Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Framstag Sam

Framstag Sam

Titel: Framstag Sam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul van Herck
Vom Netzwerk:
vorgespiegelt hatte, sondern im Gegenteil steinreich war, würde die Hälfte der Anklagepunkte automatisch wegfallen. Aber andererseits wurde er das Gefühl nicht los, daß er sich kurz vor einer Reihe atemberaubender Enthüllungen befand, derer er nur dann teilhaftig werden konnte, wenn er diese Komödie durchstand. Er mußte eben in den sauren Apfel beißen.
    »Ja?« fragte der Richter.
    »Nichts«, sagte Sam. »Oder vielleicht doch«, fügte er, einer plötzlichen Eingebung gehorchend, hinzu. »Wo waren Sie eigentlich am letzten Framstag?«
    »Framstag, ha!« brummelte der Richter. »Das erinnert mich doch tatsächlich daran, daß Sie noch eines weiteren Vergehens beschuldigt werden. Entspricht es der Wahrheit, daß Sie vorgestern abend in einem Lokal…« – er nannte den Namen des Etablissements – »… gegenüber einem hochgeachteten Ehepaar der Gesellschaft unstaatsbürgerliche Äußerungen gemacht haben?«
    Sam antwortete nicht. Der feine Herr! Ein dreckiger Spitzel war das gewesen, und nichts anderes.
    »Sie sprachen zu ihnen über Framstag. Sie beleidigten den Justizminister. Sie faselten etwas von einem achten Wochentag, den die dreckigen Kapitalisten sich auf Kosten der arbeitenden Bevölkerung unter den Nagel gerissen hätten. Ist das richtig?«
    »Ich war besoffen«, verteidigte sich Sam.
    »Störung der öffentlichen Ordnung und revolutionäre Hetze«, knirschte der Richter. »Ihr Fall wiegt schwer, Sam. Dennoch, fürchte ich, wird man Sie nicht bestrafen.«
    »Wie bitte?«
    »Nein. Der Minister meint, Sie würden unter den Paragrafen 437b fallen.«
    Sam schnaufte dankbar. Also hatte der gute Minister wohl doch noch sein Herz sprechen lassen. Vielleicht hatte aber auch Julia dafür gesorgt…
    »Und was besagt der Paragraf 437b?« fragte Sam voller Hoffnung.
    »Er behandelt das Thema der Unzurechnungsfähigkeit. Der Minister glaubt, daß Sie nicht alle Tassen im Schrank haben, mein Bester, und auf den ersten Blick kann ich ihm eigentlich nicht widersprechen.«
    »Was meinen Sie damit?« fragte Sam aufgebracht.
    Der Richter musterte ihn intensiv. »Ihre herabhängenden Schultern. Das entsetzliche Zucken Ihres linken Ohrs. Den wilden Blick Ihrer Augen.« Er kaute nachdenklich auf seinem Federhalter herum. »Wenn ich das alles in Betracht ziehe, möchte ich lieber doch nicht, daß Sie mein Sohn wären. Kennen Sie meinen Sohn?«
    »Ich hatte noch nicht die Ehre.«
    »Da hinten steht er.« Der Richter zeigte auf einen forsch aussehenden Polizeibeamten mit gebrochenem Nasenbein. Der Polizist spielte verlegen mit seinem Gummiknüppel, wurde nun rot und sagte: »Nu' mach schon weiter, Papa.«
    »Das ist ein Bursche«, sagte der Richter zärtlich. »Sie hingegen…«
    Er schüttelte betroffen den Kopf. »Lassen Sie die Psychiater herein«, sagte er dann zu niemand Bestimmtem.
    Niemand Bestimmtes führte die Psychiater herein. Es handelte sich um eine solide Traube von etwa zwanzig Mann. Sie blieben an der Tür stehen und gafften Sam an.
    Nachdem sie zwanzig Minuten lang gegafft hatten, begann Sam sich unbehaglich zu fühlen. Sein linkes Ohr begann nun noch wahnsinniger zu zucken. Zudem spürte er auch noch einen Krampf im Bein und massierte ihn so unauffällig wie möglich.
    Die Psychiater gafften weiter. Sam brach der Schweiß aus.
    Auch das bemerkten sie.
    Nach einer Stunde war selbst Sam davon überzeugt, daß er völlig verrückt war. Die Psychiater steckten die Köpfe zusammen und tuschelten ein paar Minuten lang miteinander. Mit zitternden Fingern zündete Sam sich eine Zigarette an. Das ist der reinste Nervenkrieg, dachte er wütend.
    Es wurde still.
    »Verrückt«, sagten die Psychiater dann im Chor.
    »Komplett verrückt«, setzte ein einzelner hinzu.
    »Knatschverrückt«, meinte ein zweiter. »
    Wie ein Huhn«, sagte ein dritter.
    »Ich würde sogar sagen, wie zwei Hühner.«
    »Einschließen«, sagte ein dickbebrillter Glatzkopf. »Gummizelle und so weiter.« Die anderen nickten zustimmend.
    Nun platzte Sam aber wirklich der Kragen. »Wieviel hat der Minister euch geboten, damit ihr mich für verrückt erklärt?« schrie er wütend.
    Plötzlich herrschte absolute Stille.
    Dann sagte ein kleiner, dicker Psychiater: »Zweitausend Dollar.«
    »Blödmann!« schrien die anderen im Chor und warfen den Dicken hinaus.
    »Ich biete euch zehntausend Dollar, wenn ihr mich wieder für normal erklärt!« rief Sam ihnen nach.
    Die Psychiater zögerten, aber dann wurden sie auch schon von niemand Bestimmtem aus

Weitere Kostenlose Bücher