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Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho

Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho

Titel: Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Ich murmelte etwas Zustimmendes in ‘Shevas Richtung.
    »Er kann göttlich mit der Schleuder umgehen«, fuhr sie fort. Das Mädchen war ein Groupie, begriff ich. Ein Groupie, dessen Vokabular sich auf ein einziges Wort beschränkte.
    »Wie ich sehe, haben die Jahre sie keine Demut gelehrt«, meinte jemand hinter mir.
    Durch die Schatten des Tores näherte sich eine Frau auf einem weißen Esel, der von einem elegant gekleideten Krieger geführt wurde. Dahinter folgte ein Mann, der seinen Kopf mit Asche beschmiert hatte und dessen Kleider so zerrissen waren, dass das schmuddelige Weiß seines Unterhemdes zu sehen war. Ihm zockelten vier kleine Kinder hinterdrein, deren ältestes ein Baby auf dem Arm trug.
    »Sie haben so lange gebraucht, um sie zu holen, weil erst ihre Zeit der Unreinheit verstreichen musste. Sie hat eben ihren jüngsten Sohn geboren«, bemerkte ein anderer aus der Menge.
    »Seht sie nur an, aufgeputzt wie eine Braut«, empörte sich eine Frau. »Eine Jungfrau, beim Auge Astartes, ich glaube es nicht!« »Nur diese arroganten Binyami würden es wagen, eine Braut zu schicken, die bereits mit einem anderen verheiratet war.«
    »Ein Wunder, dass Dadua sie zurückwill.«
    »Sie ist eine Metze!«
    »Sie war ein Werkzeug für Labayus Rache.«
    Unzählige Kommentare umschwirrten mich, die mir jedoch allesamt nichts nützten, da ich keine Ahnung hatte, was hier vor sich ging, und mir auch niemand eine Erklärung bot. Nicht einmal ‘Sheva achtete auf mich, sie war damit beschäftigt, Da-dua anzuhimmeln und zu seufzen. Dieses Kind war bis über beide Ohren in den König Israels verknallt. So wie ich es sah, brauchte sie sich keine allzu große Hoffnungen zu machten. Natürlich stand es ihm jederzeit frei, seine Sammlung von Eroberungen zu vergrößern, doch ich bezweifelte, dass er sie jemals eines Blickes würdigen würde.
    Das Objekt des umherfliegenden Klatsches kam direkt an mir vorbei. Sie war verschleiert, und ihr Kopfputz, der Rand ihres Schleiers wie auch die Säume an Armen und Beinen waren mit Münzen besetzt. Die Frau trug mindestens zehn Kilo Hartgeld mit sich herum.
    Wer war das?
    »Wieso ist sie dann zurückgekommen? Wenn sie so glücklich war?« Die Menge war mit ihren Kommentaren noch nicht am Ende.
    »Dadua hat das in den B’rith-V ertrag aufgenommen, als er sich einverstanden erklärte, über Yuda und Y’srael zu herrschen.«
    » Ach, er vereint auf diese Weise das alte Haus Labayus mit dem neuen Haus Daduas.«
    Dies war also Michal, Sauls Tochter? Daduas erste Frau? Das Weinen des Grauhaarigen, der ihr folgte, schnürte mir das Herz zu. Er musste sie über alle Maßen lieben, um sich derart zu erniedrigen.
    Mik’el hatte nicht einen einzigen Blick für ihn übrig.
    Dadua trat auf sie zu, hob sie von ihrem Esel und stellte sie neben sich. Auf ein Fingerschnippen hin wurde ihm eine Krone gereicht. Er hob ihren Schleier an, wobei er ihr Gesicht mit seinem Körper vor der Menge abschirmte. Sowie die Krone ihren Scheitel berührte, zerriss das Heulen des von der Mutter verlassenen Kindes die Luft. Dadua küsste Mik’el auf beide Wangen und drehte sie dann zu ihren Untertanen um.
    Sie hatte zwar ein bezauberndes Gesicht, doch ihre Miene wirkte wie erstarrt. Lange braune Haare fielen ihr bis auf die Taille, und große Rehaugen wanderten leidenschaftslos über uns hinweg. Aufrecht und königlich stand sie da, während der Wind das Kleid gegen ihre hohen Brüste und den weichen Bauch wehte. Dann schritt Mik’el, von Dadua untergehakt, in die Stadt. Das Kind weinte von neuem. Beide blieben einen Moment stehen und gingen dann weiter.
    Als wir in die Küche zurückkamen, mussten wir unseren Ausflug teuer bezahlen. Shana schrie uns an und ließ uns dann Gemüse putzen. Ihre Beschimpfungen gellten mir immer noch in den Ohren, als ich in unser Haus zurückkehrte. Ich kuschelte mich an Cheftu, der bereits auf der Strohmatte schlief.
    Er wälzte sich herum und legte seinen Arm um mich. Dass ich noch angezogen war, schien ihn aufzuwecken.

»Wieso sind wir hier?«, fragte ich schläfrig. »Was kann so wichtig daran sein, dass ich Getreide mahle und du auf dem Feld arbeitest? Ist das hier ein kosmischer Witz?«
    Cheftu zog die Stirn in Falten. »Ich dachte, du bist glücklich. Ich dachte, dir gefällt es, hier zu sein und mit mir zusammen zu sein. Uns sind keine Wahnsinnigen auf den Fersen, der Boden wackelt nicht, und alle Flutwellen sind weit weg. Es ist schön hier. Endlich können wir richtig leben,

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