Frank Bsirske macht Urlaub auf Krk: Deutsche Helden privat (German Edition)
und Gesocks anderer Landstriche abheben wollen. Ein Hanseat lernt schon als kleiner Hansi, dass fünfundneunzig Prozent des weltweiten Bescheidwissens in einem Umkreis von maximal zwanzig Kilometern rund um den Hamburger Michel versammelt sind. Je weiter man sich von ihm entfernt, desto doofer werden alle. Dafür können die aber nichts, deshalb muss man den Doofköppen alles haarklein erklären. Als Erstes natürlich, dass ein Hanseat immer recht hat, sonst begreifen sie’s ja nie.
Unser Hansi Peer war auch schon mal Ministerpräsident von NRW, das war ganz schrecklich, deshalb hat er dort absichtlich die Wahl verloren, um wieder ganz alleine in seiner Qualmwolke zu leben. Er war auch schon mal Finanzminister, Geld stinkt schließlich nicht. Seine Chefin war zwar eine Frau und noch dazu aus der Ostzone, aber immerhin in Hamburg geboren – also im Grunde Hanseatin. Keine Gefühle zeigen und absichtlich dauernd eine Fleppe ziehen, damit niemand auch nur im entferntesten erotischen Blödsinn in den Kopp kriegt: Peer kennt das von zu Hause aus Hanseatenstadt, da laufen die Tanten auch rum wie tote Fische im Designer-Outlet. Wie viele Hamburger glaubt auch Peer, dass Sex nur eine schlaue Geschäftsidee auf St. Pauli ist und sonst gar nichts. Außerdem darf man dabei nicht rauchen, allein schon deshalb indiskutabel.
Lieber trifft sich Peer alle paar Wochen mit ein paar anderen Hanseaten im Club der Schmallippigen Schlauberger. Dazu gehören Klaus von Dohnanyi, Henning Voscherau, Olaf Scholz und natürlich der Häuptling, Helmut Seattle. Bei ihren Treffen bringt ihnen Old Smokey bei, richtig zu näseln, durch andere hindurchzugucken und sie mit Gesprächspausen in den Wahnsinn zu treiben. Je nachdem, wie weit man es darin bringt, wird man vom greisen Räuchermännchen zum Bürgermeister, Minister oder Kanzlerkandidaten ernannt. Beim letzten Wettrauchen hat unser Peer alles richtig gemacht und zusätzlich zu seinem Titel eine Tüte Labskaus gekriegt, das hatte noch Loki gekocht.
Kurz erklärt: Hanseat
Der Hanseat kann sowohl ein billiger Rum aus dem Aldi-Regal sein wie auch ein ebenso billiges Importauto aus dem Restsozialismus (Lada Hanseat). Meistens sind damit aber besonders blasierte hamburgische Eingeborene gemeint (selten Bremer, kaum Lübecker). Komischerweise nennt man auch die Ultras von Hansa Rostock nicht Hanseaten. Zumeist lässt sich das Attribut «hanseatisch» in einem Text problemlos durch «engstirnig», «arrogant» oder «nach Fisch stinkend» ersetzen.
6. VERONICA FERRES UND CARSTEN MASCHMEYER
Sie haben sich verdient
Vroni hat sich zurückgezogen. In den Südflügel ihres Lieblingsarbeitszimmers mit Blick über den Maschsee. Hier kann sie in Ruhe Drehbücher und Rollenangebote studieren, ohne dass ihr der alte Schnurres ständig auf den Geist geht. In Gedanken nennt sie Maschi immer noch den alten Schnurres, obwohl er sich die Rotzbremse längst abrasiert hat, ihr zuliebe. Aber Vroni sieht den Schnurrbart irgendwie immer noch. Im Grunde sieht sie einen Phantomschnurrbart. So ist das oft bei Typen, die zu lange Schnauzer getragen haben. Die werden den latenten Pornodarsteller-Look nie mehr ganz los. «Waldi Hartmann ist auch so ein tragischer Fall», denkt Vroni gerade, als Maschi wie aufs Stichwort seinen Quadratschädel durch die Tür streckt.
«Vroni Mausi, was mir eben einfällt: Wollen wir am Wochenende nicht mal wieder ein paar Freunde einladen? Ganz zwanglos?», flötet er mit seiner besten Verkäuferstimme.
«Hm, weiß nicht», antwortet Vroni eher desinteressiert. Maschi meint doch bestimmt wieder nur IHRE Freunde: Schauspieler, Regisseure, Politiker, echte Promis. Die hat SIE doch alle mit in die Ehe gebracht. In der Zeit vor Vroni kannte Maschi ausschließlich Leute aus der Drückerkolonnen-Szene. Die sahen aus wie Gebrauchtwagenhändler oder Automatenaufsteller. Wie tausend Jahre Knast halt.
«Ja, aber Maschi, WENN wir Freunde einladen: Laber die bitte nicht wieder mit deinem Versicherungsscheiß zu, okay?»
Maschi sieht jetzt echt verletzt aus.
«Du, Maschi, da musste jetzt gar nicht gucken wie ’n Huhn, wenn’s donnert. Mir war das echt so unendlich peinlich, wie du neulich versucht hast, dem Dieter Wedel diese Hausratversicherung anzudrehen!»
Der Selfmade-Millionär ist ernsthaft empört: «Ja, aber Vroni, der Dieter, der ist so dermaßen unterversichert, das wär echt unterste Schublade gewesen von mir, den nicht zu beraten. Da hätt ich mich quasi strafbar
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