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Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho

Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho

Titel: Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Jungs gewonnen? »Wissen die Jebusi, dass wir hier sind?«
    Abishis Miene wirkte resigniert. »Noch nicht, aber ab der nächsten Wache schon.«
    Seine Antwort ließ mein Blut gefrieren. Diese Frauen, diese wenigen Frauen, hatten alles aufs Spiel gesetzt, um uns zu helfen, um ihre eigene Freiheit zu erkaufen, um in Zukunft ihre Kinder behalten zu dürfen. »Dann gehen wir«, sagte ich.
    »Yoav hat an zwei verschiedenen Stellen der Stadtmauer Angriffe geplant, falls wir von uns ablenken müssen.«
    »Der Mann ist ein fantastischer Stratege«, sagte ich.
    »Ken«, bestätigte er und sah mich dann besorgt von oben bis unten an. »Isha! Hat man dich angegriffen? Bist du wohlauf? Brauchst du Wein? Brot?«
    Ich nieste und schüttelte den Kopf. Ich konnte mir vorstellen, dass ich zum Fürchten aussah. Ungewaschen, klatschnass, mit verlaufener Schminke, zerrissenen Kleidern und gefärbtem Haar. Igitt! »Der Abfluss hat mich angegriffen.« Ich wollte gar nicht wissen, wo ich mir überall Verletzungen zugezogen hatte; die Kälte betäubte meinen Körper, was momentan nur hilfreich sein konnte. »Du wirst nicht hindurchpassen«, sagte ich und deutete dabei auf seine Schultern. »Der Durchlass ist sehr schmal. Such die kleinsten Männer aus, dann gehen wir.« Wie lange hatte ich hierher gebraucht? Im Wasser hatte ich jedes Zeitgefühl verloren.
    Draußen schien immer noch die Sonne, und die Vögel sangen immer noch im sommerlichen Nachmittag.
    »Gib es noch -«
    »Lo. Gehen wir.«
    In absoluter Dunkelheit durch das Quellwasser zu waten, war gleichzeitig kalt und irgendwie surreal. Während draußen alles hell und fröhlich war, schmiedeten wir unter der Stadt Mordpläne.
    Allerdings hatten meine Gewissensbisse deutlich nachgelassen, seit Waqi mich angefleht hatte einzumarschieren. Dann hatten immer mehr Frauen - ich hatte keine Ahnung, woher sie Bescheid wussten - mich auf dem Markt angerempelt und mir zugeflüstert: »Ich helfe euch« oder »Auf mich könnt ihr zählen.« Die Frauen der Stadt wollten neue Regenten und neue Gesetze. Nicht alle, davon war ich überzeugt, aber eine ziemlich lautstarke Minderheit, die von der Königin persönlich angeführt wurde. Sie wollten endlich ihre Kinder heranwachsen sehen.
    Im Gegenzug sollte ich um ihre Freiheit feilschen. Es sollte weder Herim noch Hal für sie geben. Auch keine Sklaverei. Yoav lag der Sieg so am Herzen, dass ich glaubte, er würde zustimmen. Zorak war der gleichen Meinung - Zorak, der sich von meinem stillen Schatten in einen Schutzengel für Waqi und das noch namenlose Kleine verwandelt hatte.
    Die Männer hinter mir sprachen kein Wort, nur gelegentlich verrieten ein paar flache Atemzüge, dass zwölf Soldaten durchs Wasser schlurften. Meine Sandalen - es überraschte mich, dass ich sie immer noch hatte - zerrten an den Füßen und gaben mir das Gefühl, in Latschen zu gehen. Je weiter wir vorankamen, desto tiefer wurde das Wasser, von knietief über hüfttief bis zu bauchtief. Bibbernd und durchnässt führte ich die Männer den dunklen Gang hinauf. Licht zu machen wagten wir nicht, doch trotz der Dunkelheit spürte ich die Steinwände, die Decke, die über uns lastenden Erdmassen. Das Rauschen von Wasser ließ erkennen, dass wir uns dem Schacht näherten.
    Wir befanden uns schon längst innerhalb der Stadtmauern. Verlief alles nach Plan?
    Nachdem ich mein Kleid so zurechtgezogen hatte, dass es meine Knie bedeckte, machte ich mich an den anstrengenden Aufstieg durch den Schacht. Ich war schon früher geklettert, aber noch nie unter einem Wasserfall, ohne jede Ausrüstung und im Kleid! Die Soldaten unter mir rückten zusammen, um mich nach oben zu schieben. Die Steine rissen mir die Handflächen auf, von oben trommelte mir das Wasser auf den Kopf, und ich tastete mich blind aufwärts, immer weiter aufwärts.
    Der Kanal wurde enger; wir würden es nie im Leben hindurch schaffen. Wie eine Entenmuschel an der Wand klebend, zog ich das Messer aus meinem Kleid und schlug mit dem Heft auf den Kalkstein ein. Schon ein paar Zentimeter mehr würden uns die Sache ganz erheblich erleichtern!
    Erst purzelten kleine Bröckchen auf die Männer unter mir, dann löste sich ein größeres Stück. Ich zuckte zusammen, als ich den überraschten Aufschrei von unten hörte. Nachdem ich das Messer sorgfältig wieder eingeschoben hatte, kletterte ich weiter. Sich durchzuquetschen, kostete immer noch Mühe, war aber machbar, vor allem, da ich von unten angeschoben wurde.
    Ich hatte kaum Zeit,

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