Frankenstein - Der Schatten: Roman (German Edition)
einem Geflecht aus Regenbögen stehen.«
»Ich gehe mal davon aus, dass Sie mich verarschen.«
»Carson«, sagte Deucalion, »hier ist jemand, der Sie kennenlernen möchte.«
Hinter Deucalion trat eine wunderschöne Frau in einem Kleid hervor, das fleckig und mit Dreck verkrustet war.
»Guten Abend, Detective O’Connor.«
Da sie die Stimme vom Telefon kannte, sagte Carson: »Mrs Helios.«
»Ja. Erika vier. Ich entschuldige mich für den Zustand meines Kleides. Ich bin vor kaum mehr als einem Tag ermordet und in Abfällen begraben worden. Mein bezaubernder Victor hat nicht daran gedacht, mir einen Vorrat an Erfrischungstüchern und Kleider zum Wechseln mitzugeben.«
56.
Nachdem sie Jocko mit der Kinderkleidung in der Bibliothek zurückgelassen hatte, ging Erika in die eheliche Suite und packte dort rasch einen einzigen Koffer mit ihrem eigenen Bedarf.
Sie wischte das Blut im Eingangsbereich nicht auf. Sie hätte Christines Leiche in eine Decke hüllen und die Müllmänner der Neuen Rasse anrufen sollen, die Leichname nach Crosswoods beförderten, doch sie tat es nicht.
Schließlich stand, wenn sie an ein Fenster trat und nach Nordwesten blickte, der Himmel in Flammen. Und es
würde noch schlimmer kommen. Vielleicht würde es trotz allem eine Rolle spielen, wenn die Behörden eine ermordete Haushälterin in der Villa fanden, vielleicht aber auch nicht.
Doch selbst wenn sich herausstellen sollte, dass die Entdeckung von Christines Leiche Victor Probleme bereiten würde, war das für Erika kein Thema. Sie hatte nämlich den Verdacht, sie würde weder dieses Haus noch New Orleans jemals wiedersehen, und sie würde auch nicht mehr lange Victors Ehefrau sein.
Noch vor Stunden hatte sie makabre Vorfälle wie einen Butler, der sich die Finger abbiss, mit selbstsicherem Auftreten – wenn nicht gar Teilnahmslosigkeit – gemeistert. Aber jetzt reagierte sie schon allein auf die Anwesenheit einer toten Beta im Schlafzimmer verstört, und das sowohl aus Gründen, die ihr klar waren, als auch aus Gründen, die sie sich noch nicht erklären konnte.
Sie stellte ihren Koffer ans Fußende des Bettes und wählte ein kleineres Gepäckstück aus, um alles darin zu verstauen, was Victor aus dem Safe haben wollte.
Die Existenz des begehbaren Tresors war Erika im Rahmen ihrer Ausbildung im Tank nicht enthüllt worden. Sie hatte erst vor wenigen Minuten davon erfahren, als Victor ihr gesagt hatte, wie sie ihn finden würde.
In einer Ecke seines riesigen Ankleidezimmers, das so groß wie das Esszimmer für offizielle Anlässe im Erdgeschoss war, befand sich eine Nische, die auf allen drei Seiten vom Boden bis zur Decke verspiegelt war. Dorthin begab sich Victor, nachdem er sich angekleidet hatte, um sich ein Urteil darüber zu bilden, in welchem Maß die Kleidung, die er trug, die gewünschte Wirkung erzielte.
Erika stellte sich in diese Nische und sprach mit ihrem Spiegelbild: »Zwölf fünfundzwanzig ist vier eins.«
Ein Spracherkennungsprogramm im Hauptserver des
Hauses akzeptierte diese fünf Worte als den ersten Teil einer Kombination, die aus zwei Sätzen bestand und den Safe öffnete. Der mittlere Spiegel glitt in die Decke hinauf, und dahinter kam eine schlichte Stahltür ohne Scharniere, Griff und Schlüsselloch zum Vorschein.
Als sie sagte: »Zwei vierzehn ist zehn einunddreißig«, hörte sie, wie Riegel sich zurückzogen, und die Tür glitt mit einem pneumatischen Zischen zur Seite.
Unter hohen Hängeschränken enthielt der Tresor Schubladenelemente. Jede der Schubladen hatte dieselben Maße: dreißig Zentimeter tief und sechzig Zentimeter breit. An jeder der drei Wände waren zwölf Schubladen untergebracht, und sie waren von 1 bis 36 durchnummeriert.
Aus Schublade 5 zog sie sechzehn Bündel Hundert-Dollar-Scheine und packte sie in den kleinen Koffer. Jedes Bündel wurde von einer Banderole zusammengehalten, in der fünfzigtausend Dollar steckten, was auf eine Gesamtsumme von achthunderttausend hinauslief.
Schublade 12 hatte eine Viertelmillion Dollar in Euros zu bieten, und Erika leerte sie aus.
Aus Schublade 16 entnahm sie Inhaberobligationen im Wert von einer Million, jede auf einen Betrag von fünfzigtausend ausgestellt.
Schublade 24 brachte zahlreiche kleine Juweliersäckchen aus grauem Samt zum Vorschein, die mit Zugbändchen verschlossen waren. Die Bänder waren zu ordentlichen Schleifen gebunden, und die Säckchen enthielten kostbare Edelsteine, vorwiegend Diamanten erster Güte. Erika schöpfte
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