Frankie Machine - Winslow, D: Frankie Machine
können, dass Vince nicht der Mann dafür ist.«
»Ich auch.«
»Frankie kenne ich ewig. Seit seiner Jugend. Hat auch mal für mich gearbeitet, damals. Ein harte Nuss.«
»Ich will ihn haben, Onkel Tony.«
Tony Jacks mustert ihn ein paar Sekunden, dann sagt er: »Das entscheidet Jack Tominello, mein Junge. Er ist der Boss.«
»Du müsstest der Boss sein«, sagt Jimmy. »Oder mein Vater. Die Giacomones, nicht die Tominellos. Ich sehe das so:Bringe ich das Ding in San Diego zu Ende, übernehme ich, was Vince dort am Laufen hatte.«
»Was weißt du denn davon?«
»Irgendwas mit Stripperclubs.«
»Da geht’s um viel mehr als um ein paar Stripperinnen.«
»Wieso eigentlich diese Aufregung wegen Frankie Machine?«, fragt Jimmy. »Was habt ihr gegen den?«
Tony Jacks beugt sich vor, und es scheint ihn Mühe zu kosten. Seine Stimme wird zu einem heiseren Flüstern. »Was ich dir jetzt erzähle, Jimmy, weiß nicht mal dein Vater. Nicht mal Jack weiß es. Und du darfst es keiner Seele weitererzählen, solange du lebst.«
»Verstanden.«
»Schwöre.«
»Ich schwöre bei Gott«, sagt Jimmy.
Tony Jacks erzählt ihm eine Geschichte. Sie reicht weit zurück und braucht ihre Zeit.
Als Jimmy the Kid das Haus seines Onkel verlässt, ist er hin und weg.
Einfach von den Socken.
17
Mouse junior aufzuspüren ist ein Kinderspiel.
Frank ruft die Auskunft an, lässt sich die Nummer von Golden Productions geben und tippt sie ein.
»Hallo«, sagt er zur Vermittlung, »ich bin der Caterer für den heutigen Drehtermin, und ich finde die Adresse nicht. Können Sie mir sagen, wo …?«
Im Valley, wo sonst.
San Fernando Valley ist die Porno-Hauptstadt der Welt. Man kann dort keinen Tennisball werfen, ohne einen nackten Arsch zu treffen. Als eingemeindeter Stadtteil von Los Angeles hat San Fernando vor Jahren versucht, sich abzuspalten – offenbar, um sich zur Porno-Republik auszurufen,denkt Frank, als er auf die 101 abbiegt und Richtung Valley fährt.
Erst kommt Hollywood und dann, weiter nördlich, kommt Rammelwood. An den Swimmingpools von Encino tummeln sich schwule Typen mit Viagra-Erektionen auf bloßen Matratzen und beackern drogensüchtige Bräute, was das Zeug hält.
Ungefähr so erotisch wie eine Darmgrippe, denkt Frank.
Aber die Wahrheit ist, dass sich mit diesem Industriezweig mehr Kohle machen lässt als mit Hollywood, Baseball, Football und Basketball zusammengenommen. Und wo Kohle gemacht wird, sind die Mobster nicht weit.
Er findet den Set ohne Mühe. Eine große Villa in Chatsworth mit ummauertem Garten und dem unvermeidlichen Swimmingpool. Dass er hier richtig ist, verrät ihm Mouse juniors Hummer, der draußen auf der Straße parkt. Was mal wieder zeigt, wie leichtsinnig die Jungs geworden ist – wollen einen um die Ecke bringen, verpfuschen es und fahren weiter mit ihrem Auto spazieren, als wär nichts gewesen.
Oder es ist eine Falle, denkt Frank.
Er fährt in der Gegend rum, hält Ausschau nach einem verdächtigen Auto, aber er sieht keins. Auch keine Wachen an der Straßenecke. Wenn Mouse junior Wachen dabei hat, sind sie alle am Set, zum Zugucken. Was wirklich hirnlos ist, denkt Frank, als er die Serpentine rauffährt, um einen Blick in den Garten zu werfen. Er hält in der Kehre, holt das Fernglas raus und sieht sich die Sache an.
Wenn ich Mouse junior abknallen wollte, könnte ich’s direkt vom Auto aus, mit einem einzigen Gewehrschuss, und seine Wachmänner hätten nichts weiter zu tun, als seine Leiche vom nassen Rasen wegzuräumen.
Denn dort steht er, der dumme kleine Drecksack, zusammen mit seinem noch dümmeren Freund Travis, und berät mit dem Regisseur und der Filmcrew, wo sie bei diesemRegen drehen sollen. Die Darsteller hängen missmutig unter der überdachten Terrasse ab, der Regisseur scheint zu überlegen, ob man dort auch drehen kann, und siehe da, schon laufen ein paar Leute los und rollen einen Liegestuhl unters Dach. Ein Assistent kommt mit dem Handtuch und wischt ihn trocken.
Was sehr umsichtig ist, denkt Frank. Auf einem trockenen Liegestuhl arbeitet es sich besser.
Frank nimmt Mouse junior ins Visier. Es wäre kinderleicht, ihn auszuknipsen, aber Frank will nicht Mouse junior, er will Informationen. Also muss er abwarten und auf seine Chance lauern.
Es gibt fünf Dinge, die den Zugriff erleichtern.
Leichtsinn.
Müdigkeit.
Feste Gewohnheiten.
Geld.
Sex.
Das sind sie schon. Das ist die ganze Liste.
Leichtsinn hat ihm Mouse junior schon reichlich geboten, so viel,
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