Frankie Machine - Winslow, D: Frankie Machine
abgedunkelten Van, benutzte die hintere Ausfahrt, um ihn vor der Presse zu schützen, und setzte ihn in der Innenstadt ab, damit er sich ein Taxi nehmen konnte.
»Ihr Haus sollten Sie besser meiden«, warnte ihn Dave. »Das wird von Reportern belagert.«
Henkel stieg ins nächstbeste Taxi.
Einen Block weiter hielt Frank an, Mike Pella stieg ein und rammte Henkel, bevor er wusste, wie ihm geschah, eine Spritze in den Oberarm.
Als Henkel aufwachte, saß er in der Wüste, nackt an einen Stuhl gefesselt. Ein Mann seines Alters, nur ein bisschen kleiner, saß ihm gegenüber und pfiff eine Arie, während er die Klinge eines Fischmessers hingebungsvoll über die zwei schräg stehenden Stäbe eines Messerschärfers zog.
Einmal links, einmal rechts.
Einmal links, einmal rechts.
Es war ein teurer Messerschärfer, den Frank gekauft hatte, um seine noch teureren Global-Küchenmesser in Schuss zu halten. Denn es gab nur wenig, was Frank mehr verabscheute als ein stumpfes Messer.
Dazu zählten zum Beispiel Leute, die kleinen Kindern was antaten.
Die standen bei ihm ganz oben auf der Liste.
Henkel wurde langsam munter.
Dass Jenna Mack ihn verschmäht hatte, war nicht weiter verwunderlich. Er war groß, dick, kahlköpfig, mit Speckrolle um den Bauch. Ein Kinnbart umrahmte seine fleischigen Lippen, und er hatte blassblaue Augen, die er weit aufriss vor lauter Fassungslosigkeit.
Sein Camper war in sechs Metern Entfernung geparkt.
In einer Schlucht, in der Wüste.
»Wo bin ich?«, fragte er. »Wer sind Sie?«
Frank sagte nichts. Er strich nur mit der Klinge über dieStäbe des Messerschärfers und genoss den Klang, den der Stahl auf dem Schleifstein erzeugte.
»Was zum Teufel soll das?«, brüllte Henkel. Er bäumte sich gegen die Stricke auf, die seine Arme an den Stuhl fesselten. Schaute nach unten und sah, dass seine Fußknöchel mit Klebestreifen an den Stuhlbeinen befestigt waren.
Frank pfiff eine Arie aus Gianni Schicchi .
»Sind Sie von der Polizei?«, fuhr ihn Henkel an. In seine Stimme mischte sich Panik. »Antworten Sie, verdammt noch mal!«
Frank strich mit der Klinge über den einen Stab, dann über den anderen.
Einmal links, einmal rechts.
Langsam und sorgfältig.
»Meine Anwälte machen Sie fertig!«, brüllte Henkel überflüssig laut.
Jetzt sah Frank ihn an. Er testete die Klinge an seinem Daumen und zuckte zusammen, als sie ihn schnitt. Er legte das Messer in den Schoß, entfernte die zwei Stäbe, schob sie ins Futteral zurück, ersetzte sie gemächlich durch zwei Titanstäbe und begann die ganze Prozedur von vorn.
Die Sonne ging gerade auf, blass und rosa.
Es war noch kalt hier draußen, und Henkel zitterte sowieso schon, aber jetzt begann er, vor Angst zu schlottern. »Hilfe! Hilfe!«, schrie er, obwohl er gewusst haben dürfte, dass es zwecklos war. Eine Wüstenratte wie Henkel dürfte gewusst haben, dass er sich weit draußen, mitten im Anza-Borrego Desert State Park befand und dass ihn niemand hören würde.
Er wird es wohl wissen, dachte Frank, so wie er weiß, dass niemand die Schreie von Carly Mack hören kann.
Frank strich mit der Klinge über die Titanstangen.
Erst über die eine, dann über die andere.
Henkel fing an zu weinen, dann gab seine Blase nach. DerUrin floss an seinem Bein herab und tropfte auf den Klebestreifen. Sein Kinn sackte auf die Brust, er wurde von Schluchzern geschüttelt.
Frank beendete die Arie aus Gianni Schicchi und wechselte zu » Nessun dorma «. Strich die Klinge erst über die eine Stange, dann über die andere. Er testete das Messer erneut, nickte zufrieden und verstaute die Stangen im Futteral. Dann stand er von seinem Hocker auf, legte die Klinge an Henkels Brust und sagte: »Harold, du musst dich jetzt entscheiden. Lebenslänglich, vielleicht auch die Todesspritze – oder ich ziehe dir die Haut ab.«
Henkel stöhnte.
»Ich frage nur ein einziges Mal«, sagte Frank. »Harold, wo ist das Mädchen?«
Henkel gab auf.
Er hatte Carly in einem alten Bergwerksschacht zurückgelassen, nur acht Meilen entfernt.
»Ist sie am Leben?«, fragte Frank und versuchte, das Beben seiner Stimme zu unterdrücken.
»Sie hat noch gelebt«, sagte Henkel.
Er hatte nicht die Nerven, sie umzubringen, nachdem er sie missbraucht hatte, also hatte er sie einfach zurückgelassen. Frank legte das Messer ab, zog das Handy aus der Tasche, rief Dave an und beschrieb ihm die Stelle. Dann sagte er zu Henkel: »Wir bleiben hier sitzen, bis wir Bescheid wissen. Und wenn du
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