Francisco Pizarro - Der Eroberer Von Peru
und dort im Tempel zur Seite der Mumien seiner mütterlichen Vorfahren beisetze.
Sodann fand die christliche Taufe feierlich statt. Zur Ehre Johannes des Täufers erhielt der Bekehrte den Namen: Johannes von Atahuallpa.
Der jüngste Christ bat, man solle sich seiner unmündigen Kinder annehmen. Sodann ließ er sieh, in stoischer Ruhe, die Garrota um den Hals legen. Der Henker drehte den Strick und erdrosselte ihn. Die umstehenden Spanier sangen das Credo, überlaut, um das Klagegeheul der Indianer zu überschreien.
So starb der letzte regierende König von Peru.
Eine Schar von Indianern, Männer wie Weiber aus dem Adel wie aus dem Volke, zogen unter dumpfem Trommelschlag vor Pizarros Quartier, wo Atahuallpa seine Wohnung gehabt hatte. Sein Leichnam blieb die Nacht über auf dem Marktplatze liegen, bewacht von einer Schar schweigsamer Getreuen. Am andern Morgen ward sie in der Kirche des Heiligen Franziskus fürstlich aufgebahrt. Der Seelenmesse, die der Bischof Valverde mit aller Zeremonie abhielt, wohnte Pizarro mit seinen Offizieren bei. Draußen vor der Kirchentüre sangen Indianerinnen ein Klagelied. Man öffnete ihnen. Sie drangen ein, etliche Schwestern des Inka vorweg, um dem geliebten Toten ein letztes Lebewohl zu sagen. Mehrere seiner Frauen, Schwestern und Edelleute waren in der Nacht freiwillig in den Tod gegangen, um den Inka in das Land der Sonne zu begleiten.
Entgegen seinem letzten Willen ward Atahuallpa von den Spaniern im Friedhof von San Francisco zu Kaxamalka begraben. Der Sage nach haben ihn die Peruaner später wieder ausgegraben und in Quito bestattet.
Am Tage nach der Hinrichtung kam Hernando de Soto von seinem Erkundungsritt zurück. Als er das Ereignis vernahm, eilte er in seiner Entrüstung sofort zu Pizarro. Er fand ihn in seinem Quartier, einen großen Filzhut ins Gesicht gezogen, voller Trauer und Schmerz. Als ihm der Ritter meldete, in Huamachuko stände kein Heer; weit und breit sei von einem Aufstand auch nicht das geringste zu spüren, und somit sei Atahuallpa schändlich verleumdet worden, da erklärte der Heuchler, er sähe ein, daß er eine voreilige Tat begangen habe. Valverde, Riquelme und Almagro hätten ihn bedrängt und getäuscht. Als Soto dann die drei zur Rede stellte, schoben sie ihrerseits die Schuld auf den Statthalter.
XX
Solange der Inka lebte, ohne dessen Befehl in Peru nichts geschah, war das Land im wesentlichen in Ruhe und Tatenlosigkeit verblieben. Erst jetzt, wo das Herz des Volkes aufgehört hatte zu schlagen, wagten etliche tüchtige, ehrgeizige und ihr Vaterland liebende Männer, selbständig aufzutreten. Um die Einheit des Reiches war es geschehen. Der Inka-Adel war durch Atahuallpas Sieg und durch Pizarros Handstreich vom 15. November zusammengeschmolzen. Die Armee war auseinandergelaufen; einzelne Teile standen unter dem Befehle von Generälen in Quito und in Kuzko. Das Volk begann wieder in Stämme zu zerfallen. Jahrhunderte an spartanische Ordnung und Zucht gewöhnt, erwachten im Einzelnen bisher unbekannte Laster und Lüste. Man sah, welchen Wert die Weißen dem Gold und Silber beilegten. Man lernte den Begriff des Geldes kennen. Man beobachtete die Zügellosigkeit der Spanier dem weiblichen Geschlechte gegenüber. Man erkannte, daß die bisher angebeteten Götterbilder in den Staub sanken, ohne daß des Himmels Rache auf die Tempelräuber und Gottesschänder herabfuhr. Kurzum, die Untertänigkeit, der Glaube, die Moral der Eingeborenen war ins Wanken gekommen.
In Quito eignete sich alsbald der Inka-General Ruminjahuai die oberste Gewalt an, derselbe, der bei dem Überfall am 15. November 1532 die im Warmbad zurückgebliebenen Truppen befehligt hatte. Den Heeresrest in Kuzko befehligte der General Kiskiz, dem der Tod des Königs durch eine heimliche Botschaft des Generals Tschalkutschima, den die Spanier in Kaxamalka zurückhielten, mitgeteilt wurde.
Pizarro hatte die grenzenlose Macht, die ein Inkakönig bei seinem Volke, von den Generalen, Oberpriestern und Ministern bis hinab in die breiteste Masse, seit Jahrhunderten genoß, wohl erkannt. Daß diese Tradition zu wanken begann, konnte er noch nicht wissen. Durchaus richtig entschloß er sich, sofort einen Nachfolger auf Atahuallpas Thron zu setzen. Dieser Schattenkönig war natürlich von vornherein nichts als ein Werkzeug des Eroberers von Peru.
Rechtmäßiger Erbe der Herrschaft war ein zweiter Sohn des Königs Huayna Kapak, Manko, damals noch keine dreißig Jahre alt, ein kluger kühner
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