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Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho

Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho

Titel: Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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zu schmecken und in mir, seiner liebsten Leckerei, aufzugehen.
    Von diesem Gipfel aus konnte es nur noch bergab gehen; und so lernte ich den Mühlstein kennen.
    Plötzlich ergaben alle Klischees Sinn. Wer einen Mühlstein um den Hals hängen hatte, konnte leicht ertrinken. Und schlechte Neuigkeiten konnten wie ein Mühlstein wirken.
    Und die Arbeit einer Frau ist niemals erledigt.
    Das Grundnahrungsmittel aller Völker im Altertum - darin war ich inzwischen Expertin - war Brot. Brot wurde aus Teig gemacht. Teig wurde aus Wasser, Sauerteig und Mehl gemacht. Das Wasser wurde von Gott gemacht, der Sauerteig wurde von der letzten Ladung Teig abgezweigt, und Mehl zu machen war meine Aufgabe.
    Es war eine stumpfsinnige, den Rücken strapazierende Arbeit für zwei.
    Ich arbeitete mit einem Mädchen zusammen, einem reizlosen Geschöpf mit Glupschaugen, vorstehenden Zähnen und Sprachfehler. Sie war schlaksig und ungelenk. Ihre Mutter hatte sie als Zehnjährige in die Sklaverei verkauft. Inzwischen war sie zwölf, und ihre Brüste begannen zu knospen. Allerdings war sie die erste echte Platinblonde, die mir diesseits irgendwelcher Malibu-Schönheiten unter die Augen gekommen war. Weißblond, wikingerblond, California-dreaming-blond. Sie hieß Sheva und sprach kaum ein Wort, selbst wenn man mit ihr redete.
    Shana, die herrische Rothaarige, zeigte mir den Mühlstein, der einen Durchmesser von etwa dreißig Zentimetern und ein Loch in der Mitte hatte. Er sah aus wie ein Donut aus Granit. »Ich brauche sieben Maß Getreide«, kommandierte sie. »Da drüben ist der Vorratsraum. Sheva wird dir helfen.«
    Sie marschierte ab. Ich sah das Mädchen an. »Weißt du, wie das geht?«
    Sie starrte mich blöde an.
    »Weißt du es? Ich weiß es nämlich nicht.«
    Keine Reaktion.
    Aus lauter Angst, etwas falsch zu machen, lief ich Shana hinterher - dafür dass die Frau so kurze Beine hatte, konnte sie verdammt schnell laufen. »Verzeih mir, G’vret, aber -«
    Die Hände in die Hüften gestemmt, fuhr sie herum. »Was ist denn noch?«
    »Ich, tja, also ich weiß nicht, was du von mir willst.«
    Sie blieb einen Augenblick stumm. »Du weißt nicht, wie man Brot macht?«
    Zaghaft schüttelte ich den Kopf.
    »Du weißt nicht, wie man Getreide mahlt?« Sie wurde immer lauter. Alle im Hof sahen inzwischen zu uns her, weil sie wissen wollten, was dieser Lärm zu bedeuten hatte.
    Wieder schüttelte ich den Kopf, wobei ich mir alle Mühe gab, demütig zu lächeln. Mein Gesicht wurde heiß.
    »Du bist die nutzloseste Sklavin, die mir je untergekommen ist!« Sie drehte sich zu ihrem Publikum um. »Seht euch das an! Eine erwachsene Frau! Mit einem Ehemann! Und sie kann kein Brot machen! Sie kann nicht einmal Getreide mahlen! Ach! Shaday sei Dank, dass dir keine Kinder geschenkt wurden, Isha. Sie wären verhungert!«
    Mein Gesicht glühte derart, dass man Eier darauf braten konnte. Sie sah mich wieder an, als hätte ich durch ihre öffentliche Demütigung lernen müssen, den Mühlstein zu benützen. Ich sah auf ihre Füße und wartete auf den nächsten Anpfiff.
    »Ach! Man hat dich also zur G’vret erzogen, zu einer Dame. Kein Wunder, dass unser Gott euren besiegen kann; unsere Frauen sind nicht so empfindlich. Empfindliche Frauen kriegen auch empfindliche Kinder.« Wir kehrten zum Mühlstein zurück, wobei sie ununterbrochen tch’te.
    ‘Sheva, die Transuse, saß reglos daneben und stierte vor sich hin.
    »Yelad«, Shana bezeichnete ‘Sheva als Kind, »lauf und hol Getreide!« Sie klatschte in die Hände, und die Transuse rannte los. »Du!« Damit war ich gemeint. »Setz dich hierhin.«
    Ich sollte mich auf den Steinkringel setzen? Gehorsam raffte ich die Röcke und schaffte es schließlich, mich im Schneidersitz darauf niederzulassen.
    »Du wirst dich im Kreis drehen, während das Yelad Getreide in das Loch laufen lässt, siehst du?« Ich nickte. Ich hätte auch genickt, wenn ich kein Wort verstanden hätte. Für einen Tag hatte ich mich genug blamiert.
    »Schau her.« Sie deutete auf einen Kanal, der unter dem Mühlstein austrat. Erst jetzt begriff ich, dass der Mühlstein aus zwei Teilen bestand, und plötzlich ergab alles einen Sinn. Ich würde mein Gewicht und das des Granits dazu verwenden, die Körner zu zerquetschen, bis sie so fein gemahlen waren wie Sand. Dann würde das Yelad das Mehl aufkehren, wiegen und entweder ins Lager bringen oder zum Backen verwenden.
    »Ihr werdet sieben Maß mahlen«, sagte Shana. »Danach zeige ich dir täppischer

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