Fragmente: Partials 2 (German Edition)
Einwohner beäugten sie weiterhin misstrauisch, wirkten jedoch eher neugierig als ängstlich. Unwillkürlich wollte Kira einem etwa neunjährigen Mädchen über das schwarze Lockenhaar streichen, zuckte aber zurück. Das Mädchen bemerkte es, lächelte und nahm Kira bei der Hand.
»Ich bin Bayley«, stellte sich die Kleine vor.
Kira lachte und war so sehr von Freude erfüllt, dass sie nicht sofort antworten konnte. »Ich freue mich, dich kennenzulernen, Bayley. Du erinnerst mich an meine Schwester. Sie heißt Ariel.«
»Das ist ein schöner Name«, antwortete Bayley. »Ich habe keine Schwester, nur Brüder.«
Dieser Ort war verzaubert – Kira redete mit einem Kind, und das Kind hatte Brüder. »Wie viele?«, fragte Kira, die ihre Aufregung kaum verbergen konnte.
»Drei«, antwortete Bayley. »Roland ist der Älteste, aber Mama sagt, ich trage mehr Verantwortung.«
»Daran zweifle ich nicht.« Kira setzte sich am Feuer auf eine niedrige Bank. Eine Kinderschar stürmte herbei und begaffte die Neuankömmlinge, dann rannten sie wieder weg, weil sie viel zu energiegeladen waren, um länger als eine Sekunde innezuhalten. Ein stattlicher Mann mit einer fettigen Schürze reichte ihr einen Teller Stampfkartoffeln, die reichlich mit Knoblauch und Schnittlauch gewürzt waren. Obenauf saß ein Klecks geräucherter weißer Käse. Bevor sie sich bedanken konnte, kippte er mit der Schöpfkelle noch eine Ladung üppiges Chili con Carne darüber. Der Geruch der scharfen Chilischoten kitzelte sie in der Nase, und ihr lief das Wasser im Mund zusammen. Dennoch war sie noch immer zu überwältigt, um auch nur einen Bissen hinunterzubekommen. Ein anderes kleines Mädchen schenkte ihr ein Glas kühles Wasser ein, das Kira dankbar trank. Samm bedankte sich leise, aß höflich kleine Bissen, blieb aber ständig auf der Hut und behielt die Menschen ringsum im Auge.
Calix und die ältere Frau zogen eine Bank heran und setzten sich vor die Neuankömmlinge. Der Dreijährige wand sich aus den Armen der Mutter und lief weg, um zu spielen. »Esst nur!«, forderte die Frau sie auf. »Aber redet dabei mit mir! Eure Ankunft ist … nun ja, wie du schon gesagt hast … wir dachten nicht, dass es noch andere Menschen gibt. Auch wenn wir euch zu essen geben, vertrauen wir euch trotzdem nicht. Wenigstens noch nicht.« Sie lächelte unsicher. »Ich heiße Laura und gelte hier als Bürgermeisterin.«
Kira stellte ihren Teller weg. »Es tut mir leid, Laura! Ich wollte dich nicht übergehen, aber ich … wie kommt es, dass ihr Kinder habt?«
Laura lachte. »Sie entstehen wie bei allen anderen Menschen.«
»Aber das ist es ja gerade«, erwiderte Kira. »Wir können keine Kinder bekommen.« Auf einmal fiel ihr etwas ein, und sie sprang auf, fürchtete sie doch, die Krankheit in die Siedlung eingeschleppt zu haben. »Leidet ihr nicht an RM ?«
»Natürlich haben wir RM «, antwortete Calix. »Alle haben RM .« Sie hielt inne und betrachtete Kira mit gerunzelter Stirn. »Willst du damit sagen, dass ihr kein Heilmittel dafür habt?«
»Habt ihr denn eins?«
Calix schien ebenso überrascht wie Kira. »Wie könnt ihr denn ohne Heilmittel überleben?«
»Wie habt ihr das geschafft?«, fragte Kira. »Es ist das Pheromon – konntet ihr es synthetisieren?«
»Welches Pheromon?«
»Das Pheromon der Partials«, erklärte Kira. »Das war unser bester Ansatz. Ist euch die Heilung denn anders gelungen? Bitte, ihr müsst es mir erzählen! Wir müssen das Mittel nach East Meadow bringen …«
»Natürlich ist es kein Partialpheromon«, räumte Laura ein. »Die Partials sind ebenfalls alle tot.« Sie hielt inne und blickte beunruhigt zwischen Samm und Kira hin und her. »Es sei denn, ihr habt außer den guten auch schlechte Neuigkeiten.«
»Ich würde nicht unbedingt von schlechten Neuigkeiten reden«, meinte Samm, doch Kira fiel ihm ins Wort, bevor er zu viel verraten konnte. Ihre Gastgeber waren ohnehin schon misstrauisch. Warum mussten sie dann erfahren, dass ihre Besucher Partials waren, solange sie nicht mehr Vertrauen gefasst hatten?
»Die Partials leben noch«, berichtete Kira. »Nicht alle, es dürften etwa eine halbe Million sein. Einige sind … freundlicher als die anderen.«
»Eine halbe Million.« Calix nahm die Zahl offensichtlich mit Entsetzen zur Kenntnis. »Das ist …« Sie wich zurück, als fehlten ihr die Worte.
»Wie viele Menschen gibt es noch?«, wollte Laura wissen.
»Früher kannte ich die genaue Zahl«, antwortete Kira. »Ich
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