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Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho

Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho

Titel: Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Azurblau löste einen ganzen Schwall von Erinnerungen an Griechenland aus.
    Die gesamte Mannschaft warf sich wie ein Mann zu Boden, als Hiram Zakar Ba’al in der Tür erschien. Wie vom Donner gerührt starrte ich ihn an. Diese falsche, verschlagene Ratte, dachte ich.
    Ich sah zu Cheftu hinüber. Ihm war alle Farbe aus dem Gesicht gewichen. Er sah aus, als hätte er zu viel Kürbis gegessen; sein Gesicht war irgendwie gelblich-grün. Man hätte ihn mit einer Pfauenfeder umhauen können.
    Im Gegensatz zu seiner prunkhaften Entourage wirkte Hiram selbst eher unauffällig. Seine dunklen Locken waren kurz geschnitten, der Bart knapp gestutzt, seine Kleider wirkten fast düster, Schminke und Geschmeide hatte er nur zurückhaltend eingesetzt. Zwei Dinge bewirkten dennoch, dass er uns den Atem raubte. Zum einen trug er eine zusammengerollte Giftschlange um den Hals - keine Nachbildung aus Gold, sondern eine echte Schlange.
    Zum anderen erkannte ich seine Augen wieder. Ich hatte sie erst kürzlich in seiner Maskerade als oberster Baumeister der Tsori gesehen. Was sollte das alles? Was war aus dem weißen Haar und Bart geworden? Ich verfolgte, wie er nach vorne schritt und die vergoldeten Fransen seines Schurzes leise über dem Klimpern des Musikers raschelten. Niemand aus Daduas Hofstaat sprach ein Wort, alle beobachteten ihn schweigend.
    Er hatte den Blick so eindringlich auf Cheftu gerichtet, dass ich mich wunderte, wieso die Luft sich nicht entzündete.
    Als ich ihn in seiner Verkleidung als Bote Hirams erkannt und als ich ihn darum gemieden hatte, hatte ich kaum glauben können, dass er immer noch am Leben war. Doch zugleich hatte ich eine leise Schadenfreude darüber verspürt, dass er gealtert war. Offensichtlich war sein Alter nur Maskerade gewesen.
    Dion hatte immer noch das Aussehen und Gebaren eines . nun ja, des Fürsten der Dunkelheit. Angeblich war Satan ja das schönste unter allen Geschöpfen Gottes gewesen. Es bestand durchaus die Möglichkeit, dass Dion Satan gewesen war und es immer noch war.
    Automatisch sah ich zu Cheftu hinüber. Sein fassungsloser Blick war auf mich gerichtet; selbst der blinde Musiker musste diese Dreiecksbeziehung bemerken. »G’vret«, flüsterte jemand, »die Ägypter sind da.«
    Wie könnte es auch anders sein, dachte ich.
    »Überprüft alle Vorratskammern und füllt noch mehr Weinkrüge«, kommandierte ich, während Dions verhasste Stimme die Segenswünsche eines Königs für einen anderen rezitierten.
    HaNasi hieß den Herrn über Tsor mit gewandten Worten, wenn auch kühlem Blick willkommen. Dion erkundigte sich nach der königlichen Gesundheit und erhielt die Antwort von N’tan. Cheftu schien vollauf damit beschäftigt, den Wortwechsel aufzuzeichnen. Was er sich wohl dachte? Ich hatte immerhin gewusst, dass Dion am Leben war, aber wie mochte sich Cheftu fühlen?
    Wieder entstand Unruhe am Eingang - die Ägypter -, und ein Mädchen trat ein, das den Boden mit weißen Blüten bestreute. An der Jugendlocke, den ummalten Augen und der kupferfarbenen Haut war deutlich zu erkennen, dass sie aus dem Niltal stammte.
    Eine Abteilung ägyptischer Soldaten mit durch Schminke verlängerten Augen, weißen Schurzen und goldenen Rüstungen kam hinter der Kleinen herein, gefolgt von drei Priestern mit geschorenen Köpfen und Umhängen aus Leopardenfell, welche die Luft mit Weihrauch schwängerten.
    In meiner Eigenschaft als Gastgeberin zählte ich die Ankömmlinge und versuchte zu überschlagen, wie viel sie wohl trinken würden. Überall huschten Sklaven herum und servier-ten den anwesenden - Gott sei Dank nicht vielen - Giborim sowie den ausgewählten Kleinkönigen, die sich Dadua angeschlossen hatten, Wein.
    »Der Kronprinz Ober- und Unterägyptens! Der Ruhm des Aton in der Morgendämmerung! Er Der Sich Im Osten Erhebt, Er Der Mit Dem Aton Regiert!« Eine halbe Ewigkeit lang ließ der Zeremonienmeister die Titel in zwei Sprachen durch den Saal schallen. Noch mehr Gefolgsleute aus Hirams/Dions Entourage waren in den Raum geschlüpft, Ratgeber, Seher, Adlige, der übliche Rattenschwanz, den jeder König auf Reisen hinter sich herzog.
    Und alle wollten Wein.
    »Er Der Den Aton Liebt«, fuhr der Zeremonienmeister fort, »Tutenchaton!«
    Um ein Haar wäre ich lang hingeschlagen.
    Hätte ich irgendetwas in den Händen gehabt, wäre es mir bestimmt runtergefallen. Unmöglich! Ich musste halluzinieren oder träumen oder beides. Ich schaute zu, wie ein kleiner Junge auf einem goldenen Thron in

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