tappte bis zum Tor und kämpfte mit den Schlössern. »Wir müssen sie anlassen – oder wenigstens einen. Und das funktioniert am besten mit Verdünner.«
»Lass mich das machen!« Heron zog zwei dünne Metallstifte aus dem Gürtel, schob sie in das Schloss, das den Zaun sicherte, und verdrehte sie ein wenig, bis das Schloss aufsprang. Afa rannte sofort hinein und verlor im seichten Wasser fast das Gleichgewicht. Die Metallkästen trugen verschiedene Symbole, Aufkleber und Warnungen. Selbst als sie dicht vor ihnen stand, wusste Kira nicht,
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