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Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho

Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho

Titel: Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Kleine-Jungen-Größe hereingetragen wurde. Ich erkannte sein wunderschönes Gesicht auf den ersten Blick, denn schließlich hatte mich dieser Anblick durch meine gesamte Kindheit begleitet!
    Dies war der Kindkönig Ägyptens!
    Tutenchaton? Tutenchamun? David und Tutenchaton?
    Nicht einmal Cheftu würde die Bedeutung dieser Verbindung begreifen. Dieser Abschnitt der Geschichte war mir allein vorbehalten. Während die Förmlichkeiten ausgetauscht wurden, nahm ich mein Zählen wieder auf. Tutenchaton war noch ein Kind, noch nicht einmal in der Pubertät, und hatte eine hohe, aber kräftige Stimme. Dann trat er beiseite, und der Zeremonienmeister begann eine neue Litanei von Titeln zu verlesen: Pharaos Ehrentitel.
    Diesmal wurde Semenchkare angekündigt.
    Ich blickte wieder zur Tür. Alles an ihm glänzte golden, von dem Diadem auf dem geschorenen Kopf über die Schminke um seine Augen bis zu den ... er hatte Brüste? Ich scheuchte einen Sklaven weg, der mich etwas fragen wollte, und starrte das androgyne Wesen vor mir an.
    Natürlich wusste ich durch meine Schwester, dass unter den Ägyptologen des zwanzigsten Jahrhunderts umstritten war, ob Echnaton nun ein Mann oder eine Frau, hetero oder schwul, eine Transvestitin, ein Transvestit oder das Opfer einer unbekannten Krankheit gewesen war, die Männern Brüste wachsen ließ. Da Semenchkare sein Cousin war ...
    Aber dieses Gesicht. Die Gesichtszüge waren vollkommen unägyptisch. Seine oder ihre Nase wirkten eindeutig griechisch.
    Etwas zerplatzte, und ich wandte den Blick ab. Dion alias Hiram starrte Semenchkare ebenso an, wie er vor zwei Minuten Cheftu angestarrt hatte. Ich sah auf Cheftu, der sich ganz auf seine Arbeit konzentrierte, obwohl es nicht das Geringste zu schreiben gab, da niemand ein Wort sagte.
    Der Hof war sprachlos, da dieses Wesen zwar kleine, doch deutlich erkennbare Brüste hatte, zugleich aber auch eine eindrucksvolle Ausbuchtung in seinem/ihrem Schurz vorweisen konnte.
    Natürlich sah ich Semenchkare nur im Profil.
    »Grüße des Pharao, der für alle Zeit im Aton regiert!«, sagte der Zeremonienmeister, der nun als Dolmetscher fungierte.
    »Ägypten heißt Dadua ben Yesse in der Riege der Regenten willkommen.« Auch anhand der Stimme war es nicht auszumachen. Mann oder Frau? Die Giborim waren wie verzaubert und verunsichert. Die Amazonen ignorierten ihn/sie, und Dions Miene war keinesfalls die eines Menschen, die schon tausend Jahre lang gelebt hatte. Dazu wirkte er zu überrascht. Was sah er nur in Semenchkare?
    Cheftu blickte auf, und der Mund blieb ihm offen stehen.
    Ich kam fast um vor Neugier. Ich schob mich durch die Menge, um auf gleicher Höhe mit Semenchkare zu bleiben, der langsam durch den Saal schritt. Er wirkte groß, braun gebrannt und auf drahtige Weise kräftig; die Beine hatte er unter einem langen Schurz versteckt - doch die Arme waren die einer Frau?
    Dadua wirkte angewidert, als Semenchkare sich seinem Thron näherte. Cross-Dressing war an diesem Hof nicht üblich. Im Gegenteil, religiöse Gesetze verboten, dass Männer und Frauen sich auf gleiche Weise kleideten. Ich huschte seitlich hinter Avgay’el, wo ich besser sehen konnte.
    Vor mir stand eine als Mann verkleidete Frau. Und das Gesicht erkannte ich auch ohne schwarze Locken!
    Schließlich hatte ich es selbst ein Jahr lang getragen. Der Boden sackte mir unter den Füßen weg; elegant, geschmeidig und mit eindeutig raubtierhafter Grazie trat sie vor.
    Sie war Sybilla, die Seherin, in deren Körper ich damals auf Aztlan gesteckt hatte; dies war Dions Tante und der Körper, den Cheftu als meinen gekannt hatte. Gold glänzte auf ihrer dunklen Haut, während ihre mandelförmigen Augen uns bitterböse anfunkelten. »Pharao selbst hat viel zu viel zu tun, um dich zu besuchen und dich willkommen zu heißen.«
    Sie baute sich mitten im Raum auf.
    In meinem Kopf überschlugen sich die Schlussfolgerungen. Du hast deinen eigenen Körper wieder; Sybillas Geist hat schon eine ganze Weile in keinem Körper mehr gewohnt. Der ägyptische Körper wurde in Griechenland ausgelöscht. Womit zwei Seelen und zwei Körper übrig blieben. Ich war eine davon
    - und steckte in meinem eigenen Körper. Womit nur noch eine Seele und ein Körper übrig blieben.
    »ICH BIN sein geliebter Semenchkare.«
    Der gesamte Hof schnappte nach Luft.
    Die altägyptische, zeitreisende Priesterin RaEmhetepet in der Haut der aztlantischen Seherin Sybilla und verkleidet als Se-menchkare, Pharaos Ko-Regent, sah den

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