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Franz Sternbalds Wanderungen

Franz Sternbalds Wanderungen

Titel: Franz Sternbalds Wanderungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Tieck
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Geschichte, so wie ich Euch eine erzählt habe. Seht diese wunderbaren Moose. Ich weiß nicht, was alles dergleichen in der Welt soll, und doch besteht daraus die Welt. So tröste ich mich über mich und die übrigen Menschen. Die unendliche Mannigfaltigkeit der Gestalten, die sich bewegen, die gleichsam mehr ein Leben erstreben und andeuten, als wirklich leben, beruhigt mich, daß auch ich vielleicht so sein mußte, und mich von meiner Bahn niemals so sehr verirrt habe, als ich wohl ehemals wähnte.« –
    Es war indessen spät geworden. Franz wollte gehen, ihm aber gern vorher etwas abkaufen, damit er ihm auf eine leichtere Art ein Geschenk machen könne. Er sah noch einmal umher, und begriff es selber nicht, wie ihm ein kleines Bild habe entgehen können, das er nun jetzt erst bemerkte. Es war das genaue Bildnis seiner Unbekannten, jeder Zug, jede Miene, soviel er sich nur erinnern konnte. Er nahm es hastig herab und verschlang es mit den Augen, sein Herz klopfte ungestüm. Als er darnach fragte, erzählte der Alte, daß es eine junge Dame vorstelle, die er vor einem Jahre gemalt habe; sie habe ihn besucht, und ihr holdseliges Gesicht habe sich seinem Gedächtnisse dermaßen eingeprägt, daß er es nachher mit Leichtigkeit habe zeichnen können. Weitere Nachrichten konnte er von der Unbekannten nicht geben.
    Franz bat um das Bild, das ihm der Alte gern bewilligte. Franz drückte ihm hierauf ein größeres Geschenk in die Hand, als er ihm anfangs zugedacht hatte. Der Alte steckte es ein, ohne die Goldstücke nur zu besehen, dann umarmte er ihn und sagte: »Bleibe immer herzlich und treu gesinnt, mein Sohn, liebe deine Kunst und dich, dann wird es dir immer wohl gehen. Der Künstler muß sich selber lieben, ja verehren, er darf keiner nachteiligen Verachtung den Zugang zu sich verstatten. Sei in allen Dingen glücklich!«
    Franz drückte ihn an seine Brust und ging dann den Berg hinunter.
    Er war durch die Erzählung des alten Mannes wehmütig geworden, es leuchtete ihm ein, daß es ihm möglich sei, sich auch über seine Bestimmung zu irren, dabei war mit frischer Kraft das Andenken und das Bild seiner Geliebten in seine Seele zurückgekommen. Er langte im Schlosse an, indem er den Weg kaum bemerkt hatte, von der Gräfin war er schon vermißt, sie war auf ihr Bildnis begierig, und er mußte gleich am folgenden Morgen weitermalen. Franz fand sie an diesem Tage mutwilliger als je, sie scherzte und lachte, und auch Franz fühlte sich so vertraulich zu ihr, daß er ihr von seiner Wallfahrt zum alten Maler erzählte, dessen Geschichte er ihr kürzlich wiederholte. Die Gräfin sagte: »Nun wahrlich, der alte Einsiedler muß Euch auf eine ungemeine Art liebgewonnen haben, da er so viel mit Euch gesprochen hat, denn es ist sonst schon eine große Gefälligkeit, wenn er dem Fragenden nur ein einziges Wort erwidert, soviel ich aber weiß, hat er bisher noch keinem seine Geschichte erzählt.«
    Franz zeigte ihr hierauf mit Zittern das Gemälde, das er gekauft hatte. Die Gräfin sagte erstaunt: »Wie? Mein eignes Bild bringt Ihr mit herunter, junger Mann? Die Aufmerksamkeit ist schmeichelhaft für mich.« »Das Eurige?« rief Franz bestürzt und sich vergessend, und jetzt wurde ihm die Ähnlichkeit noch deutlicher, und auf einen Augenblick ließ er sich durch den Gedanken entsetzen, daß es möglich sei. »Ach!« sagte die Gräfin plötzlich, und seufzte tief: »Nein, sie ist es, meine arme, unglückliche Schwester!«
    »Eure Schwester?« sagte Franz erschrocken, »und Ihr nennt sie unglücklich?«
    »Und mit Recht«, antwortete die Gräfin, »sie hat viel gelitten, jetzt ist sie seit neun Monaten tot.«
    Franz verlor die Sprache, seine Hand zitterte, es war ihm unmöglich, weiterzumalen. Jene fuhr fort: »Sie trug und quälte sich mit einer unglücklichen Liebe, die ihr Leben wegzehrte; vor einem Jahre machte sie eine Reise durch Deutschland, um sich zu zerstreuen und gesunder zu werden, aber sie reiste in ihre Heimat zurück und starb. Der Alte hat sie damals gesehen, und wie ich jetzt erfahre, nachher gemalt.«
    Franz war durch und durch erschüttert. Er stand auf und verließ den Saal. Er irrte umher, und warf sich endlich weinend an der dichtesten Stelle des Gehölzes nieder: die Worte, die ihn betäubt hatten, schallten noch immer in sein Ohr. – »So ist sie denn auf ewig mir verloren, die niemals mein war!« rief er aus. »O wie hart ist die Weise, mit der mich das Schicksal von meinem Wahnsinn heilen will! O ihr

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