Fragmente: Partials 2 (German Edition)
Zusammenbruch alle Anlagen beschlagnahmt. Er besaß aber eine Handkurbel und arbeitete wie wild, um das Funkgerät am Laufen zu halten. Nach und nach verschwamm der Zeitablauf. Tagsüber suchte er Ariel, nachts kurbelte er wie besessen, weil er hoffte, Kira werde mit ihm Verbindung aufnehmen. Als er Islip erreicht hatte, versteckte er sich in einem unauffälligen Wohnhaus und verband das Funkgerät mit einem Hometrainer. Während er trat, lauschte er dem statischen Rauschen und dem Knistern in dem stillen Haus. Es gab verrückte Momente, in denen er sich vornahm, ebenfalls nach Manhattan zu gehen, um sie zu suchen. Dann stellte er sich alle möglichen Schreckensszenarien vor: Sie war von den Partials gefangen genommen, von Löwen gefressen oder einfach bei einem Gebäudeeinsturz verschüttet worden. Es war dumm, allein zu reisen, und er war dumm gewesen, sie allein reisen zu lassen. Doch wenn Kira sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, hatte er sie noch nie aufhalten können.
Das Radio summte, der Heimtrainer quietschte. Als die Sonne unterging, legte er eine Pause ein, um Wasser zu trinken und einen Apfel zu essen, der im Hinterhof an einem großen Baum gewachsen war. Dann strampelte er sofort weiter. Er wusste, dass die Nacht die beste Zeit für einen Funkruf war, denn dann war es unsicher zu reisen, und Kira zog sich in ein Nachtlager zurück. Bis nach Mitternacht trat er in die Pedale, bis seine Beine brannten, die Füße pochten und die Hände vom Druck auf die Handgriffe schon Blasen bekamen. Anschließend kroch er, immer noch das Rauschen des Funkgeräts in den Ohren, ins Bett und schlief bald ein.
Am Morgen strampelte er noch eine Weile, und als er es zwischen den engen Wänden nicht mehr aushielt, ging er nach draußen, um Luft zu schnappen. Er rieb sich die schmerzenden Waden und begab sich auf einen Spaziergang, um Ariel zu suchen. Eine Insel in Islip, dachte er. Islip war groß, aber der Küstenstreifen war übersichtlich. Er wanderte den ganzen Tag auf und ab und suchte nach Anzeichen menschlichen Lebens. Am zweiten Tag entdeckte er eine Insel, am dritten Tag ein bewohntes Haus: gemähter Rasen, ein bestellter Garten, eine Veranda voller Stockflecken, auf der früher Ranken gewuchert hatten, die jedoch gewissenhaft gesäubert worden war. Marcus stieg die verzogene Holztreppe hinauf und klopfte an.
Drinnen lud jemand eine Schrotflinte durch. Das Geräusch überraschte ihn kaum, er zuckte nicht einmal zusammen.
»Wer ist da?«
»Ich bin Marcus Valencio«, sagte er. »Wir sind uns schon einmal begegnet, aber es ist einige Jahre her. Ich bin ein Freund von Kira.«
Es gab eine Pause. »Hau ab!«, zischte die Stimme.
»Ich muss mit dir reden«, sagte Marcus.
»Ich sagte, du sollst abhauen.«
»Nandita ist verschwunden …«
»Ein Glück.«
»Ariel, hör mal! Ich weiß nicht, warum du mit den beiden Krach hattest, und mir ist nicht klar, warum du sie so sehr hasst. Ich kann dir aber versichern, dass ich dich nicht hasse. Ich bin sowieso nicht aus persönlichen Gründen hier. Sie haben mich nicht geschickt, ich werde ihnen nichts berichten und sie nicht auffordern, dich zu besuchen. Ich versuche auch ganz sicher nicht, Kira zu finden und sie Morgan zu übergeben. Ich will nur etwas herausfinden.«
Ariel antwortete nicht, Marcus wartete. Und wartete. Nach einer Weile musste er annehmen, dass sie ihn nicht anhören wollte, und wandte sich zum Gehen. Doch in diesem Moment sah er, dass sie eine kleine Bank auf die Veranda gestellt hatte. Es war keine Hollywoodschaukel, sondern eine schlichte Sitzgelegenheit, auf der man Platz nehmen und dem Lauf der Welt zusehen konnte. Er wischte eine Staubschicht weg, ließ sich nieder und begann zu reden.
»Falls du mir überhaupt zuhörst, möchte ich dich als Erstes fragen, wie du Nandita kennengelernt hast. Ich habe mit den anderen adoptierten Mädchen gesprochen, die mir aber nur sagen konnten, dass du damals schon bei ihr warst. Isolde erwähnte Philadelphia, wo Nandita dich gefunden habe. Von dort kommt auch Xochi, aber ich weiß nicht, ob das etwas zu bedeuten hat. Was ich wissen will, ist Folgendes … Woher kommst du ursprünglich? Wie bist du Nandita begegnet? Bist du verloren durch die Straßen gewandert? Auf der Insel gab es viele Waisen. Es sind herzerweichende Geschichten über verlorene kleine Kinder, die allein umherliefen. Die Eltern sind tot, die Nachbarn ebenfalls, du wirst hungrig und hast Angst und läufst los, um irgendetwas zu finden. Bei mir
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