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Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho

Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho

Titel: Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Erinnerung Füße zu verleihen. Denn dort ist der Ort, an dem haMoshe und die Zekenim bei Yahwe saßen und den B’rith speisten.«
    Um ein Haar hätte ich meinen Krug fallen lassen.
    Hatte N’tan da eben erzählt, dass die Anführer der Stämme -die Propheten und Priester sowie die Herrscher über die einzelnen Unterstämme - sich versammelt und mit Gott das Bündnismahl eingenommen hatten? Das stand in der Bibel? Und sie wussten, wo diese Begegnung stattgefunden hatte?
    »Um den B’rith nicht zu vergessen, haben unsere Vorväter den Berg erklommen, um in Erinnerung an unsere Väter und Yahwe zu speisen.«
    Offenbar hatte ich die falsche Bibel gelesen.
    »Darum: Weil unser Brauch es so will, weil es die Erinnerung fordert, werde ich mit einer Gruppe von Kohanim aufbrechen und nach dem Shavu’ot diese Pilgerreise antreten. Wer mit mir kommen will, wer dort sitzen will, wo seine Ahnen und Väter saßen, wer den Berg Gottes sehen will, der soll mit mir gehen. Kommt mit mir und erinnert euch!«
    In meinem Geist entstand das Bild eines Picknicks mit Gott auf einem Berg. Mein Gehirn, sogar mein sonst so nützliches Lexikon, musste sich redlich abmühen, diese Vorstellung zu verdauen!
    »Wein!«, hörte ich eine Stimme, die so klang, als hätte sie nicht das erste Mal gerufen. Ich eilte hin, schenkte gedankenverloren aus meinem Krug nach und verschüttete dabei tatsächlich ein paar Tropfen auf den Boden. Dafür handelte ich mir einen missbilligenden Blick ein, doch das war mir gleich. Ich stolperte zurück in die Reihe der Sklaven, die alle darauf warteten, die Sitzenden zu bedienen.
    Ich war hin und weg. Ich hatte mich allmählich daran gewöhnt, dass ich schon vorher wusste, was mich in dieser Zeit erwartete. Doch N’tans Ankündigung schien außer mir niemanden zu überraschen. Sie hatten alle damit gerechnet? Dadua sang einen weiteren Psalm, alle sagten »Sela«, und dann durfte ich wieder einmal aufräumen.
    Als ich in unseren Wachturm zurückkroch, linste bereits die Sonne über den Horizont, und Cheftu kam zur Tür heraus. Wir gaben uns einen Kuss. »Hast du das mitbekommen?«, fragte ich schläfrig. »Das gestern Nacht. Warst du dort?«
    »Lo. Was ist denn passiert?« Er blickte gehetzt in die Dämmerung. »Geliebte, erzähl es mir heute Nacht. Wir müssen heute die Ernte auf den weiter entfernten Feldern einbringen.« Er gab mir noch einen Kuss und verschwand.
    Ich hatte bizarre Träume, eine Kreuzung von Alice im Wunderland und dem, was ich über die Zekenim - die Siebzig, ergänzte mein Lexikon - gehört hatte, die mit Gott zusammensaßen. Nur dass Gott diesmal Tee trank, dass die Siebzig allesamt weiße Kaninchen waren und dass RaEm in der Tracht der Herzkönigin dabeistand und kreischte: »Runter mit dem Kopf!«
    Ich erwachte davon, dass Shana nach mir kreischte.
    »Dieser Idiot«, zeterte sie lautstark. Ich gesellte mich zu den unzähligen anderen Sklaven: Stammesmitgliedern und Kindern, Heiden und Frauen. »Er fällt diese Entscheidungen vollkommen willkürlich und ohne einen Gedanken an die Jahreszeiten oder daran zu verwenden, welche Feiern bevorstehen. Ach! Männer!«
    Ich sah zu den anderen Sklaven hinüber. Kali’a, der ich gelegentlich begegnete, beugte sich zu mir herüber. »Sie regt sich über N’tans Ankündigung von gestern Abend auf. Die ganze Woche bereiten wir schon das Shavu’ot vor. Und jetzt will er am Abend danach aufbrechen.«
    Auch wenn sich die Zeiten geändert hatten, hatten Mimi und Mama sich fast wortgleich über die Männer in ihrem Leben ereifert: Die Menschen änderten sich nicht, durch alle Zeiten hindurch. Bei dem Gedanken musste ich grinsen.
    »Isha! Findest du so lustig, was ich sage?« Shana steuerte auf mich zu.
    Ich schüttelte heftig den Kopf. Gott bewahre, sie sollte keinesfalls glauben, dass ich über sie lachte! Sie sah mich misstrauisch an, doch sie wirkte weniger zornig als sonst.
    »Darum: haMelekhs Felder brauchen B’kurim.«
    Mein Lexikon blieb stumm.
    »Du und du«, damit deutete sie auf zwei kleine Buben, »werdet für die Schafe und Lämmer sorgen. Du und du«, sie zeigte auf zwei Mädchen, wovon eines aus ihrem Stamm und das andere Heidin war, »werdet im Obstgarten die Zweige binden.« Sie teilte ‘Sheva zu einer Gruppe ein, welche die Trauben hochbinden sollte. »Du«, befahl sie mir mit ihrer altbekannten Feindseligkeit, »arbeitest in der Küche.«
    Na super, und alle anderen durften draußen spielen. Ich fühlte mich ausgestoßen. »Du gehörst

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