Francisco Pizarro - Der Eroberer Von Peru
Irgendwer machte den Vorschlag, die Hauptstadt aufzugeben und sich nach dem Meere durchzuschlagen. Es sei rühmlicher, den Durchbruch mit dem Schwert in der Hand zu wagen, gleichviel ob mit oder ohne Erfolg, als sich wie Raubtiere in der eigenen Höhle einräuchern und aushungern zu lassen.
Pizarros Bruder, die Ritter Gabriel de Roja und Ferdinand Ponce de Leon, der Schatzmeister Riquelme und wenige andere waren gegen diesen Vorschlag. Mit der Aufgabe der alten Königsstadt sei alles aus.
Man müsse den wichtigen Posten mit aller Kraft verteidigen und halten. Die kastilische Waffenehre lasse keine Wahl: Hier siegen oder hier sterben!
Hernando Pizarro forderte mehr: man müsse zum Angriff übergehen, man müsse einen großen Schlag wagen. Zunächst aber dürfe die Burg nicht länger mehr ein Stützpunkt des Feindes bleiben.
Man gab dem Kommandanten Recht. Juan Pizarro ward mit der Ausführung dieses Entschlusses betraut.
Um das Augenmerk der Belagerer abzulenken, verließ Juan Pizarro an einem der nächsten Abende die Stadt an der Spitze von 60 Reitern in der entgegengesetzten Richtung. Auf großem Umwege gelangte er auf die Paßstraße im Rücken der Burg, und es glückte ihm, unbemerkt an den Wall zu kommen und die Wache zu überrumpeln. Das äußere Tor war durch große Quader verrammelt. Pizarro ließ sie beseitigen und kam vor den Innenwall. Jetzt erst merkten die Peruaner, die an nächtliche Kämpfe nicht gewohnt waren, die Anwesenheit des Feindes. Es kam zum Handgemenge. Die Spanier berannten den Wall. Juan Pizarro erkletterte als einer der Ersten einen Söller. Da traf ihn ein schwerer Stein. Zu Tode getroffen, leitete er mit lauter Stimme seine Truppen. Erbittert führten sie den Sturm durch und sprangen in den Hof. In diesem Augenblick begann Hernandos Angriff von der Stadtseite her. Nachdem der Inka-Offizier, der in der Burg den Befehl führte, gefallen war, fiel sie in die Hände der Spanier.
Vierzehn Tage nach diesem Siege erlag Juan Pizarro seiner Wunde. Allgemein betrauerte man ihn als tapferen Ritter, maßvollen Menschen und beliebten Führer.
Durch planmäßige Streifzüge hinter die Linie der Belagerer, durch Überfälle ihrer Tambos und Herden, ergänzten die Belagerten immer wieder ihre Vorräte. An Wasser fehlte es nicht; der Fluß sowie zahlreiche Brunnen spendeten es zur Genüge. So gingen fünf Monate dahin.
XXVII
Die Belagerung von Lima ward bald wieder aufgegeben, weil sie aussichtslos war. Man kann eine Stadt am Meere ohne Flotte nicht aushungern. Obendrein begünstigte die weite Ebene die Reiterei. Kurzum, nach mehreren tüchtigen Schlappen zogen sich die Peruaner in die Sierra zurück.
Francisco Pizarro versuchte nun die Verbindung mit seinem Bruder Hernando herzustellen. Viermal im Laufe der Monate April bis Juli 1536 sandte er starke Abteilungen unter seinen besten Offizieren aus. Die Indianer ließen sie in das Bergland, um sie dann zu überfallen. Die ersten beiden Expeditionen kamen bis auf den letzten Mann um. Aber auch die späteren mußten unter großen Verlusten umkehren. Während des Aufstandes sind im Ganzen 700 Spanier umgekommen; allein bei den Versuchen, Kuzko zu entsetzen, 470 Mann.
Der Statthalter war ratlos. Er sandte eine Karavelle nach Truxillo mit der Aufforderung, diese Ansiedlung aufzugeben und mit aller Habe nach Lima zu kommen. In Truxillo faßte man die Lage nicht so ernst auf; wahrscheinlich hatte auch hier die Belagerung nicht lange gewährt. Man kam nicht. In Lima war man sogar der Meinung, es sei das Beste, mit Mann und Maus nach Panamá zurückzukehren; Perú sei doch unrettbar verloren. Angesichts dieser so wenig zuversichtlichen und mutigen Haltung seiner Kolonisten und Soldaten (die tüchtigsten Teile seines Heeres waren in Kuzko und bei Almagro) wandte er sich brieflich an die Statthalter von Panamá, Nikaragua, Guatemala und Mexiko und bat dringend um Beistand. Sein Schreiben an Pedro de Alvarado vom 29. Juli 1536 ist erhalten.
Im August änderte sich unverhoffter Weise die ganze Lage. König Manko brach die Blockade ab, entließ den größeren Teil seines Heeres in die Heimat und beschränkte sich darauf, mit etwa 6000 Mann Kerntruppen eine feste Stellung südöstlich Kuzko einzunehmen. Den Stützpunkt der Stellung bildete eines der Kastelle an der Heeresstraße Kuzko-Arequiha. Es lag auf der Hochebene; nach Kuzko zu war die Burg uneinnehmbar, während das Gelände im Rücken, nach dem Yukay-Tal zu, weniger steil war und allmählich abfiel.
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