Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho

Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho

Titel: Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
Vom Netzwerk:
öffnen würde. »Was steht auf den Wimpeln?«
    »Semenchkare, ewig möge er im Aton leben«, antwortete er. Irgendwann würde ich ihn fragen, was er eigentlich für eine Ausbildung hatte. Ein Stammesbruder, der lesen konnte, war schon eine Seltenheit; dass einer fremde Sprachen verstand und lesen konnte, kam so gut wie nie vor.
    »Unsere Stammesangehörigen geben vor, Oliven zu sammeln, doch in Wirklichkeit behalten sie die Ägypter im Auge.« Yoav lachte. »Sie sind besser als jeder Spion. Ich habe stattdes-sen Großmütter, die durch ihre Auffassungsgabe wettmachen, was ihnen an Augenschärfe mangelt.«
    Es war bestimmt ein faszinierender Anblick: die Israeliten mit ihren bunt gemusterten Kleidern, Schärpen, Fransen und langen Locken neben den schlanken, ganz in Weiß und Gold gekleideten Ägyptern mit ihren geschminkten Augen und glatten Haaren.
    »Sollen wir Pharao eine Depesche schicken, in der wir ihn fragen, ob er die Aussicht genießt, und uns ganz nebenbei erkundigen, aus welchem Grund er sich so weit von seinem flachen Land und seinen vielen Göttern entfernt hat?«
    Yoav warf beide Hände hoch.
    »Wie geht es mit dem Audienzraum voran?«, fragte ich. »Wird er in den nächsten Tagen fertig sein?«
    Yoav zog die Achseln hoch. »Möglich. Ich werde mit Hiram sprechen.«
    »Dann werden wir eine Botschaft an Semenchkare schicken, in der wir ihn einladen, sich am Hofe haMelekh Daduas und seines Gefolges vorzustellen.« Ich sah Avgay’el an. »Geht das mitten in der Ernte?«
    Daduas Gemahlin lächelte.
    »Gebt ihm, was immer er braucht.« »Dann entschuldigt mich, Adoni, G’vret.« Und schon war ich aus dem Raum gelaufen.
    Zum Glück lag der Shabat zwischen Semenchkares Ankunft und dem Zeitpunkt, an dem ... Hiram von Tsor eintraf. Der Friede des Shabat -Nachmittags wurde durch einen Ruf von der Stadtmauer her durchschnitten. Jemand näherte sich dem Stadttor im Tal. Es war ganz in unserer Nähe, darum mischten Cheftu und ich uns unter die Menschenmenge, die verwirrt das Schauspiel verfolgte.
    »Er kommt! Er kommt!«, hörten wir von unten her Rufe. Die Rufer standen auf der Straße und deuteten aufgeregt nach vorn. Wer kam?
    »Hiram kommt! Hiram Zakar Ba’al kommt!«
    Ich fasste die Rufer genauer ins Auge und stufte sie als Werbetrommler ein; es waren weder Jebusi noch Stammesangehörige. Offenbar gehörten sie mit zu der Mannschaft, die Hirams - gab es bei den Tsori eigentlich auch andere Namen?
    - Bedeutung hervorheben sollte.
    »Bei der Macht Shadays, was ist das?«, rief jemand, ein richtiger Stadtbürger. Wir spähten über die Steinmauer auf die Straße am Berghang uns gegenüber.
    Hiram von Tsor, Zakar Ba’al, reiste ausgesprochen angenehm - und stilvoll.
    »Zut alors«, hauchte Cheftu. »Was ist das für ein Ding?«
    »Ein ... Elefant«, antwortete ich. Gut, ein Zwergelefant, sonst hätte er es kaum über die Hügel geschafft, aber trotzdem
    - ein Elefant? Und die berittene Eskorte bestand aus einem Trupp von . Frauen? Sie waren kaum zu erkennen, aber sie sahen nicht wie Männer aus. Eine von ihnen schob den Schild zur Seite, und die Menge schnappte nach Luft.
    Heilige Scheiße!
    »Sind das Amazonen?«, fragte Cheftu mich.
    »In Israel?«, entgegnete ich auf Englisch. »Ich hatte keine
    Ahnung, dass es jemals im Nahen Osten Elefanten gab«, bemerkte ich. »Von Kriegerinnen ganz zu schweigen.« Doch im Hinterkopf hörte ich meine Mutter in ihrem weichen, korrekten britischen Akzent von Pygmäenelefanten aus Afrika erzählen. Gehörte Israel noch zu Afrika? Mir schwirrte der Kopf, während die Gruppe auf uns zukam. Auf dem Rücken des Elefanten schaukelte im Takt seiner Schritte eine kleine Nissenhütte.
    Schon bei dem Anblick wurde ich seekrank.
    Dieser farbenfrohe Zug näherte sich der Stadtmauer.
    »Semenchkares Audienz soll morgen stattfinden«, sagte ich. »Aber Zakar Ba’al lässt uns kaum eine Wahl, wenn er einfach so vor den Stadttoren auftaucht.«
    Cheftu sah zum Himmel auf. »Es ist noch eine ganze Wache hin, ehe Yom Rishon beginnt«, meinte er. »Allerdings wird er eine Weile brauchen, um auf diesem Vieh über die Hügel zu kommen«, kommentierte er. Die Anhöhe war bei weitem nicht so steil wie das Kidron-Tal oder der Abhang des Hinon-Tales, doch dort hatten bereits die Ägypter ihr Lager aufgeschlagen und dabei kaum einen Durchgang gelassen. Im Norden, im neuen, noch nicht ummauerten Abschnitt der Stadt, ließen die Tsori genau wie alle Stammesangehörigen an diesem Tag die Arbeit

Weitere Kostenlose Bücher