Franley, Mark
Mann ignorierte diese Aussagen, verstärkte seinen Griff und zog die beiden einfach mit sich eine Treppe hoch.
»Ich gehe da nicht rein!«, schrie Karla und versuchte den Fuß in die Tür zu bekommen, was ihr auch gelang. Doch dieser Michail stieß sie einfach nach hinten. Karla hatte der Kraft des Mannes nichts entgegenzusetzen, stolperte zwei Schritte rückwärts und stürzte dann zu Boden. Die Tür wurde zugezogen und der Schlüssel von außen umgedreht. Karla versuchte sich umzusehen, doch ihre Tränen nahmen ihr die Sicht. Erst als sie sich ein paar Mal über die Augen gewischt hatte, wurde ihr Blick langsam klarer. Sie stand auf und blickte sich resigniert um.
Die Einrichtung des Zimmers bestand nur aus einem großen Bett, dessen Bezug so weiß war, dass er trotz der dämmrigen Beleuchtung fast blendete. Der zweite Einrichtungsgegenstand war ein Brett an der Wand, an dem einige Lederriemen befestigt waren, und von dem sie keine Vorstellung hatte, zu was es gut sein konnte.
Dort wo einmal ein Fenster gewesen sein musste, hing jetzt ein großes Bild, das nackte Statuen zeigte, die Karla an einen Griechenlandurlaub mit ihren Eltern erinnerte. Sonst war das Zimmer leer. Unschlüssig, was sie nun tun sollte, ging sie noch einmal zu der Zimmertür und drückte die Klinke herunter, doch das Schloss gab keinen Millimeter nach. Entmutigt setzte sich Karla auf das Bett und lauschte in die Stille. Wie es Andreas wohl gehen würde? Ob er auch in so ein seltsames Zimmer gebracht wurde? Ihre Gedanken brachen ab, als das Geräusch von schweren Schritten durch die Tür drang. Dem Geräusch der Schritte folgte die Stimme eines anderen Mannes, der gerade fragte: »Haben Sie eine bekommen, die meinen Wünschen entspricht?« Dann hörte Karla die fröhliche Stimme der dicken Frau: »Neun Jahre und frisch wie eine Knospe im Frühling. Nur formen müssen Sie die Kleine noch, es könnte sein, dass sie am Anfang nicht so begeistert ist.« Es folgte eine kurze Stille, dann erwiderte der Mann: »Aber das ist ja gerade das Schöne daran. Hier haben Sie die ersten Zweihundertfünfzig.«
»Danke ... und hier ist Ihr Schlüssel zum Glück«, antwortete die Frau und wieder ertönten Schritte, die sich dieses Mal allerdings entfernten. Wieder war kurze Zeit nichts zu hören, dann wurde der Schlüssel in das Schloss geführt und die Tür öffnete sich.
Der Schlaf beendete den Film über Karlas Vergangenheit und stürzte sie in eine Traumwelt, die zwar nichts mit der Realität zu tun hatte, sie aber trotzdem in immer noch tiefere Abgründe führte.
–31–
Es war das Geräusch eines lebendigen Waldes, welches Sebastian von Hausner am Donnerstagmorgen aus dem Schlaf holte. Noch ließ er die Augen geschlossen und lauschte den Vogelstimmen, die sein Wecker von sich gab. Dann dachte er an seinen abendlichen Termin bei der Domina, die ihn schon am Telefon derart geil machte, dass er sie anbettelte, ihm möglichst schnell einen Termin zu geben.
Nach einigen Minuten verstummte der Wecker automatisch, doch nur, um sich kurze Zeit später mit einem wirklich fiesen Geräusch erneut zu melden. Nun schlug der Anwalt die Augen auf, drehte sich so weit zur Seite, wie es sein fülliger Bauch zuließ, und spürte, wie ihm heiß und kalt gleichzeitig wurde. Dann folgte das Gefühl, sich gleich übergeben zu müssen, und schließlich ließ ihn seine Angst erstarren. So schnell, wie er es nicht mehr für möglich gehalten hatte, setzte er sich auf und suchte den Raum mit seinen Augen ab. Dann rollte er sich zu der anderen Bettseite und sah sich panisch um. Erst als er sich sicher war, dass sich niemand mehr in dem Schlafzimmer befand, schob er sich aus dem Bett, eilte zu der Zimmertür, warf diese zu und drehte den Schlüssel um. Einige Schweißperlen vereinigten sich auf seiner Stirn, rollten über die Schläfe und tropften schließlich auf seine Schulter, was ihn erneut zusammenzucken ließ. Mit dem Rücken gegen die Tür gelehnt, versuchte er sich wieder unter Kontrolle zu bringen.
Wenn er zu seinem Telefon wollte, blieb ihm nichts anderes übrig, als das Ding, das darauf lag, herunterzuheben, oder das Schlafzimmer zu verlassen, um an sein Handy zu kommen. Unsicher machte Sebastian einige Schritte darauf zu und versuchte den Batzen Fleisch genauer einzuordnen. Erleichtert stellte er fest, dass es offensichtlich nicht von einem Menschen stammte, was aber nichts an dem Umstand änderte, dass heute Nacht jemand neben ihm gestanden war und ihn
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