Framstag Sam

Titel: Framstag Sam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul van Herck

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dem Saal geschoben.
    »Sie haben doch gar nicht soviel Geld«, sagte der Richter tadelnd.
    »Ach ja«, erwiderte Sam und erinnerte sich daran, daß er sich vorgenommen hatte, die Rolle des armen Teufels zu spielen. »Aber Sie haben doch selbst gehört, daß diese Quacksalber bestochen waren!«
    »Bestochen?« Das Gesicht des Untersuchungsrichters strahlte ehrliche Verblüffung, ja sogar Empörung aus.
    »Man hat ihnen zweitausend Dollar gezahlt! Das haben Sie doch selbst gehört!«
    »Zweitausend Dollar? Sie haben ja eine blühende Fantasie, junger Mann, das muß ich Ihnen zugestehen. Hat irgend jemand aus den Reihen der verehrten Anwesenden davon vielleicht auch etwas vernommen?«
    »Nein!« brüllte der ganze Saal im Chor.
    »Gut so«, brummte der Richter. »Abführen!«
    Und Sam wurde abgeführt.

    Zwei Tage später befand er sich in einer Anstalt für Geistesgestörte bei Amersfoort. Die ganze Zeit über hatten ihn rudelweise gelehrte Herren untersucht, aber alle waren zu dem gleichen Urteil gekommen: Sam war völlig unzurechnungsfähig und hatte Wahnvorstellungen, die sich auf einen gewissen Framstag bezogen. Außerdem hatte er aus völlig unerfindlichen Gründen große Aversionen gegen Bestechung.
    Der Direktor der Amersfoorter Institution war allerdings ein verständnisvoller und außergewöhnlich freundlicher Mensch, der, kaum daß Sam angekommen war, den neuen Patienten zu sich einlud und sich dessen Geschichte vortragen ließ. Hin und wieder nickte er, während Sam redete.
    »Ihr Fall ist keineswegs einmalig, Sam«, sagte er anschließend. »Ich habe persönlich durchaus einmal etwas Vergleichbares durchmachen müssen. Ich dachte, daß… Aber lassen wir das, es ist ohnehin unwichtig. Sie müssen wissen, daß ich selbst einmal Patient in diesem Hause war, aber ich konnte mich aufgrund meiner guten Führung bald zum Wärter und später sogar zum Direktor qualifizieren. Wäre das nicht auch etwas für Sie?«
    »Ich will aber gar nicht hierbleiben«, versetzte Sam stur. »Ich bin nämlich gar nicht verrückt.«
    »Jeder ist verrückt«, erwiderte der Direktor. »Oder keiner, ganz wie Sie wollen.« Er fing an zu flüstern. »Nehmen Sie zum Beispiel meinen eigenen Fall. Ich könnte von hier weggehen, aber das will ich überhaupt nicht. Man hat mich einmal bei einer Dummheit ertappt, und zwar, als ich Elba verließ. Noch einmal wird mir das nicht passieren. Diesmal warte ich ab, bis die Zeit wirklich reif ist.«
    »Oh«, machte Sam, der den Direktor plötzlich mit ganz anderen Augen ansah, »irgendwann wollen Sie also wirklich die Katze aus dem Sack lassen?«
    »Ich habe keine Katze in meinem Sack«, erwiderte der Direktor aufgebracht. »Oder sehen Sie etwa eine?« Er löste seine Gürtelschnalle und lugte in seine Hose.
    »Nein«, sagte Sam. »Ich meinte damit, daß…«
    »Wie kommen Sie auf die verrückte Idee, ich könnte eine Katze im Sack haben? Selbst wenn da eine drin wäre, was ich für sehr unwahrscheinlich halte, wie kommen Sie dazu, mich mit derartigen Nichtigkeiten aufzuhalten? Das mir! Wo ich schon in Erwägung gezogen hatte, Sie zum Innenminister zu ernennen! Vorwärts, marsch! Talleyrand?«
    Mit feierlichem Gesichtsausdruck trat Talleyrand ein.
    »Dieser Herr hier bekommt Zelle 12, Talleyrand.«
    »In Ordnung.« Talleyrand machte eine knappe Verbeugung und führte Sam aus dem Büro.
    Zelle 12 lag auf dem gleichen Korridor. Man konnte sie nicht einmal unbequem nennen. Die Wände waren wattiert und mit einem hübschen, rosafarbenen Stoff überzogen. Die Möbel waren einfach und doch formschön. Es gab einen hölzernen Tisch, einen Stuhl aus Kunststoff und Schaumgummi, eine Toilette und einen Aluminiumspiegel.
    In einem Bücherregal standen mehrere erbauliche Werke. Erfreut stellte Sam fest, das sich darunter auch ein Exemplar seiner Bibel befand.
    »Hab' ich geschrieben«, verkündete er stolz und ließ liebevoll die Finger über den Einband gleiten.
    »Nebenan sitzt einer, der glaubt, er hätte die Odyssee geschrieben«, sagte Talleyrand unbeeindruckt. »Da paßt ihr ja zusammen.« Er machte die Tür zu und Sam hörte, wie sie ins Schloß fiel.
    Mutlos legte er sich auf die Pritsche.
    Verrückt, dachte er.
    Verrückt…
    Es hatte in seinem Leben zwar hin und wieder Augenblicke gegeben, in denen er dazu tendiert hatte, an sich selbst zu zweifeln, aber im Endeffekt war er doch immer wieder zu der Erkenntnis gekommen, daß er nicht verrückter war als die anderen. Das heißt, er war natürlich