Franz Eberhof 05 - Sauerkrautkoma
Heizungsstory ziemlich ausführlich, was ein ganzes Bier über dauert. Er hört aufmerksam zu und stellt fachliche Fragen, die ich aber beim besten Willen nicht beantworten kann.
Beim zweiten Glas muss ich dann fragen, was es denn überhaupt so auf sich hat mit seiner Anwesenheit hier und ob er nicht bald heim muss zu seinem holden Weib und den Kindern. Jobsharing wär das Geheimnis, sagt er. Weil er und die Mary, sie sind nämlich jetzt draufgekommen, dass es niemandem nützt, wenn beide ständig gleichzeitig das Nest bewachen. Weil dann beide immer fix und fertig sind und todmüde und sich nur gegenseitig das Leben zur Hölle machen. Jetzt haben sie also beschlossen, ab sofort im Wechsel zu arbeiten. Und heute … heute wär eben sein erster freier Tag. Auf meine Frage nach seiner Arbeit als Gas-Wasser-Heizungspfuscher winkt er nur ab. Da wär grad kaum dran zu denken. Vermutlich kann er da erst wieder richtig loslegen, wenn die Amy-Gertrud irgendwann mal zu brüllen aufhört und endlich durchschläft.
»Vielleicht solltet ihr sie einfach mal brüllen lassen«, schlag ich so vor und ordere noch zwei Halbe.
»Das hab ich auch schon gesagt, aber das will die Mary nicht.«
»Muss sie ja auch nicht. Kannst du ja prima in deiner Schicht machen.«
Er schaut mich an. Und fängt an zu grinsen. Darauf stoßen wir an.
»Nächste Woche geht’s los, Franz«, sagt er dann und wischt sich den Mund am Ärmel ab. »Nächste Woche beginnt der Zumbakurs in der VHS in Landshut. Super Sach’, sag ich dir.«
»Zumba?« Ich schau ihn offenbar so dämlich an, dass er gleich eine Erklärung hinterherschiebt.
»Also, das ist jetzt quasi die modische Neuauflage von Aerobic, weißt scho’. Nur bloß mit mehr Folklore, ich glaub von Lateinamerika drüben.«
»Soso, Folklore. Aber: Ist das nicht eher was für Weiber?«
»Exakt!«, sagt er und zwinkert mir zu. Ich hab ihn schon verstanden.
»Die Susi, die ist ja jetzt in Paris, gell?«, will er anschließend wissen.
»Ja, Paris«, sag ich und nehm noch einen Schluck Bier. »Wie isses denn da so? Ich mein, du warst ja vor kurzem auch dort, oder?«
»Furchtbar, Franz! Ganz furchtbar!«, sagt der Flötzinger noch. Und dann beginnt er zu erzählen. Dass Paris im Grunde genommen gar nicht so furchtbar sein müsste. Furchtbar wird es eigentlich erst, wenn man mit einer Schwangeren dort hinkommt. Weil dicke Füße und Kurzatmigkeit und Blasenschwäche und Übelkeit und auf diesen ganzen verdammten Champs-Elysées kein einziges Scheißhaus, wo die Mary nicht drin war. Ja, gut, da hätt ich dann auch keine Lust auf Paris, muss ich jetzt schon sagen. Eigentlich hab ich ja sowieso keine Lust auf Paris. Nicht die geringste. Weil’s da mit Sicherheit kein Kalbsgeschnetzeltes gibt. Und keinen Saustall. Und einen Ludwig auch nicht. Und erst recht keinen Wolfi.
Dann geht die Tür auf, und der Simmerl kommt rein.
»Die Mädels haben grad angerufen«, sagt er, hebt die Hand, wirft seinen Kopf in den Nacken und will damit wohl dem Wolfi bedeuten, dass er richtig viel Durst hat. »Sie sind gut angekommen, und das Hotel ist spitze!«
Na, wenn das kein Grund zum Feiern ist. Der Wolfi stellt Bier hin und dreht die Musik etwas lauter, und in null Komma nix lässt Brian Johnson hier die Bude beben.
Am nächsten Tag geht’s mir irgendwie gar nicht so gut. Und weil mir die Susi jetzt doch irgendwie fehlt und mir echt langweilig ist, geh ich notgedrungen am Abend dann wieder zum Wolfi. Dazu muss man vielleicht wissen, dass das Unterhaltungsprogramm hier bei uns in Niederkaltenkirchen schon eher übersichtlich ist. Wie der Rudi schon gesagt hat, kein Theater, kein Kino, kein gar nix. Und mit Fernsehen ist heute auch nix. Einfach, weil ich keinen Tierarzt ertragen kann, der seine Jugendfreundin bei der Beerdigung ihres Vaters nach zwanzig Jahren wiedersieht und dann nachts bei der schweren Geburt eines weißen Fohlens zufällig mit dem Arm an ihre Brust stößt, kurz innehält, um Sekunden später schmachtenden Blickes mit ihr ins Heu zu fallen. Freilich läuft auf den anderen Sendern nicht das Gleiche, besser ist es aber auch nicht. So verbring ich das Wochenende mit Ausnahme der Ludwig-Runde abwechselnd im Wirtshaus, bei der Oma am Esstisch und im Bett. Irgendwann kommt der Papa über’n Hof geschlichen und kündigt die erneute Anwesenheit vom Leopold an. Die Therapie wär nun abgeschlossen, sagt er. Und jeder der Ehepartner soll sich nun ein paar Tage lang seine eigenen Gedanken machen über den
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