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Frankenstein

Frankenstein

Titel: Frankenstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Wollstonecraft Shelley
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Zeichen der Gewaltanwendung zu erkennen gewesen, bis auf die schwarzen Fingerabdrücke an seinem Hals.
    Der erste Teil dieser Aussage interessierte mich überhaupt nicht, doch als die Fingermale erwähnt wurden, fiel mir der Mord an meinem Bruder ein, und ich fühlte mich zutiefst erregt. Mir zitterten die Glieder, ein Schleier legte sich vor meine Augen und zwang mich, mich auf einen Stuhl zu stützen. Der Friedensrichter beobachtete mich mit scharfem Auge und zog aus meinem Verhalten natürlich einen nachteiligen Schluß.
    Der Sohn bestätigte den Bericht des Vaters, doch als man Daniel Nugent aufrief, nahm er es auf seinen Eid, er habe unmittelbar, bevor sein Kamerad stolperte, in kurzer Entfernung von der Küste ein Boot mit einem einzelnen Mann darin gesehen. Und soweit er es beim Licht einiger weniger Sterne habe beurteilen können, handele es sich um dasselbe Boot, in dem ich soeben gelandet sei.
    Eine Frau sagte aus, sie wohne nahe am Strand und habe etwa eine Stunde, bevor sie von der Entdeckung der Leiche erfahren habe, vor der Tür ihrer Kate gestanden und auf die Rückkehr der Fischer gewartet, als sie ein Boot mit nur einem Mann darin von jenem Teil der Küste habe ablegen sehen, wo man später die Leiche gefunden habe.
    Eine andere Frau bestätigte die Aussage der Fischer, die die Leiche in ihr Haus gebracht hatten. Sie sei noch nicht erkaltet gewesen. Sie hätten sie auf ein Bett gelegt und abgerieben, und Daniel sei nach einem Apothekerdoktor in die Stadt gelaufen, aber das Leben sei bereits erloschen gewesen.
    Man befragte noch einige Männer nach meiner Landung: sie waren sich einig, bei dem steifen Nordwind, der in der Nacht aufgekommen war, sei ich sehr wahrscheinlich viele Stunden lang umhergekreuzt und habe fast an dieselbe – Stelle zurückkehren müssen, von der ich abgelegt hätte. Außerdem bemerkten sie, anscheinend hätte ich die Leiche von woanders hergebracht, und da ich mit dieser Küste offenkundig nicht vertraut sei, sei ich mir beim Einlaufen in den Hafen möglicherweise nicht darüber im klaren gewesen, wie nahe die Stadt… bei der Stelle liege, wo ich die Leiche zurückgelassen hätte.
    Nachdem sich Mr. Kirwin diese Aussage angehört hatte, ordnete er an, mich in den Raum zu führen, wo die Leiche bis zur Bestattung untergebracht war, um beobachten zu können, wie der Anblick auf mich wirkte. Dieser Gedanke kam ihm wohl angesichts der starken Erregung, die ich offenbart hatte, als man die Art des Mordes beschrieb. Also führten mich der Friedensrichter und mehrere andere Personen zum Gasthaus. Es war unvermeidlich, daß ich angesichts des seltsamen Zusammentreffens der Ereignisse stutzig wurde, die sich in dieser bewegten Nacht zugetragen hatten. Doch da ich wußte, daß ich um die Zeit, da man die Leiche fand, mit mehreren Leuten auf meiner Insel gesprochen hatte, blieb ich hinsichtlich der Folgen dieser Sache vollkommen gelassen.
    Ich trat in das Zimmer, wo die Leiche lag, und wurde an den Sarg geführt. Wie kann ich meine Gefühle beschreiben, als ich ihn erblickte? Jetzt noch bin ich vor Grauen wie ausgedörrt, kann auch nicht ohne Schaudern und Qual an jenen furchtbaren Augenblick denken. Die Vernehmung, die Gegenwart des Friedensrichters und der Zeugen schwanden wie ein Traum aus meinem Bewußtsein, als ich Henri Clervals leblose Gestalt vor mir ausgestreckt sah. Ich rang nach Luft, warf mich über die Leiche und rief: »Haben meine mörderischen Machenschaften auch dich, liebster Henri, das Leben gekostet? Zwei habe ich schon vernichtet, weiteren Opfern steht ihr Schicksal bevor, aber du, Clerval, mein Freund, mein Wohltäter…«
    Die Menschennatur vermochte nicht länger die Qualen zu ertragen, die ich litt, und man mußte mich in heftigen Krämpfen aus dem Zimmer tragen.
    Darauf folgte ein Fieber. Zwei Monate lang lag ich auf den Tod. Meine Phantasien, erfuhr ich später, waren fürchterlich; ich nannte mich den Mörder Wilhelms, Justines und Clervals. Manchmal flehte ich meine Pfleger an, mir bei der Vernichtung des Unholds zu helfen, der mich folterte, dann wieder fühlte ich die Finger des Ungeheuers bereits an meinem Hals und schrie laut vor grauenvoller Todesangst. Da ich in meiner Muttersprache redete, verstand mich zum Glück nur Mr. Kirwin, doch meine Schreie und bitteren Tränen genügten, um die übrigen Zeugen in Angst und Schrecken zu versetzen.
    Warum bin ich nicht gestorben? So unglücklich, wie es noch nie ein Mensch vor mir war, warum bin ich nicht in

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