Franz Eberhof 05 - Sauerkrautkoma
zum Wolfi rein. Weil aber seine Gattin genau denselben Entschluss gefasst hatte und er auf gar keinen Fall mit ihr gemeinsam hinwollte, da ist er praktisch urplötzlich vor einem echten Problem gestanden, sagt er. Überhaupt ist die Gisela so was von komisch, seit sie von Paris zurück ist. Pausenlos redet sie jetzt von Haute Couture und irren Frisuren. Und von High Heels, was immer das auch sein soll. Außerdem will sie sich jetzt auch noch allen Ernstes das Fett absaugen lassen. Undzwar körperumfassend. Dazu aber hat ihr Gatte überhaupt keine Lust. Weil erstens zu viel Kohle, und zweitens mag er sowieso jedes einzelne Wammerl an ihr. Also driften die Fronten momentan weit auseinander im Hause Simmerl. Und was den Flötzinger betrifft, da ist es ein klein bisschen anders, und zwar so: Heute ist nämlich Marytag. Will heißen, dass sie heute zuständig ist für den Querulanten-Nachwuchs. Aber auf einmal hat das blöde Telefon geläutet, und die Gisela ist dran gewesen. Und da hat die Mary einfach holterdiepolter den Dienstplan geändert und verkündet, sie müsse sich heute unbedingt um ihre Freundin kümmern. Einfach, weil die jetzt dringend einen Rat braucht. Gut, hat der Flötzinger darauf gesagt, kümmer dich, um wen immer du möchtest, aber kümmer dich zu Hause. Weil ich nämlich jetzt weg bin. Und bevor sein Weib auch nur blinzeln konnte, ist er im Auto gesessen und hat den Simmerl abgeholt. Und jetzt … jetzt sind sie halt hier. Ja, man sieht langsam, dass die Sorge um meine eigene Person nicht wirklich im Fokus gestanden ist bei den beiden. Nichtsdestotrotz ist es schön, dass sie da sind, und wir leeren den ganzen Kasten, und hinterher hauen wir uns hin, wo grad Platz ist.
So ein Gespräch unter Männern, das tut schon manchmal richtig gut.
Am nächsten Vormittag schiebt die Steffi zu mir ins Büro. Genauer schiebt sie einen Kinderwagen vor sich her, in dem ihr Kronprinz hockt und an einer Breze lutscht. Sie hat auch gar nicht lang Zeit, sagt sie. Aber wir sollten schon mal kurz über den Fall drübergehen. Nachdem sie sich ’nen Kaffee geholt hat, haut sie sich in ihren Bürostuhl und öffnet den Ordner vom Rudi.
»Was haben wir denn bislang?«, fragt sie und pustet in ihre Tasse.
»Wenig bis nichts«, sag ich.
»Du hast gesagt, diese Branka hatte kaum persönliche Kontakte. Keine Freunde, kein Lover. Nur ihre eigene Familie und die Dettenbecks.«
»So schaut’s aus.«
»Ungewöhnlich für ein Mädchen dieses Alters.«
»Ungewöhnlich, aber halt nicht ausgeschlossen.«
»Aber irgendjemand muss doch der Kindsvater sein, Mensch. Eine unbefleckte Empfängnis ist ja wohl eher unwahrscheinlich.«
»Das siehst du völlig richtig.«
»Also, wenn da tatsächlich kein soziales Umfeld vorhanden ist, wer könnte dann infrage kommen? Oder anders gesagt: Welcher der paar wenigen uns bekannten Männer wäre womöglich der Vater?«
»Mal vorausgesetzt, dass sie nicht unterwegs irgendwo vergewaltigt wurde.«
Die Steffi schüttelt den Kopf. »Nein, Franz, das glaub ich kaum. Deinen Notizen zufolge war das Mädchen ja eigentlich nirgendwo. Selbst wenn sie von München nach Leipzig unterwegs war, dann wurde sie entweder von der Dettenbeck oder von dieser Haushälterin, wie hieß die noch gleich, ach, Schneller, genau, von dieser Schneller zum Bahnhof gebracht. Und in Leipzig ist sie auch jedes Mal direkt von der Familie abgeholt worden. Wo also sollte sie bitte schön vergewaltigt werden? Im Zugabteil?«
»Ist auch schon passiert.«
Die Steffi zieht eine Augenbraue hoch und schaut mich an.
»Okay, eher nicht«, sag ich deswegen.
»Noch mal von vorne. Wer kommt als Vater infrage?«
»Der Dettenbeck, ihr Onkel und ihr eigener Vater. Sonst hatte sie meines Wissens keinerlei weitere Kontakte männlicher Art«, sag ich noch so und hole mein Telefon hervor. Dann rufe ich mal den Günter an. Was ist denn jetzt mitdieser Scheiß-DNA, will ich wissen. Irgendwie scheint er heut etwas empfindlich zu sein. Jedenfalls klingt er hörbar genervt. Verspricht aber, morgen, spätestens übermorgen, mit verwertbaren Ergebnissen aufwarten zu können. Na also, geht doch.
»Wenn es einer von diesen dreien war, dann wissen wir es spätestens übermorgen«, sag ich und steh auf.
»Wo willst du jetzt hin?«, will sie wissen.
»Mann, diesen Frauenarzt, den haben wir total vergessen. Ich fahr da jetzt mal hin. Vielleicht weiß der irgendetwas.«
»Ja, prima«, sagt sie. »Und bring seine Zahnbürste mit. Vielleicht ist er ja
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