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Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho

Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho

Titel: Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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einnehmen. Damit nicht genug, er behauptet, dass jeder, der in seine Burg eindringe, blind und lahm werde. Ich fürchte, ich begreife ihn da nicht ganz.« Dadua lachte, und die Giborim fielen in sein Lachen ein. »Dies also ist meine Forderung: Ich will, so wie es Shaday auch will, das Fest der Wochen in Jebus feiern! Als meiner Stadt!«
    Jebus? Wieso Jebus?
    Das Lexikon ließ erneut die Landkarte aufleuchten, auf der die Städte der Philister eingezeichnet waren. Im Osten, hoch in den Bergen, las ich das Wort Jebus. Dann verschmolzen die Buchstaben zu einem englischen, einem neuzeitlich englischen Wort, das mir verriet, wonach sich Dadua verzehrte. Ich war zwar halb darauf gefasst, doch meine Ahnung war nichts verglichen mit der Gewissheit.
    Jerusalem.
    David und Jerusalem. Ich wusste nicht viel über die Bibel, doch ich hatte viel über Jerusalem gehört. Mein Vater hatte einen Gutteil seiner beruflichen Laufbahn mit dem Thema Jerusalem verbracht. Trotzdem wollte mir der zeitliche Ablauf nicht in den Kopf. Würde David die Stadt schon jetzt erobern? Oder würde eine Zeit des Abwartens oder der Belagerung vorausgehen?
    Cheftu trat hinter mich. Während ich mich umdrehte, um meinen leeren Krug gegen seinen vollen zu tauschen, flüsterte ich: »Unsere Kinder müssen ihre Geschichtsbücher auswendig lernen.« Auf diese Weise wären sie besser gerüstet als ihre ahnungslose Mutter, falls sie sich irgendwann für eine Karriere im Zeitreisen entscheiden sollten.
    »Nachon«, antwortete er, und ich marschierte los, einen frischen Krug auf der Schulter.
    Würde Cheftu den zeitlichen Ablauf wissen? Wenn er in der Bibel stand, dann bestimmt. Aber stand er in der Bibel?
    »Erobert die Stadt, und das haHagana sei eures«, sagte Dadua zu den Giborim. »Der Erste, der mir die Tore nach Jebus öffnet, wird für alle Zeit der Erste Befehlshaber sein.« Diese Position war noch frei? Ich blickte auf Yoav, der reglos und mit Augen wie grünes Glas dabeisaß. Wurde hier eben sein Job zur Disposition gestellt?
    Wie aus einem Mund erwiderten sie: »Dein Wille geschehe.«
    Ich schenkte Becher um Becher voll und lauschte dabei den leisen Gesprächen der Männer, während zusätzlich zu den vielen Musikern nun auch Tänzer und Artisten für Unterhaltung sorgten. HaMelekh Dadua, König David, lehnte sich zurück, ein zufriedenes Lächeln auf dem Gesicht. Er verstand es, seine Männer zu motivieren.
    Die Nacht verstrich, überall schliefen die Giborim ein, manche taumelten auf ihre Zimmer, die Übrigen schnarchten vor den Türen. Wir Sklaven schlichen leise zwischen ihnen hindurch, sammelten Becher und Teller ein oder verscheuchten Katzen und Hunde, die glaubten, in aller Ruhe schmausen zu können, solange die Soldaten schliefen.
    Cheftu wartete auf mich, um mir zu zeigen, wo ich heute Nacht schlafen würde. Ich konnte kaum glauben, dass wir erst an diesem Morgen angekommen waren. »Wir wohnen in einem Wachhaus«, sagte er, während wir durch den Weingarten gingen. An den Weinstöcken sprossen die ersten Blätter. Im Gegensatz zu den französischen Weinstöcken waren diese hier nicht an einem Spalier festgebunden. Sie wuchsen in kleinen Büschen und wurden von einer einzigen Schnur in Reih und Glied gehalten.
    In der Mitte des Feldes stand ein zylindrischer Bau mit einer Wendeltreppe vor der Tür. »Unser Heim«, sagte er und drückte mich dabei. Wir würden zusammen in einem Haus leben, wie ein richtiges Ehepaar. Zwei Jahre waren wir inzwischen verheiratet, und endlich durften wir Mann und Frau spielen. Ich ließ meinen Kopf auf seine Schulter sinken.
    Für mich war es das Paradies.
    Der Morgen brach bereits an, als wir die Stufen hinaufkletterten und die Türe aufschoben. Meine Augen brauchten einen Moment, um sich an die Dunkelheit anzupassen. Innen war das Haus kaum luxuriöser als außen. Es war wie eine Grube ausgehoben und so tief, dass ich darin stehen und gleichzeitig hinausschauen konnte, denn die Wände endeten etwa fünfzig Zentimeter unter dem Dach, wodurch sich ein vollständiger Panoramablick bot.
    Eine flüchtige Inspektion offenbarte mehrere, mit staubigen und struppigen Strohmatten ausgelegte Nischen in den Mauern; zwei Decken aus kratziger Wolle; einen runden, unglasierten Teller; einen Wasserkrug; eine Öllampe.
    Wir schüttelten die Strohmatte auf, und Cheftu ließ sich aufs Bett fallen. Er war Feldarbeiter und musste in einer Stunde zur Arbeit antreten - auch wenn die Israeliten keinen Begriff für eine so kurze

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