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Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho

Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho

Titel: Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Brust spürte. »Vielleicht war es, als er Gottes Worte mit eigener Hand niederschrieb?«
    »Ich liebe dich«, flüsterte ich und löste mich von ihm, um ihn ansehen zu können. »Dein Wissen erstaunt mich immer wieder. Dein Verstand verschlägt mir den Atem.«
    Er zog eine Braue hoch. »Nur mein Verstand?«
    »Na ja«, wand ich mich, auf meiner Lippe kauend.
    Er eroberte meinen Mund und grummelte dabei, vielleicht müsse er mir mal wieder ins Gedächtnis rufen, dass er nicht nur aus Hirn bestehe.
    Als wir später schon im Halbschlaf in der Löffelchenstellung nebeneinander lagen, stellte ich eine wichtige Frage. »Wir lieben uns ohne Verhütung, nachon?«
    Cheftu blieb so lange still, dass ich schon glaubte, er sei eingeschlafen. »Du schon«, sagte er schließlich.
    »Wieso?«, fragte ich halb im Traum und halb wach. »Ich dachte, du wolltest auf keinen Fall, dass ich hier ein Kind bekomme?«
    Er küsste mich auf den Wangenknochen, zog mich fester heran und breitete seine Finger über meinen Bauch. »Ich hatte Angst davor, ein Kind zu haben, während wir all diese Katastrophen durchstehen mussten«, korrigierte er. »Außerdem hatte ich Angst davor, was passieren würde, wenn du dabei nicht in deinem eigenen Körper bist.«
    Meine Augen flogen auf; schlagartig war ich hellwach. Ich hatte nie auch nur einen Gedanken daran verschwendet, dass ich nicht in meinem eigenen Körper gewesen war. Vielleicht weil es sich für mich wie mein eigener Körper angefühlt hatte, ganz gleich, wo ich gewesen war. Mir war es beinahe so vorgekommen, als wären die Körper anderer Menschen Gymnastikanzüge, die ich mir nur überstreifte. So gut passten sie mir. Als ich mich umdrehte und ihn ansah, machte sich ein Zittern in meiner Kehle bemerkbar. Das Licht der Sterne fiel von oben auf sein Gesicht und malte die Schatten der Wimpern auf seinen Wangen nach. Dunkel zeichnete sich sein Haar auf dem gebleichten Weiß der Strohmatte ab. »Meinst du damit ... was ich glaube, dass du meinst?«, fragte ich. Ich hörte das Wackeln in meiner Stimme.
    Mimi hatte mir oft gesagt, im Leben gebe es immer wieder Coca-Cola-Momente. Zeitschnipsel, an die man sich, solange man lebte, liebevoll über einer Coca-Cola erinnern würde. Mi-mi liebte ihre Coca-Colas. Als ich auf der Uni war, saßen wir oft auf ihrer Veranda hinter dem Fliegengitter, und sie offenbarte mir ihre Coca-Cola-Momente:
    Als sie ihren ersten Mann heiratete; als sie erfuhr, dass er gestorben war und sie deshalb fast ihr erstes Kind verloren hätte. Als sie die Liebe ihres Lebens kennen lernte, den Stiefvater meines Vaters. Als sie meinen Vater seinen ersten arabischen Satz sprechen hörte und begriff, dass er zum Nomaden geboren war und auf keinen Fall zu Hause bleiben würde. Als sie zum ersten Mal in ein Flugzeug gestiegen war, nach Griechenland nämlich, zur Hochzeit meiner Eltern. Als sie mich das erste Mal gesehen hatte, mit so großen grünen Augen, dass niemand
    ihr erklären musste, wer ihr Enkelkind sei.
    All das waren Coca-Cola-Momente.
    Cheftu öffnete die Augen. »Was glaubst du denn, dass ich meine?«
    Ich suchte sein Gesicht ab und spürte im selben Moment, wie in meinem Leben eine neue Seite aufgeschlagen wurde: ein Gefühl, das für alle Zeit bei mir bleiben würde, eindeutig ein Coca-Cola-Moment. »Was immer es auch ist, meine Antwort lautet ja.«
    Dann lag ich flach auf dem Rücken und mein Mann war über mir. Die Umrisse seines Leibes, die vom Schwingen der Sense, vom Worfeln der Gerste, vom Halten meines Körpers gehärteten Muskeln zeichneten sich scharf über mir ab. Seine Augen waren so dunkel, dass ich sie nicht klar erkennen konnte. Doch ich spürte seine Begierde und merkte, wie meine eigene Begierde meinen Körper überschwemmte. »Meine Antwort lautet ebenfalls ja, chérie. Allerdings ist es ein verzögertes Ja. Ich werde kein Kind, keine Kinder zeugen, selbst wenn le bon Dieu uns damit segnen sollte, die als Sklaven geboren werden.«
    Ich merkte, wie ich meine Enttäuschung hinunterschlucken musste und zugleich merkwürdig erleichtert war.
    »Ich wünsche mir nichts sehnlicher, als dass sich unsere Leben auf diese Weise verbinden, doch nicht solange mich diese Ketten binden.« Seine Stimme war fest geworden; ich wusste, dass er nicht umzustimmen war. »Doch sorge diesmal ich für die Verhütung.«
    »Wie das denn?«, fragte ich völlig fassungslos.
    »Es wäre tolldreist von mir, dich so oft und so innig zu lieben, wie es mir danach verlangt. Darum habe ich

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