Franley, Mark
zu der Kommissarin, die immer noch wie paralysiert auf die Fotos starrte, »du leitest die Gruppe, die sich um den Mord an der Frau des Arztes und um diese Klinik in Tschechien kümmert. Natürlich werdet ihr weiter zusammenarbeiten, eine Verflechtung dieser Taten liegt ja auf der Hand.« Noch immer ruhte Karls Blick auf der jungen Kommissarin, die nicht darauf reagierte. Mike, der das mitbekommen hatte, gab ihr einen kleinen Schubs mit dem Ellbogen, worauf sie leicht zusammenzuckte und »Was?« fragte.
Karl wiederholte seine Anweisung, schenkte Mike und sich einen weiteren Schnaps ein und fügte dann hinzu: »Aber für heute machen wir Schluss, ihr beide seht furchtbar aus! Ich rufe die Jungs vom Streifendienst an, die sollen euch nachhause bringen!«
Natalie schüttelte den Kopf. »Kann ich den Dienstwagen nehmen? Ich möchte morgen früh erst nach Erlangen zur Gerichtsmedizin und dann zu der Villa der Ravensteins, um mir ein Bild machen zu können. Ich war heute Morgen ja schon fast auf dem Weg nach München und kenne noch nicht einmal den Tatort.«
Karls Blick fiel auf das Schnapsglas, da die Kommissarin aber nur einen getrunken hatte, stimmte er zu. Dann griff er zum Telefon und orderte für sich und Mike eine Streife, die sie nachhause fahren sollte.
Bevor Mike sich erhob, hatte er noch eine Frage: »Woher hat diese Zeitung eigentlich die Fotos?«
Karl deutete auf den Namen des Reporters: »Dieser Paul Jahnke hatte sie heute Morgen in seinem privaten Briefkasten gefunden und natürlich erst veröffentlicht, bevor er sie zu uns brachte. Du weißt ja, wie diese Reporter sind.« Karl bereute die letzten Worte schon, als er sie aussprach, und Mikes Gesichtsausdruck zeigte, dass dieser Stich gesessen hatte. Ohne dass er es verhindern konnte, flammte das Bild seiner Ex-Freundin in ihm auf, die selbst Journalistin war und ihn auf eine ähnliche Weise hintergangen hatte.
»Die Fotos und der Umschlag sind bereits bei der KTU und werden untersucht. Aber unser Täter ...«
»Oder Täterin«, warf Mike ein.
»Oder Täterin «, wiederholte Karl, »muss seine Opfer jahrelang beobachtet haben.«
Nun deutete er auf das Bild des Lehrers: »Laut einem Bildvergleich hatte Herr Gebhard diese Frisur, als er noch als Lehrer tätig war und noch nicht auf der Straße lebte.«
Karl blickte noch einmal auf die Bilder der drei Opfer, dann packte er die Zeitung weg und wiederholte, während er aufstand: »Lasst uns für heute Schluss machen!«
–29–
Trotz seiner sehr gut laufenden Anwaltskanzlei wohnte Sebastian von Hausner nicht in einem Haus, sondern hatte sich eine Penthouse-Wohnung unweit seiner Anwaltskanzlei angemietet. Ein Investor hatte das Haus, welches die Verwüstungen des Krieges überstanden hatte, gekauft und aufwändig saniert.
Karla war schon einige Male hier gewesen und hatte sogar einmal einen Putzjob angenommen, um die Schwachstellen des Gebäudes zu finden.
Trotz des Gewitters, das am Abend über die Stadt gezogen war, hatte sich die Luft kaum abgekühlt. Selbst jetzt, um drei Uhr morgens, waren es noch über zwanzig Grad, und obwohl sie nur eine sehr dünne Maske über den Kopf gezogen hatte, bildeten sich bereits Schweißränder auf der Stirn. Doch es half nichts, der komplette Eingangsbereich wurde mit Kameras überwacht und einen anderen Weg gab es nicht.
Noch im Auto holte sie die kopierte Chipkarte für den Schließmechanismus der Haustür aus dem kleinen Rucksack, kontrollierte die Maske im Rückspiegel und stieg aus. Die schmale Gasse, welche links von der alten Stadtmauer und rechts durch Altbauten begrenzt wurde, lag menschenverlassen vor ihr und auch in den zahlreichen Kneipen brannten keine Lichter mehr. Sich eng an der Mauer und damit außerhalb des Lichtes der Straßenlaternen haltend, ging Karla zügig bis zu dem Haus mit dem unpassend modernen Eingang. Den Kopf gesenkt haltend führte sie die Chipkarte ein, worauf ein kleines Lämpchen von Rot auf Grün sprang und das Türschloss ein leises Knacken von sich gab. In dem Haus gab es sieben exklusive Wohnungen, je zwei in jedem der drei Stockwerke und Hausners Penthouse-Wohnung in der obersten Etage. Den Aufzug ignorierend durchschritt Karla den Eingangsbereich, öffnete die Milchglastür zum Treppenhaus und begann die Treppen hochzusteigen. Das Licht der Deckenbeleuchtung passte ihr gar nicht, doch die Bewegungsmelder ließen sich nicht abschalten, sie konnte nur hoffen, dass um diese Zeit niemand mehr unterwegs war. In der vierten
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