Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Franz Sternbalds Wanderungen

Franz Sternbalds Wanderungen

Titel: Franz Sternbalds Wanderungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Tieck
Vom Netzwerk:
Blumen, ihr süßen Worte, die ihr mir so erfreulich wart! Du holdselige Schreibtafel, ihr Erinnerungen, ach! nun ist alles vorüber! Von diesem Tage, von heut ist meine Jugend beschlossen, alle jungen Wünsche, alle liebreizenden Hoffnungen verlassen mich nun, alles ruht tief im Grabe. Nun ist mein Leben kein Leben, mein Ziel, nach dem ich strebte, ist hinweggenommen, ich bin einsam. Das Haupt, das meine Sonne war, nach dem ich mich wie die Blume wandte, liegt nun unkenntlich im Grabe. Ja, Anselm, sie ist nun auch in den großen weiten Wald wieder hineingeflogen, meine liebste Sängerin, die ich so gern an diesem Herzen beherbergt hätte, aller Gesang erinnert mich nur an sie, die fließenden Waldbäche hier ermuntern mich, immerfort zu weinen, so wie sie selber tun. Was soll mir Kunst, was Ruhm, wenn sie nicht mehr ist, der ich alles zu Füßen legen wollte?«

Siebentes Kapitel
    Am folgenden Tage kam Rudolph zurück, vor dem Franz sein Geheimnis nun noch geflissentlicher verbarg; er fürchtete den heitern Mutwillen seines Freundes, und mochte diese Schmerzen nicht seinen Spöttereien preisgeben. Rudolph erzählte ihm mit kurzen Worten die Geschichte seiner Wanderschaft, wo er sich herumgetrieben, was er in diesen Tagen erlebt. Franz hörte kaum darauf hin, weil er mit seinem Verluste zu innig beschäftigt war.
    »Du hast ja hier einen Verwandten gefunden«, sagte Sternbald endlich, »aber mich dünkt, du freust dich darüber nicht sonderlich.«
    »Meine Familie«, sagte jener, »ist ziemlich ausgebreitet, ich bin noch niemals lange an einem Orte geblieben, ohne einen Vetter oder eine Muhme anzutreffen. Darum ist mir dergleichen nichts Ungewöhnliches. Dieser da ist ein guter langweiliger Mann, mit dem ich nun schon alles gesprochen habe, was er zu sagen weiß. Ihr führt aber übrigens hier ein recht langweiliges Leben, und du, mein lieber Sternbald, wirst darüber ganz traurig und verdrüßlich, so wie es sich auch ziemt. Ich habe also dafür gesorgt, daß wir einige Beschäftigung haben, womit wir uns die Zeit vertreiben können.«
    Er hatte alle Diener des Schlosses auf seine Seite gebracht und beredet, auch einige andre, besonders Mädchen aus der Nachbarschaft eingeladen, um am folgenden Tage ein lustiges Fest im Walde zu begehn. Franz entschuldigte sich, daß er ihm nicht Gesellschaft leisten könne, aber Florestan hörte nicht darauf. »Ich werde nie wieder vergnügt sein«, sagte Franz, als er sich allein sah, »meine Jugend ist vorüber, ich kann auch nicht mehr arbeiten, wenn ich in der Zukunft vielleicht auch geschäftig bin.«
    Der folgende Tag erschien. Florestan hatte alles angeordnet. Man versammelte sich nachmittags im Walde, die Gräfin hatte allen die Erlaubnis erteilt, der kühlste, schattigste Platz wurde ausgesucht, wo die dicksten Eichen standen, wo der Rasen am grünsten war. Rudolph empfing jeden Ankömmling mit einem fröhlichen Schalmeiliede, die Mädchen waren zierlich geputzt, die Jäger und Diener mit Bändern und bunten Zieraten geschmückt. Nun kamen auch die Spielleute, die lustig aufspielten, wobei Wein und verschiedene Kuchen in die Runde gingen. Die Hitze des Tages konnte an diesen Ort nicht dringen, die Bäche und fernen Gewässer spielten wie eine liebliche Waldorgel dazu, alle Gemüter waren fröhlich.
    Im grünen Grase gelagert, wurden Lieder gesungen, die alle Fröhlichkeit atmeten: da war von Liebe und Kuß die Rede, da wurde des schönen Busens erwähnt, und die Mädchen lachten fröhlich dazu. Franz wehrte sich anfangs gegen die Freude, die alle beseelte, er suchte seine Traurigkeit, aber der helle, liebliche Strom ergriff auch ihn mit seinen kristallenen plätschernden Wellen, er genoß die Gegenwart und vergaß, was er verloren hatte. Er saß neben einem blonden Mädchen, mit der er bald ein freundliches Gespräch begonn, und den runden frischen Mund, die lieblichen Augen, den hebenden Busen heiter betrachtete.
    Als es noch kühler ward, ordnete man auf dem runden Rasenplatze einen lustigen Tanz an. Rudolph hatte sich auf seine Art phantastisch geschmückt, und glich einer schönen idealischen Figur auf einem Gemälde. Er war der Ausgelassenste, aber in ihm spiegelte sich die Fröhlichkeit am lieblichsten. Franz tanzte mit seiner blonden Emma, die manchen Händedruck erwiderte, wenn sie den Reigen herunter ihm entgegenkam.
    Da aber der Platz für den Tanz fast ein wenig zu eng war, so sonderten sich einige ab, um auszuruhen; unter diesen waren Florestan, Sternbald und

Weitere Kostenlose Bücher