Franz Eberhof 05 - Sauerkrautkoma
anderen.
»Ich brauch bis morgen unbedingt so einen Scheißverlobungsring«,sag ich, steh auf und schenk mir noch einen Kaffee ein. »Da muss ich heut in der Mittagspause unbedingt mal schnell zum Karstadt rüber. Die Oma, die hat mir da nämlich ein paar Gutscheine mitgegeben. Fünfzehn Prozent. Auf alles. Astreine Sache. Die haben doch da sicherlich auch so was wie eine Schmuckabteilung, oder?«
»Du willst deiner Susimaus einen Verlobungsring beim Karstadt kaufen? Hast du sie noch alle, Eberhofer?«
Ich versteh die Frage nicht.
»Wo ist das Problem?«, will ich deswegen wissen.
»Beim Karstadt, Mann, da kauft man Unterhosen. Oder einen Rollkragenpullover. Von mir aus auch ein Bügeleisen. Aber man kauft definitiv keinen Verlobungsring beim Karstadt!«
Bei der Stelle mit dem Bügeleisen muss ich kurz überlegen. Aber gleich fällt mir ein, dass wir so ziemlich alle Elektroartikel im Zehnerpack zu Hause haben. Schließlich gibt’s Gutscheine ja nicht erst seit heute. Und auch nicht nur vom Karstadt. Nein, die Oma, die dürfte ein gutes Dutzend Bügeleisen vorrätig haben. Und alle noch originalverpackt.
»Also kein Karstadt?«, frag ich den Rudi und schau ihn dabei an.
»Nein!«
»Sondern?«
»Ja, Tiffany natürlich. Einen Verlobungsring kauft man bei Tiffany, Franz. Und sonst nirgends. Die haben eine wunderbare Auswahl dort und alles nur Teile von allererster Güte. Und rein zufällig hab ich bei denen in der Vorweihnachtszeit mal den Security gemacht. Da dürfte also wohl auch das eine oder andere Prozentchen rausspringen.«
Und so machen wir uns in der Mittagspause auf den Weg zur Tiffany-Filiale in der Residenzstraße. Das mit der Auswahl ist richtig. Das mit der Güte kann ich nicht beurteilen.Was ich aber durchaus beurteilen kann, sind diese gepfefferten Preise. Ganz davon abgesehen, dass man sich hier im Hause nicht im Geringsten an den Rudi erinnern kann, und, sorry, nein, Prozente gibt’s leider auch keine. Schließlich wären wir ja nicht auf einem türkischen Basar, gell. Mir kullert schon der Angstschweiß den Buckel runter, und ich frag mich, wie ich aus dieser Nummer wieder rauskommen soll. Schließlich bin ich nicht bereit, ein halbes Jahresgehalt für einen Verlobungsring hinzublättern. Dann aber, dann passiert etwas ganz Sonderbares. Dann nämlich runzelt die blondgefärbte Dürre, die uns bis gerade eben noch das gesamte Sortiment sehr freundlich präsentiert hat, ziemlich abfällig ihre Stirn und beginnt die Ringe wieder wegzupacken. Und diese Handlung unterstreicht sie mit einem folgenschweren Satz. Und zwar: »Vielleicht finden Sie ja woanders etwas in Ihrer Preisklasse.«
Daraufhin entscheid ich mich sofort für den Schönsten. Und freilich ist es auch der Teuerste. Genau genommen ist es jetzt ein ganzes Jahresgehalt, was hier gerade draufgeht. Aber so etwas kann ich mir doch nicht bieten lassen. Ja, was glaubt denn dieser alte Bleichspargel eigentlich, wer sie ist? Und wen sie vor sich hat? Und überhaupt, bezweifelt die etwa, dass mir für meine zukünftige Gattin nicht sowieso nur das Beste grade gut genug ist?
Jetzt wird sie natürlich wieder unglaublich nett und beginnt auch gleich damit, das Schmuckkästchen äußerst liebevoll und mit geschickten Händen zu verpacken. Dabei kann sie gar nicht aufhören, mir zu erklären, dass ich nun tatsächlich ein absolutes Highlight aus der aktuellen Kollektion ergattert habe, das noch dazu ein richtiger Klassiker ist. Ja, wirklich, ein richtiger Klassiker. Und dass sogar die Grace Kelly, also diese Fürstin von Dingsbums, ja selbst die hatte einen ganz ähnlichen Ring zu ihrer Verlobung. Ja, gut, dasdürfte den finanziellen Rahmen der Grimaldis wohl nicht wirklich gesprengt haben. Wobei ich mich ehrlich frage, wie ein Fürstentum, das die Größe hat von der Oma ihrem Gemüsebeet, so dermaßen reich werden kann. Aber gut. Bei mir sieht das allerdings etwas anders aus. Auf einmal wird mir irgendwie schlecht.
»Mir wird grade irgendwie schlecht«, sag ich deswegen zum Rudi.
»Ja, dann geh halt mal kurz raus an die frische Luft und atme tief durch. Kein Mensch braucht dich hier beim Verpacken«, sagt der Rudi und grinst.
Gut. Raus an die frische Luft. Tief durchatmen. Herrlich.
Wie ich am Abend beim Rudi eintreff, ist er ziemlich sauer. Und freilich hab ich das auch so erwartet. Umgekehrt wär ich mindestens genauso sauer. Weil es schon ziemlich scheiße ist, wenn man einen Freund beim Einkaufen begleitet und dieser dann praktisch
Weitere Kostenlose Bücher