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Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho

Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho

Titel: Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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nicht unserem Stamm an«, sagte sie. »Du darfst die B’kurim nicht berühren.« Sie seufzte. »Ich sehe dir an, dass du nicht weißt, was das ist.«
    Ich schüttelte den Kopf. Ich war eine Pelesti, hatte sie das etwa vergessen?
    Shana wandte sich an uns alle: »Jahwe hat uns in dieses Land voller Chalev oo’d’vash geführt. Dreimal im Jahr müssen unsere Männer vor den Gnadenthron treten. Die B’kurim sind die ersten Früchte der Jahreszeit, ken! Jeder Bauer und jeder Winzer umwindet, sobald er die ersten Früchte dieser Jahreszeit sieht, den Ast mit einem roten Faden, statt sie zu essen.«
    Shana machte eine Geste zu einem Sklaven hin und wandte sich dann wieder an uns. »Diese Früchte werden zusammen mit einem Gebet Shaday als Dankopfer gebracht.«
    »Wie lautet das Gebet?«, fragte eine andere, mutigere Seele als ich.
    Sie bedeckte ihr Haupt mit einem Schal, erhob die Arme und begann zu singen: »Mein Vater war ein Fremder im Lande Mizra ’im. Dort wurde er zum Ahnherrn einer mächtigen Nation. Die Mizri waren neidisch und versklavten uns, sie schlugen uns. Durch Wunder und Zauberei befreite Yahwe mein Volk aus ihren Händen und brachte uns in das Land, wo Milch und Honig fließen. Seht: Darum bringe ich Yahwe das Erste dessen, was Er mir geschenkt hat.« Sie öffnete wieder die Augen. »Daran erinnern wir. Und jetzt los! Wir haben viel zu tun und müssen noch das Essen für die Siebzig vorbereiten.« Sie ging davon, wobei sie wie gewohnt tch’te.
    Bevor ich irgendwelche Speisen anrührte, musste ich mir die Hände waschen und die Haare zurückbinden. Dann zeigte man mir die Datteln.
    Einen ganzen Berg von Datteln, einen Mount Everest! Jede Einzelne musste entkernt und dann mit Rosinen oder Nüssen gefüllt werden. Es ging um Millionen von Datteln, genug für alle im Palast, die dreißig Giborim und ihre Familien eingeschlossen.
    Damit würde ich nicht vor Shavu’ot im nächsten Jahr fertig!
    Als Klinge bekam ich einen scharfen Keil, und so machte ich mich daran, die Datteln aufzuschlitzen, sie von einem Korb in den anderen zu werfen und dabei zu denken, dass dies, falls ich Katholikin wäre, bestimmt das Fegefeuer für mich bedeutet hätte.
    Um mich herum eilten die Menschen geschäftig hin und her. Berauschende Düfte stiegen aus den Öfen auf, wo Kuchen und Brote backten, die hinterher mit Gewürzen bestäubt oder mit Obst besteckt und anschließend in getrocknete Palmblätter gewickelt wurden, um dann beiseite gestellt zu werden.
    Als ich tief in der Nacht nach Hause humpelte, merkte ich, dass die knospenden Sprosse der Rebstöcke mit Fäden, den B’kurim, geschmückt waren. Cheftu hatte ein Abendessen organisiert, ein paar Fleischstücke und Linsenbrei. »Wenn ich mich recht entsinne, ist unser Leben kaum anders als das von jenen unter meinen Freunden, die verheiratet waren und beide gearbeitet haben«, meinte ich in dem Versuch, positiv zu klingen. Ich war sogar zu müde für die Liebe.
    »Frauen arbeiten?«, fragte er.
    Kauend sah ich ihn an. »Manchmal liegen wirklich Lichtjahre zwischen uns.«
    »Jahre voller Licht?«, fragte er verständnislos. Ich gab ihm schweigend einen Kuss, denn ich war zu erschöpft, um zu einer Erklärung anzusetzen.
    »Hast du mitbekommen, was N’tan gestern Abend gesagt hat? Über die Siebzig und ihr Abendessen mit Gott?«
    Er lehnte sich zurück. »Ja. Wir haben auf den Feldern über nichts anderes gesprochen. Alle Familien überlegen fieberhaft, wie sie ihre Söhne mitschicken können. Es gibt eine stillschweigende Übereinkunft, dass auf diese Weise die neuen Anführer für ihre Stämme ausgewählt werden.«
    »Der Stamm hat siebzig Oberhäupter?«, fragte ich.
    »Lo, die Reise steht auch allen anderen Stämmen offen. Sie werden sich in Shek’im sammeln und dann talabwärts am Salzmeer vorbeiziehen. Dort nehmen sie ein Schiff, das sie nach Midian bringt. Von da aus sind es nur noch zwei Tage zu Fuß, wie ich gehört habe.«
    Ich legte die Knochen aus meinem Fleisch beiseite. »Klingst du nur so, oder bist du wirklich neidisch?«
    Er sah zu Boden. »Stell dir das doch vor, Chloe: Sie wissen, wohin sie gehen. Sie wissen, wo der Berg Gottes liegt! In meiner Zeit glaubt man, es sei der Sinai. Wie haben wir uns getäuscht!«
    »Auch in meiner Zeit glaubt man, es sei der Sinai. Wenn irgendwer ahnen würde, dass der Berg in Saudi-Arabien liegt, gäbe es sofort den nächsten Krieg mit Israel.«
    Er sah wieder auf.
    »Israel ist in deiner Zeit ein eigenes

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