Franziskus, der neue Papst (German Edition)
Schrecken. 452 zieht Attila mit seinen Reitern durch Italien, bereit, Rom zu plündern. Papst Leo I., Leo der Große, reitet dem Hunnenkönig entgegen und trifft ihn bei Mantua. Was dann genau geschieht, weiß man nicht. Jedenfalls macht Attila kehrt und verschont die »Ewige Stadt«, die Umgebung und seine Bewohner. In den »Stanzen des Raffaels« in den Vatikanischen Museen zeigt ein wunderbares Gemälde diese Szene, freilich mit den Ausschmückungen einer Legende. So soll Leo I. von den Aposteln Petrus und Paulus begleitet worden sein, die Attila eingeschüchtert hätten. Lässt man die Legende beiseite, zeigt sich, dass Leo I. ein cleverer Geschäftsmann war, der den Hunnenkönig bestechen und Italien mit Geld freikaufen konnte. Das ist insofern von Bedeutung, da sich in dieser Situation der »Bischof von Rom« tatsächlich wie der »Primas Italiae« verhält und Verantwortung für das gesamte Land – das natürlich nicht identisch mit dem heutigen Italien ist – übernimmt.
Die vorletzte Bezeichnung, die das päpstliche Jahrbuch aufführt, beschreibt den weltlichen Einfluss des Papstes. Von weltlicher Macht in Italien keine Spur, er ist der »Souverän des Staates der Vatikanstadt«. Dieser Titel ist vergleichsweise jung und beschreibt die besondere Stellung, die der Vatikan und der Papst aufgrund der Lateranverträge aus dem Jahr 1929 genießen. So ist der Heilige Stuhl ein sogenanntes »nicht staatliches Völkerrechtssubjekt« mit dem Papst als Staatsoberhaupt. Dem Heiligen Stuhl zugeordnet ist der Staat der Vatikanstadt. Einfach ausgedrückt: Zum Heiligen Stuhl gehören der Papst und alle Behörden der Kurie. Der Vatikanstaat ist der Staat, dem der Papst als Souverän einer absoluten Wahlmonarchie vorsteht. Diese Monarchie und dieser Souverän verstehen sich als eine bestimmte Art von Souverän, so drückt es jedenfalls der letzte Titel aus: Der Papst ist »Servus servorum Dei«, »Diener der Diener Gottes«. Zurück geht dieser Titel auf Gregor den Großen, der von 590 bis 604 auf dem Stuhl Petri saß. Er betonte die Dienstfunktion des Papstes – eine Funktion, die in der Geschichte des Papsttums freilich allzu oft in Vergessenheit geriet.
Einen weiteren Titel gibt es seit dem 21. Jahrhundert nicht mehr, Benedikt XVI. hat ihn gestrichen. Der Papst wurde seit Leo dem Großen »Patriarch des Abendlandes« genannt. Als Benedikt diesen Titel abgab, lobte die Presse den Deutschen für diese Geste und feierte sie als großes ökumenisches Signal an die orthodoxen Kirchen. In deren Reihen war man jedoch weitaus zurückhaltender, manche Theologen äußerten sich sogar ausgesprochen skeptisch. Sie befürchteten, dass die Streichung des Titels »Patriarch des Abendlandes« der endgültige Abschied davon ist, der Papst sei ein »Patriarch«, wie es andere Patriarche auch gibt. Bis heute basiert eine der Ideen, das Morgenländische Schisma rückgängig zu machen, in dem die Patriarchate der Antike anerkannt werden und der Patriarch von Rom (oder des Abendlandes) lediglich ein »Primus inter Pares« ist.
Wer in Rom unterwegs ist, wird bei zahlreichen Gebäuden eine Inschrift sehen, die nicht Titel im Sinne des »Annuario Pontificio« ist, »Pontifex Maximus«. »Pontifex« bedeutet aus dem Lateinischen übersetzt »Brückenbauer«. Der »Pontifex Maximus« war im antiken Rom der Chef-Priester, der für die wichtigen kultischen Handlungen zuständig war. Später beanspruchten die römischen Kaiser diesen Titel und am Ende die Päpste. Wiederum war es Leo der Große, der ihn zum ersten Mal für das Papstamt benutzte. Damit wollte er eine Führungsposition und seinen Anspruch auf weltliche und kirchliche Macht unterstreichen. »Pontifex Maximus« ist heute kein Ehrentitel, trotzdem sieht man oft die Abkürzungen »P.M.« oder »Pont.Max.«.
WORUM ES GEHT: DIE HERAUSFORDERUNGEN FÜR PAPST FRANZISKUS
M arc Ouellet ist sicher kein feiger Mann. Als Missionar hat der Kanadier in Lateinamerika gearbeitet und er kennt als Leiter der Bischofskongregation auch die Gefahren der Klerikerkreise. Trotz seiner Erfahrung hat Ouellet vor dem Konklave von einem »Alptraum mit einer riesigen Verantwortung« gesprochen und damit nicht etwa die Wahl des neuen Papstes, sondern dessen Amt gemeint. Der frühere Erzbischof von Quebec war selbst als »Papabile« ins Spiel gebracht worden, worauf der 68-Jährige geantwortet hatte: »Das lässt mich nachdenken. Das lässt mich beten. Und ich erschrecke vor dem Gewicht dieser Aufgabe.«
Wie
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