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Franz Sternbalds Wanderungen

Franz Sternbalds Wanderungen

Titel: Franz Sternbalds Wanderungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Tieck
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und die Bedeutung der Figuren erhöht. Daher mache ich oft aus meiner Einbildung Gewand und Kleidung, die vielleicht niemals getragen sind. Ich muß gestehen, ich setze gern einem wilden bösen Kerl eine Mütze von seltsamer Figur aufs Haupt, und gebe ihm sonst im Äußern noch ein Abzeichen; denn unser höchster Zweck ist ja doch, daß die Figuren mit Hand und Fuß und dem ganzen Körper sprechen sollen.«
    »Ich bin darin völlig Eurer Meinung«, sagte Lukas, »Ihr werdet gefunden haben, daß ich diese Sitte auch von Euch angenommen habe; nur habt Ihr wohl mehr als ich darüber nachgedacht. Auch in manchen Sachen, die ich von Raffael Sanzius gesehn habe, habe ich etwas Ähnliches bemerkt.«
    »Wozu«, rief Albrecht aus, »die gelehrte Umständlichkeit, das genaue Studium jener alten vergessenen Tracht, die doch immer nur Nebensache bleiben kann und muß? Wahrlich, ich habe einen zu großen Respekt vor der Malerei selbst, um auf derlei Erkundigungen großen Fleiß und viel Zeit zu verwenden, vollends, da wir es doch nie recht akkurat erreichen mögen.«
    »Trinkt, trinkt«, sagte Lukas, indem er die leeren Gläser wieder füllte, »und sagt mir dann, wie es kömmt, daß Ihr Euch mit so gar mancherlei Dingen abgebt, von denen man glauben sollte, daß manche Eures hohen Sinnes unwürdig sind. Warum wendet Ihr so viele Mühseligkeit an, Geschichten fein und zierlich in Holz zu schneiden, und dergleichen?«
    »Ich weiß es selbst nicht recht, wie's zugeht«, antwortete ihm Albrecht. »Seht, Freund Lukas, der Mensch ist ein wunderliches Wesen; wenn ich darüber zuweilen gedacht habe, so ist mir immer zu Sinne gewesen, als wenn der wunderbarliche Menschengeist aus dem Menschen herausstrebte, und sich auf tausend mannigfaltigen Wegen offenbaren wollte. Da sucht er nun herum, und trifft beim Dichter nur die Sprache, beim Spielmann eine Anzahl Instrumente mit ihren Saiten, und beim Künstler die fünf Finger und Farben an. Er probiert nun wie es gelingt, wenn er mit diesen unbeholfenen Werkzeugen zu hantieren anfängt, und keinmal ist es ihm recht, und doch hat er immer nichts Besseres. Mir hat der Himmel ein gelassenes Blut geschenkt, und darum werde ich niemals ungeduldig. Ich fange immer wieder etwas Neues an, und kehre immer wieder zum Alten zurück. Wenn ich etwas Großes male, so befällt mich gewöhnlich nachher das Gelüst, etwas recht Kleines und Zierliches in Holz zu schnitzeln, und ich kann nachher tagelang sitzen, um die kleine Arbeit aus der Stelle zu fördern. Ebenso geht es mir mit meinen Kupferstichen. Je mehr Mühe ich darauf verwende, je lieber sind sie mir. Dann suche ich wieder freier und schneller zu arbeiten, und so wechsele ich in allerhand Manieren ab, und jede bleibt mir etwas Neues. Die Liebe zum Fleiß und zur Mühseligkeit scheint mir überdies etwas zu sein, was uns Deutschen angeboren ist; es ist gleichsam unser Element, in dem wir uns immer wohlbefinden. Alle Kunstwerke, die Nürnberg aufzuweisen hat, tragen die Spuren an sich, daß sie der Meister mit sonderbarer Liebe zu Ende führte, daß er keinen Nebenzweig vernachlässigte und gering schätzte; und ich mag dasselbe wohl von dem übrigen Deutschlande und auch von den Niederlanden sagen.«
    »Aber warum«, fragte Lukas, »habt Ihr nun Eurem Schüler Sternbald da nicht abgeraten, nach Italien zu gehn, da er doch gewiß bei Euch seine Kunst so hoch bringen kann, als es ihm nur möglich ist?«
    Franz war begierig, was Dürer antworten würde. Dieser sagte: »Eben weil ich an dem zweifle, was Ihr da behauptet, Meister Lukas. Ich weiß es wohl, daß ich in meiner Wissenschaft nicht der Letzte bin; aber es würde töricht sein, wenn ich dafürhalten wollte, daß ich alles geleistet und entdeckt hätte, was man in der Kunst vollbringen kann. Glaubt Ihr nicht, daß es den künftigen Zeiten möglich sein wird, Sachen darzustellen, und Geschichten und Empfindungen auszudrücken, auf eine Art, von der wir jetzt nicht einmal eine Vorstellung haben?«
    Lukas schüttelte zweifelhaft mit dem Kopfe.
    »Ich bin sogar davon überzeugt«, fuhr Albrecht fort, »denn jeder Mensch leistet doch nur das, was er vermag; ebenso ist es auch mit dem ganzen Zeitalter. Erinnert Euch nur dessen, was wir vorher über die Erfindung gesprochen haben. Dem alten Wohlgemuth würde das Ketzerei geschienen haben, was ich jetzt male, so würde Euer Lehrer Engelbrecht schwerlich wohl auf die Erfindungen und Manieren verfallen sein, die Euch so geläufig sind. Warum sollen unsre

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