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Frame, Janet

Frame, Janet

Titel: Frame, Janet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wenn Eulen schrein
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und einem Beryllstein zur Müllgrube gerollt werden, um im Toitoigras verstreut oder verbrannt zu werden.

33
    Als die Welt ihre Farbe und Form veränderte und Daphne nach Arrowtown im Herbst gebracht wurde, mit den Remarkables, war da eine Frau mit grauem Haar und einem Gesicht wie aufgewickelter Maschendraht und Augen aus Sandstein, und sie führte Daphne vom Krankenwagen durch die Tür und ins Bad, wo man aus einem Berghang einen Trog ausgehauen und mit lauwarmem Wasser gefüllt hatte.
    «Du musst baden», sagte die Frau. «Steig hinein.»
    Sie hieß Flora Norris, und der Draht, aus dem ihr Gesicht bestand, war von dem Draht der Kränze aus Mohn und Brunnenkresse gestohlen, die man vor zwanzig Jahren auf das Grab ihres Fantasiegeliebten gelegt hatte. Sie war die Oberin des Krankenhauses und Herrscherin über die Remarkables, ausgenommen den Stamm, der Mäntel aus Schnee trug und jeden Morgen die Pappelwelt und die gelbe und blaue Menschenwolke überfiel. Aber davon wusste Daphne noch nichts. Sie setzte sich ins Wasser und rieb mit dem Finger über die Sandstein-Augen der Oberin. Sie fröstelte und legte sich in den Trog und nahm einen kleinen cremigen Batzen in die Hand, der wie Waschtag roch und wie die Laken, die im Kessel blubberten.
    «Nicht essen. Wasch dich damit», befahl Flora Norris.
    Daphne rieb sich den Körper mit der Creme ein, um der wunden Haut gutzutun, die der Sandstein gestreift und aufgeschürft hatte. Und dann goss die Frau aus einer Klistierbüchse einen Wasserfall über ihr Haar und sagte:
    «Jetzt komm heraus und zieh das Nachthemd hier an.»
    Aber davor sagte sie:
    «Narben? Operationen? Lass mich nachsehen.»
    Wieder fuhr sie mit der Hand über Daphnes Körper, sodass die Wäsche mit der Creme vergebens gewesen war, aber sie fand die Narben nicht, die von den Kiefernnadeln genäht worden waren; deshalb zog sie Daphne etwas Viereckiges und Gestreiftes über den Kopf, das die Arme ausstreckte wie eine leere Vogelscheuche, die darauf wartete, ausgefüllt zu werden; und die rosa Frau, die ihr half, führte Daphne zu einer Reihe von Abteilen wie Pferdeboxen, mit Schwingtüren, über die man hinweg- und unter denen man hindurchsehen konnte, und sagte scharf:
    «Musst du? Dann mach schnell.»
    Flora Norris steckte den Kopf über die Tür, während Daphne auf der Brille saß. Und dann sagte sie:
    «Fertig. Nimm das Stück Apfelpapier zum Abwischen.»
    Und dann:
    «Schnell jetzt, ins Bett mit dir.»
    Und dann lächelte sie, und der Draht um ihr Gesicht zerschmolz und sickerte an ihrem Hals herunter in ihre weiße Uniform, sodass er sie kitzelte oder piekste, und sie streckte die Hand hinein, um ihn wiederzuholen und wieder aufzusetzen und das Lächeln wegzumachen.
    «Denk daran», sagte sie streng, «alle wollen dir helfen. An dir liegt es, mitzuarbeiten und dich zusammenzureißen.»
    Daphne lag im Bett, direkt neben dem Ofen; unter dem Laken war Gummi ausgebreitet wie eine Fußmatte; und auf dem Fußende der Bettdecke stand Vorwärts, Vorwärts geschrieben. Und die kleine alte Oberschwester ging mit einem Korb voll Leinen, Handtüchern und Laken und Kopfkissenbezügen für morgen vorbei; die Irin mit den Pelzstiefeln mit Reißverschluss und den Meeraugen und dem schwarzgrauen Bart trat dicht an Daphnes Kissen und wisperte,
    «Hallo, du, warum sagst du nichts?»
    «Lass sie in Ruhe», sagte die Schwester, die Daphnes Kleider ordnete, zählte und auszeichnete.
    «Lass sie in Ruhe. Das ist Daphne. Sie ist zu krank, um zu verstehen, was du sagst.»
    Und Daphne hörte zu und dachte: Oh, was für eine Lüge. Mir fehlt überhaupt nichts, außer, dass man mich in einem Trog gebadet und unter einen Wasserfall getaucht und die Kiefernnadeln aus meinen Narben gezogen hat, sodass sie unsichtbares Blut bluten. Oh, was für eine Riesenlüge. Ich werde ihr sofort beweisen, dass sie sich täuscht.
    Und sie schlug die Bettdecke zurück und hängte den Fuß auf den schlüpfrigen braunen Spiegel, der wie ein Fußboden im ganzen Raum ausgebreitet war, sprang aus dem Bett und lief zur Tür hinaus auf den Korridor. Wohin nun?
    Aber die Schwestern, die ihre Kleider betasteten und in ihren Koffer legten, riefen laut:
    «Fangt sie! Fangt sie!»
    Und fünf Schatten tauchten auf, und sie wurde in ein kleines Haus am Berghang gebracht. Sie weinte, man solle sie hinauslassen, nur bis zur Türschwelle, wo sie die Welt und den Enzian und das Schneegras sehen könne und hören, ob Gott sagte:
    Selig sind die Schwachen und die

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