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Frankenstein - Der Schatten: Roman (German Edition)

Frankenstein - Der Schatten: Roman (German Edition)

Titel: Frankenstein - Der Schatten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz
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ermordeter Kinder zu stecken, ließ sie zurückschrecken. Tatsächlich gab schon allein der Umstand, dass sie ermordet und nicht einfach nur tot dachte, einen Hinweis auf eine Revolution in ihrem Denken.
    Sie war zerrissen zwischen etwas, was an Mitgefühl für Cassandra, Glenda und die übrigen Hausangestellten grenzte, einem stillen Entsetzen bei dem Gedanken, dass Cassandra sich an die Wehrlosesten der Alten Rasse heranpirschte, und Mitleid mit den Ermordeten, denen sie gemäß ihrer Programmierung keine anderen Gefühle als Neid, Zorn und Hass entgegenbringen sollte.
    Das, was sie für Jocko tat, überschritt die Grenzlinie, die Victor für sie gezogen hatte – für sie alle, die in dem bereits erwähnten Treibsand steckten. Das merkwürdige Gefühl von Kameradschaft, das sich zwischen ihr und dem kleinen Kerl so schnell entwickelt hatte, hätte außerhalb der Bandbreite ihrer Gefühle sein sollen. Und noch während sich die Freundschaft vertiefte, wurde ihr klar, dass sich darin eine
bevorstehende Funktionsstörung ankündigen könnte, wie die, die William, dem Butler, widerfahren war.
    Im Gegensatz zu den anderen waren ihr Mitgefühl, Demut und Scham gestattet – aber nur, damit Victor sich für ihren Schmerz und ihr Leid begeistern konnte. Es war nicht Victors Absicht gewesen, dass jemand außer ihm von den edleren Regungen seiner Erikas profitierte oder dass sich anderen die Gelegenheit bot, auf die zärtlicheren Aufmerksamkeiten seiner Frau mit etwas anderem als der Verachtung und der Brutalität zu reagieren, mit der er sie entgegennahm.
    Zu Glenda sagte sie: »Gehen Sie wieder in den Schlafsaal. Ich werde auswählen, was ich gebrauchen kann, und den Rest wieder wegräumen.«
    »Und es ihm niemals verraten.«
    »Es ihm niemals verraten«, bestätigte Erika.
    Glenda wollte sich schon abwenden, doch dann sagte sie: »Glauben Sie vielleicht …«
    »Vielleicht was, Glenda?«
    »Glauben Sie vielleicht … das Ende kommt bald?«
    »Meinen Sie das Ende der Alten Rasse, ein für allemal, wenn sie alle getötet werden?«
    Die Versorgerin sah Erika forschend in die Augen und wandte ihr Gesicht dann der Decke zu, als ihr Tränen in die Augen stiegen. Mit einer Stimme, die vor Furcht belegt war, sagte sie: »Es muss ein Ende finden, verstehen Sie, es muss wirklich ein Ende finden.«
    »Sehen Sie mich an«, sagte Erika.
    So gehorsam, wie es ihr Programm verlangte, sah Glenda ihrer Herrin wieder in die Augen.
    Mit ihren Fingern wischte Erika der Versorgerin die Tränen aus dem Gesicht. »Fürchten Sie sich nicht.«
    »Entweder das oder rasende Wut. Die Wut hat mich erschöpft. «
    Erika sagte: »Ein Ende naht.«
    »Sie wissen es?«
    »Ja. Schon sehr bald.«
    »Wie? Was für ein Ende?«
    »In den meisten Fällen ist nicht jedes Ende erstrebenswert, aber in diesem Fall … ist jedes Ende recht. Meinen Sie das nicht auch?«
    Die Versorgerin nickte kaum merklich. »Darf ich es den anderen sagen?«
    »Wird ihnen das Wissen helfen?«
    »Oh ja, Ma’am. Das Leben war schon immer hart, verstehen Sie, aber in der letzten Zeit ist es noch härter gewesen.«
    »Dann sagen Sie es ihnen unter allen Umständen.«
    Die Versorgerin musterte Erika, und auf ihren Zügen schien sich etwas auszudrücken, was Dankbarkeit so nahe kam, wie es ihre Gefühle nur irgend zuließen. Nach einem kurzen Schweigen sagte sie: »Ich weiß nicht, was ich sagen soll.«
    »Das weiß keiner von uns«, sagte Erika. »So sind wir nun mal.«
    »Auf Wiedersehen, Mrs Helios.«
    »Auf Wiedersehen, Glenda.«
    Die Versorgerin verließ den Lagerraum, und Erika schloss einen Moment lang die Augen, da sie unfähig war, die zahlreichen Kleidungsstücke anzusehen, die um sie herum auf dem Fußboden verstreut lagen.
    Sie wählte die Dinge aus, die ihrem Freund passen könnten.
    Die Kleidungsstücke der Hingerichteten waren trotz allem Kleidungsstücke. Und wenn das Universum nicht, wie Victor behauptete, ein sinnloses Chaos war, sondern wenn die Möglichkeit bestand, dass etwas heilig war, dann waren es diese anspruchslosen Kleidungsstücke ganz bestimmt,
denn sie waren von Unschuldigen getragen worden, die zu Märtyrern gemacht worden waren, sie waren geweiht, und sie könnten ihrem Freund nicht nur als Verkleidung dienen, sondern auch als Schutz auf einer viel höheren Ebene.

55.
    Duke führte sie über einen breiten Erdwall zwischen gewaltigen Gruben voller Abfälle und lief ihnen über die Müllkippe voraus, als sei ihm der Weg bekannt.
    Da der Mond und die Sterne

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