Fragmente: Partials 2 (German Edition)
gefallen, hatte aber mindestens einen der Angreifer mitgenommen. Kira war nun allein, und sie hatte keine Ahnung, wie viele Feinde noch unterwegs waren.
Da hörte sie einen Schritt, konnte aber die Richtung nicht erkennen. Dann eine Stimme, so leise, dass sie nicht zu verstehen war. Entschlossenheit und Sachlichkeit: das letzte Ziel finden und die Mission beenden. Waren dies ihre Gedanken, oder hatte der Feind sie ausgesendet? Offenbar war sie immer noch nicht geschickt genug, um die Daten richtig zu deuten. Sie holte tief Luft und hockte sich in die Dunkelheit, um noch einmal die spärlichen Informationen durchzugehen. Wenn der letzte Eindruck aus Linkdaten bestanden hatte, dann handelte es sich bei den Feinden eindeutig um Partials, und der letzte hatte die Gasmaske abgenommen. Die Partials arbeiteten bei solchen Einsätzen immer zu zweit – das hatte sie während des Überfalls auf Long Island über den Funk herausgefunden. Aber je nach Aufgabe setzten sie manchmal auch größere Teams ein. Sie konnte es mit einem einzigen Gegner oder mit einem ganzen Dutzend zu tun haben. Die tiefe Stille im Rechenzentrum schien zu beweisen, dass nur ein kleines Team eingedrungen war. Falls weitere Kämpfer mitgekommen waren, warteten sie draußen.
Sie dachte weiter nach und überlegte fieberhaft, was sie zu ihrem Vorteil nutzen konnte. Ihr Gewehr lag auf der anderen Seite des Raums, doch die Handfeuerwaffe besaß sie noch. Nutzte sie überhaupt etwas? Partialsoldaten besaßen einen verbesserten Sehsinn und fanden sich im Dunkeln besser zurecht als Menschen. Da die Eindringlinge beim Beginn des Angriffs das Licht abgeschaltet hatten, vermochten sie wahrscheinlich im Dunkeln zu sehen. Vielleicht trugen sie Nachtsichtgeräte. Damit war Kira eindeutig im Nachteil. Vielleicht war es aber möglich, die Gegner mit der Taschenlampe zu blenden und einen Schuss abzufeuern, bevor sie sich von dem Schreck erholt hatten. Kira zog die Pistole mit der rechten Hand, hielt die Taschenlampe in der linken quer vor den Körper und zielte, den Finger auf den Schalter gelegt, geradewegs nach vorn.
Irgendwo zermalmte ein Stiefel etwas Zerbrechliches. Es klang unnatürlich laut in der Stille. Einer der Angreifer war vermutlich auf das zersplitterte Glas von Afas Bildschirm getreten. Wie es wohl Afa ging? Sie schüttelte den Kopf. Konzentrier dich, Kira! Wenn jemand auf Afas Glas getreten war, dann kannte sie seinen Standort und konnte ihn finden. Sie huschte von einem Regal zum nächsten und hockte sich hinter die Deckung, während sie die Stellung änderte. Gleich darauf spürte sie eine verzögerte Reaktion über den Link: DA DRÜBEN . Es war eindeutig ein Partial, vielleicht waren es sogar zwei, die sich lautlos über den Link abstimmten. Zwei gegen einen, und beide waren Partials. Sie würden sie einkreisen und festsetzen, mit Beruhigungsmitteln vollpumpen und zu Dr. Morgan schleppen.
Es sei denn …
Kira erinnerte sich daran, was Samm und Heron nach dem Überfall auf Afas Gebäude gesagt hatten: Sie konnte die Partials über den Link spüren, aber die Partials wussten nicht, wo sie war. Gut möglich, dass sie die Linkdaten lediglich empfangen, aber nichts aussenden konnte. Diese Schwäche war nun ihr größter Vorteil. Sie konnte die anderen belauschen, während die Gegner im Dunkeln tappten.
Nur meine Bewegungen hören sie, dachte Kira und verfluchte die Tatsache, dass sie keine Spionageausbildung erhalten hatte. Heron konnte mich nicht über den Link spüren, aber meine Bewegungen hören. Deshalb bewegte sie sich am besten so wenig wie möglich. Stattdessen tastete sie nach dem Reservemagazin, das sie am Gürtel trug, und zog ganz vorsichtig eine Patrone heraus. Das Magazin besaß eine Feder, um nach jedem Schuss die jeweils nächste Patrone mit großer Kraft in die Waffe zu treiben. Deshalb musste sie den Finger auf dem Metall halten und die Feder langsam entspannen, statt sie hochschnellen zu lassen. Schließlich schob sie sich die Patrone in die Tasche und wiederholte sehr langsam den Vorgang, wobei sie aufmerksam lauschte, ob sie etwas von den Eindringlingen hörte. Eine dritte Kugel, dann eine vierte. Sie steckte jede in eine andere Tasche, damit sie nicht gegeneinanderprallten und ein Geräusch verursachten. Langsam hob sie die erste Kugel hoch, holte aus und warf sie in hohem Bogen über die Computer hinweg gegen die hintere Wand. Sie traf klirrend auf den Putz, prallte ab, landete auf einem Computer, fiel zu Boden, rollte noch
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