Franley, Mark
gehen?«
Michail nickte und sprach mit jetzt wieder völlig ruhiger Stimme: »Ja. Ich muss sowieso noch ein paar Leute der deutschen Obrigkeit wegen Samstag anrufen. Wir wollen ja schließlich unseren Ruf verbessern.« Der Gedanke schien ihn zu amüsieren, denn ein leichtes Lächeln legte sich um seine Augen. Dimitrij verließ den Raum und klappte sein Handy auf.
Bis auf zwei Aufpasser für das Schloss und einen für Wladimirs Schule hatte Dimitrij alle Leute nach Nürnberg geschickt. Da er davon ausging, dass derjenige, der heute Nacht den Anwalt besucht hatte, diesem erst einmal etwas Angst machen wollte, war dies auch eine Chance. Der Leibwächter war sich sicher, dass Hausner der Nächste auf der Liste war, und wollte ab jetzt Tag und Nacht genügend Männer um ihn herum haben, um diese oder diesen Irren zu fangen. Vielleicht konnte er so den Spuk bis zu der Einweihungsfeier beenden, was ihm sicher eine schöne Prämie einbringen würde.
Sergej und Andrej waren als direkter Personenschutz für Hausner eingeteilt, auch weil die beiden in keiner Datei der Polizei vertreten waren. Für alle anderen Männer war es besser sich im Hintergrund zu halten. Einer blieb in der Wohnung des Anwalts, einer saß in der Kanzleiküche und zwei begleiteten Sergej, Andrej und den Anwalt in einiger Entfernung, als diese sich auf den Weg zu Nürnbergs Hauptwache machten.
Gleich nach dem Haupteingang setzten sich Andrej und Sergej in den Wartebereich und Sebastian von Hausner ging mit dem kleinen Aktenkoffer, den ihm Dimitrij mitgeschickt hatte, weiter zu den Räumen der Mordkommission. Dort angekommen, erkundigte er sich nach dem Chef der Abteilung und landete schließlich bei Karl Steinbachs Sekretärin.
Nach einem kurzen Telefonat öffnete sich dessen Bürotür und der Leiter der Mordkommission kam mit den Worten »Guten Morgen, Herr Stadtrat, was führt Sie zu mir?« auf ihn zu.
Hausner erhob sich und erwiderte mit seinem einstudierten Lächeln: »Guten Morgen, Herr Steinbach, das mit dem Stadtrat können Sie heute weglassen, ich bin als Anwalt hier!« Dann nahm er den Aktenkoffer und deutete auf die Tür: »Können wir uns da drinnen unterhalten? Es geht um diese Mordserie.«
Karl dachte kurz nach, wandte sich zu seiner Sekretärin und wies diese an: »Rufen Sie bitte Mike an, er soll in mein Büro kommen!« Anschließend drehte er sich zur Tür und machte eine einladende Geste zu Hausner: »Bitte kommen Sie herein. Möchten Sie einen Kaffee?« Hausner, der seit dem unschönen Erwachen Probleme mit dem Kreislauf hatte, lehnte dankend ab und ging hinein. Noch während sie Platz nahmen, klopfte Mike an die Tür, trat ein und stellte sich Hausner vor. Als alle drei saßen, lehnte sich Karl zurück und fragte: »Also, wie können wir Ihnen helfen?«
Für einen Augenblick vergaß der Anwalt, was passiert war, und ließ ein überlegenes Grinsen zu: »Ich glaube eher, dass ich Ihnen helfen kann!« Dann ließ er die beiden Schnallen des Koffers aufschnappen und öffnete ihn. Karl und Mike warteten gespannt, was nun kommen würde, und waren fast schon enttäuscht, als Hausner nur eine DVD ohne Beschriftung herauszog und in die Mitte des großen Schreibtisches legte. Da niemand etwas sagte, wollte Mike danach greifen und sich die Scheibe genauer ansehen, doch der Anwalt zog sie wieder ein Stück zu sich und sagte: »Auf diesen Filmen ist der vermutliche Mörder von Dr. Ravenstein zu sehen. Ich wurde beauftragt Ihnen den Datenträger zu überlassen, wenn Sie dafür einen Blick in Ihren Computer werfen und mir sagen, was Sie zu einer gewissen Person wissen.«
Karls entspannter Gesichtsausdruck veränderte sich schlagartig, mit zusammengekniffenen Augen fragte er: »Wollen Sie uns erpressen? Sie geben mir jetzt augenblicklich diese Schreibe!«
Nun war Hausner in seinem Element. Dieses Mal war er es, der sich zurücklehnte und entspannt erwiderte: »Herr Steinbach, Sie wissen so gut wie ich, dass Sie einem Anwalt nichts wegnehmen dürfen. Der Staatsanwalt würde Sie in der Luft zerreißen und außerdem kommen wir so doch nicht weiter.«
Mike drückte seine Finger derart fest zur Faust, dass sich die Fingernägel in seine Haut bohrten. Nichts brachte ihn mehr auf die Palme, als solche Situationen. Gerade noch beherrscht fragte er: »Wer ist Ihr Auftraggeber?« Im Grunde konnte Mike sich die Frage selbst beantworten, aber er wollte es von Hausner hören. Dieser breitete die Arme aus, als würde er eine Predigt halten und sagte: »Das darf ich
Weitere Kostenlose Bücher