Franziskus, der neue Papst (German Edition)
ganzen Kirche, der Vater und Lehrer aller Christen; ihm ist von unserm Herrn Jesus Christus im heiligen Petrus die Vollgewalt übergeben, die gesamte Kirche zu weiden, zu regieren und zu leiten.« Ein interessanter Nebenaspekt dazu: Am 11. Dezember 1998 veröffentlicht die Glaubenskongregation ein Dokument, das die bisher aufgezählten Titel erläutert. Das Schreiben verweist auf das Erste Vatikanische Konzil und die Konstitution »Pastor aeternus« und führt dann aus: »Der Primat des Bischofs von Rom drückt sich in Anbetracht seines bischöflichen Charakters in erster Linie in der Weitergabe des Wortes Gottes aus. Daher schließt er eine besondere eigene Verantwortung in der Sendung zur Evangelisierung ein, da ja die kirchliche Gemeinschaft ihrem Wesen nach dazu bestimmt ist, sich auszubreiten: › Evangelisieren ist die Gnade und eigentliche Berufung der Kirche, ihre tiefste Identität. ‹ « Leiter der Glaubenskongregation war damals ein gewisser Joseph Ratzinger. Als er später vom Kardinal zum Papst, von Joseph Ratzinger zu Benedikt XVI. geworden war, galt sein Hauptaugenmerk eben dieser »Weitergabe des Wortes Gottes«. Benedikt XVI. richtete einen Rat zur Neuevangelisierung ein und versucht so das zu erfüllen, was er 1998 in jedem Schreiben über den Primat des Bischofs von Rom formuliert hatte.
Der vierte päpstliche Ehrentitel ist vor allem in der Liturgie bedeutend: Als »Summus Pontifex Ecclesiae Universalis« ist der Papst der »Oberste Priester der Weltkirche«. Praktisch bedeutet das: Wenn der Papst bei einer liturgischen Feier dabei ist, hat er den Vorsitz. Er ist es, der die entscheidenden liturgischen Worte spricht, er ist es, der das Evangelium auslegt. Es gibt nur eine liturgische Feier, die der Papst leitet, ohne die Predigt zu halten: Die Karfreitagsliturgie, an diesem Tag predigt der »Prediger des päpstlichen Hauses«. Der Titel »Oberster Priester« erinnert viele vielleicht an den »Hohepriester« der Israeliten, den man aus der Bibel kennt. Mit Sicherheit hat dieser Begriff bei der Nomenklatur eine Rolle gespielt und der Grundgedanke des ranghöchsten Priesters auf Erden drückt sich in der liturgischen Vorrangstellung des Papstes aus. Doch die katholische Lehre fasst die Rolle des »Hohepriesters« deutlich weiter. Der einzige wirkliche Hohepriester ist Jesus Christus, der Priester auf Erden handelt »in persona Christi«, an Christus statt und nur durch ihn und aufgrund seiner Kraft. Der Papst ist keine Ausnahme. Zwar handelt er als »Oberster Priester« und »Stellvertreter Christi«, aber stets ist es Christus bzw. Gott, der wirkt.
Im Vergleich zum dritten und vierten Titel klingt der fünfte Titel unspektakulär, er lautet »Primas Italiae«. Er zeigt an, dass der Papst nicht nur »Bischof von Rom«, sondern zugleich »Primas von Italien«, also geistliches Oberhaupt Italiens ist. Im Normalfall übernahm oder übernimmt der »Primas« eines bestimmten Gebietes die Leitungsfunktionen und -aufgaben. Darüber hinaus existiert der Begriff auch im Zusammenhang mit Orden. Beispielsweise leitet der Abtprimas der Benediktiner, der derzeitige deutsche Abtprimas Notker Wolf, den Orden der Benediktiner. »Primas von Italien« zu sein, verschafft dem Papst keine zusätzlichen Pflichten oder Privilegien, es ist ein reiner Ehrenvorsitz. Trotzdem sind die Titel »Primas Italiae« und »Archiepiscopus et Metropolitanus Provinciae Romanae«, der sechste Titel, auch aus historischen Gründen interessant und wichtig: Bis heute spricht man von Metropoliten und meint damit die Vorsteher von Kirchenprovinzen. In Deutschland sind das die Erzbischöfe der Erzbistümer Bamberg, Berlin, Freiburg, Hamburg, Köln, München und Freising und Paderborn. Besonders interessant ist, dass der Erzbischof von Salzburg zugleich den Titel »Primas Germaniae« trägt. Das mag heute etwas komisch anmuten, schließlich ist Salzburg Teil Österreichs. Früher jedoch war die Mozart-Stadt lange Zeit Sitz des mächtigsten Erzbischofs in der Region und Leiter einer Kirchenprovinz, die weite Teile Bayerns umfasste. Später führte diesen Titel bis ins 19. Jahrhundert der Erzbischof von Mainz, und bis heute kennt man den Bischofssitz dort als »Heiligen Stuhl«. Im Falle des »Bischofs von Rom«, dem Papst, erzählt der Titel »Primas Italiae« viele interessante Geschichten. Eine der wichtigsten: Im 5. Jahrhundert fegt die »Geisel Gottes« über Europa, Attila und seine Hunnenhorden versetzen den alten Kontinent in Angst und
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