Francisco Pizarro - Der Eroberer Von Peru
Von da beobachtete man durch Patrouillen und Streifkorps die Hauptstadt und die ändern drei Zugangsstraßen.
Die Ursache dieser Maßnahmen lag in den Verpflegungsverhältnissen des Heeres und des Landes. Ehedem hatte man in den Kornhäusern des Reiches stattliche Vorräte. Durch den Bruderkrieg und durch das maßlose Wüsten der Spanier waren die Lebensmittel, auch die Herden, knapp geworden. Die Bestellung der Felder war unumgänglich.
Die Spanier in Kuzko atmeten auf. Hernando Pizarro entschloß sich sofort zu einem Gewaltstreich. Es galt, den Inka zu überraschen und wieder gefangen zu nehmen. Mit einem Trupp von etwa 80 Reitern und 120 Schützen brach Hernando eines Morgens in aller Frühe auf und rückte auf großem Umwege vom Yukay her gegen die Burg. Beim Morgengrauen brach man aus einer Schlucht hervor.
Pizarros Erwartung, die Besatzung läge noch im tiefsten Schlafe, erfüllte sich nicht. Ein Hagel von Geschossen aller Art empfing die Spanier. An eine Erstürmung des Kastells war nicht mehr zu denken. Noch einmal im Laufe des Tages versuchte man es. Sodann trat man den Rückzug ins Tal an. Gonzalo Pizarro mit den Reitern deckte ihn gegen die heftigen Verfolger. Nicht ohne Verluste gewannen die Spanier das jenseitige Ufer des Flusses. Erst nach Anbruch der Nacht erreichten sie das Tor der Stadt Kuzko.
XXVIII
Während all dieser bedeutsamen Ereignisse war das Expeditionskorps des Marschalls Almagro gen Chili marschiert, zunächst auf der Heeresstraße, die von Kuzko nach Süden führte. Dann war man linker Hand in einen Nebenweg abgeschwenkt. Dadurch geriet man in unwirtliche Gegend. Man kam durch Schluchten, Pässe, über schmale Steige, kurze Hochebenen, in tiefe Täler mit reißendem Wasser, Moränen, dichte Wälder, unter Sturm, Kälte, Gletscherluft, Höhensonne.
Man litt Hunger; man fror; man verzweifelte. Mit Mühe ging es vorwärts. In grausamster Weise zwang man die mitgenommenen Indianer sowie jeden Eingeborenen, dessen man habhaft ward, das Gepäck zu schleppen. Man band die Unglücklichen zu Dutzenden zusammen, damit sie nicht fortliefen. Zu Hunderten starben sie erschöpft und verhungert. Die Dorfer, Weiler und Hütten, an denen die Spanier vorüberkamen, brannten sie nieder. Wer nicht als Lastvieh mitgenommen wurde, ward niedergestochen. Als einmal drei Landsknechte vermißt wurden, mußten dreißig Häuptlinge den Feuertod erleiden.
Der genaue Weg der Expedition ist uns nicht bekannt. Nach wochenlangem Irrmarsche gelangte man in das Küstenland. Vermutlich drang man schließlich zwei, drei Tagesmärsche weit in die Wüste Atakama. Dann streikte die Soldateska, und Almagro kehrte mit dem Haupttrupp um. Nachweisbar ist er weiterhin nordwärts im Küstengebiet nach Arequipa marschiert; der Ort liegt 60 Leguas (350 km) südlich von Kuzko. Hier verweilte der Marschall längere Zeit, und hier erfuhr er vom Aufstande der Peruaner.
Eine kleine Abteilung ist, immer die Küste entlang, unter der Führung des tapferen und zähen Obristen Rodrigo de Orgonez bis zum Rio Maule, der Südgrenze des Inkareiches (unter dem 38. Breitengrade), vorgedrungen. Kulturstädte und Goldschätze fand Orgonez ebenso wenig wie Almagro. Damit stand sein Urteil über Chili fest: das war nicht das heißbegehrte Dorado!
Man hielt einen Kriegsrat ab. Almagros Offiziere wie auch die Ältesten der Mannschaft drangen auf sofortigen Rückmarsch nach Kuzko. Das sei die Hauptstadt der Chilianer! Allein seinem Sohne Diego sei er eine energische Tat schuldig. Der junge Almagro war damals sechszehn Jahre alt. Er war das Kind einer Indianerin aus Panamá. Almagro liebte ihn zärtlich.
Zunächst schickte der Marschall eine Gesandtschaft an den Inka Manko nach dessen Hauptquartier. Sie ward wohl aufgenommen, und der Fürst erklärte sich zu einer persönlichen Zusammenkunft mit Almagro in seinem Lustschlosse im Yukay-Tale bereit.
Dieser Bescheid traf den Marschall auf dem halben Wege Arequipa-Kuzko. Er marschierte weiter, bis Urkos, und begab sich von da mit einigen Offizieren und einem Trupp Reiter nach dem verabredeten Verhandlungsort.
Die Zusammenkunft mit dem Inka war inzwischen durch die Ereignisse unmöglich geworden. Hernando Pizarro hatte erfahren, daß Almagro im Begriff stand, Kuzko in seine Hand zu bekommen. Sofort begann er sich zu rüsten. Diese kriegerischen Bewegungen in der Hauptstadt machten den Inka stutzig. Höchstwahrscheinlich hatte Almagro die hochverräterische Absicht gehabt, sich mit ihm wider Hernando
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