Francisco Pizarro - Der Eroberer Von Peru
waren dies, soweit sie unter der Regierung des Inka noch vorgekommen waren, freiwillige Todesgänge, wie an anderer Stelle dieses Buches dargelegt wird. Lächerlich auch war die Beschuldigung, Staatsgelder zuungunsten der Spanier »verschwendet« zu haben. Ernsthafter ist die Anklage des Brudermordes; aber auch hier hatte Pizarro kein Recht, sich zum Richter aufzuwerfen. Von allen Punkten bleibt also nur der Verdacht, Atahuallpa habe eine Volkserhebung zu erregen versucht. Den Beweis hierfür ist Pizarro der Nachwelt schuldig. Eine Frage für sich wäre es zu untersuchen, ob ein kriegsgefangener König, der ein ungeheures Lösegeld aufgebracht hatte, um seine Freiheit wiederzugewinnen, und der sich in schnödester Weise betrogen sehen mußte, nicht alle Mittel anzuwenden berechtigt war, um die Erfüllung eines ehrlichen Vertrages von seinen Feinden zu erzwingen?
Die Nachwelt kann nicht anders als sich auf Atahuallpas Seite stellen. Wenn Francisco Pizarro als der Treulosesten einer in der Geschichte der Menschheit gilt, so hat dies seine volle Berechtigung.
Nur elf Spanier waren gegen diesen Prozeß. Ihre Namen sind uns überliefert:
Blas de Atienza,
Pedro de Ayala,
Alonso de Avila,
Diego de Claver,
Francisco de Claver,
Francisco de Fuentes,
Hernando de Haro,
Juan de Herrada,
Pedro de Mendoza,
Diego de Mora,
Francisco Moscaso.
Diese Wenigen erklärten: die eigenmächtige Hinrichtung des Inka, nachdem er im Vertrauen auf den mit Pizarro geschlossenen Vertrag ein so hohes Lösegeld gezahlt, vertrüge sich nicht mit der Ehre Spaniens. Selbst wenn der Verdacht, der auf Atahuallpa ruhe, durch Tatsachen bewiesen werde, habe nur der Kaiser das Recht, den König eines unterworfenen Staates vor einen Gerichtshof zu fordern. Ohne die Allerhöchste Bestätigung könne keinerlei Urteil rechtsgültig werden. Folglich habe das ganze Verfahren keinen Zweck. Wenn die Voruntersuchung ergäbe, daß den Inka irgendwelche Schuld treffe, so sei er nach Spanien zu bringen.
Der Protest der elf Landsknechte ward schlecht und recht zu Papier gebracht und Pizarro förmlich überreicht. Der General beachtete ihn nicht, und das Verfahren begann. Man vernahm zehn Indianer, von denen sieben Werkzeuge Valverdes waren. Felipillo übersetzte die Aussagen ins Spanische. Er benahm sich dabei so schamlos, daß ein Kazike namens Quesoi sich weigerte, mit mehr als der allen verständlichen Geste der Bejahung oder Verneinung zu antworten.
Nach der Vernehmung der angeblichen Zeugen brach unter dem Vorsitz von Pizarro eine lebhafte Erörterung aus über die wahrscheinlichen guten oder üblen Folgen, die des Inka Hinrichtung nach sich zöge. Die Chronisten berichten, der »hochwürdige Pater Vicente de Valverde« habe die Frage der Zweckmäßigkeit zugunsten der Partei des Almagro entschieden.
Inka Atahuallpa ward in allen Punkten für schuldig erklärt und einstimmig zum Tod auf dem Scheiterhaufen verurteilt. Die Hinrichtung habe in der kommenden Nacht zu erfolgen. Man schrieb Freitag den 29. August 1533; es war der Sankt-Johannis-Tag.
Als dem Fürsten das Todesurteil verkündet wurde, war er sichtlich betroffen. Wohl hatte er oft schon diesen Abschluß seines Unglücks vorausgesehen. Als er ein paar Tage zuvor einen Kometen am Abendhimmel erblickte, hatte er darauf hindeutend zum Ritter de Soto gesagt: »Ein Großer meines Reiches wird dahingehen!«
Im Augenblick übermannte ihn tiefer Schmerz. »Was habe ich getan,« rief er dem Statthalter zu, »daß mich solches Schicksal trifft? Und just durch Euch!«
Pizarro blieb stumm.
Da ließ sich der Inka, sonst ein Meister der Selbstbeherrschung, hinreißen zu sagen; »Ich biete Euch nochmals ein Lösegeld, doppelt so hoch wie das gezahlte! Gebt mir nur die nötige Zeit: ich werde es zusammenbringen!«
Der Statthalter ließ ihn wegführen und an Hand und Fuß mit Ketten fesseln. Stolz reckte sich der Peruaner auf und duldete diese letzte Schmach. Alsbald nahte ihm der Pater Valverde, um ihn im Namen des Christengottes zu trösten und zu bekehren.
Oft schon hatte der Bischof den vergeblichen Versuch gemacht, Atahuallpa zur Taufe zu bereden. Als der Inka am Abend am Pfahl auf dem Scheiterhaufen stand, flehte ihn der Mönch mit erhobenem Kruzifix abermals an, er möge Christ werden, und versprach ihm, seine qualvolle Todesart zu mildern.
Da erklärte sich Atahuallpa bereit. Wahrscheinlich verabscheute er den Feuertod. Er stellte die Bedingung, daß man seinen Leichnam nach Quito bringe und einbalsamiere
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