Franziskus - Zeichen der Hoffnung: Das Erbe Benedikts XVI. und die Schicksalswahl des neuen Papstes (German Edition)
Wohlwollen von Norberto Kardinal Rivera Carrera erkauft, sondern auch die Papstbesuche in Mexiko organisiert.
Mir sind diese Mexikobesuche des Papstes unter der Regie der Legionäre noch gut in Erinnerung, vor allem weil ich nachträglich so ein schlechtes Gewissen habe. Ich wäre niemals auf die Idee gekommen, dass der Orden von einem der schlimmsten Sexualverbrecher in der Geschichte der Kirche gegründet worden sein könnte. Die Legionäre schienen schlicht und einfach die perfekten Katholiken zu sein. Sie kümmerten sich in einer Missionsstation um die Ureinwohner, die Mayas, sie versprühten den Charme des Aufbruchs aus einem Schwellenland. Sie kannten Armut nicht nur aus dem Fernsehen wie viele ihrer europäischen Priesterkollegen. Ich hatte mich für mein lahmes europäisches Katholikendasein immer geschämt, wenn ich mit den Legionären zu tun gehabt hatte. Ihre glühende Bewunderung für ihren angeblich so charismatischen Gründer Marcial Maciel Degollado wirkte ansteckend. Die mexikanischen Legionäre schienen wirklich die Kirche von morgen zu sein und der ideale Rückhalt für den neuen Papst, wenn, ja wenn Maciel Degollado nicht ein solcher Verbrecher gewesen wäre. Und damit waren die Kardinäle Mexikos aus dem Rennen um den Thron des Papstes.
Die Ankündigung des Rücktritts von Joseph Ratzinger hatte im Februar 2013 eine eigenartige Erwartungshaltung entfacht. Weltweit überschlugen sich Tageszeitungen mit der Forderung, die katholische Kirche müsse sich jetzt endlich radikal reformieren. Wie das zu geschehen habe, schien die Öffentlichkeit seit Jahrzehnten zu wissen, denn immer dann, wenn es um eine tiefgreifende Änderung des Kurses der heiligen römischen Kirche geht, kommen stets die folgenden drei Forderungen auf den Tisch: Abschaffung der Ehelosigkeit der Priester, Einführung des Frauenpriestertums und Wahl eines schwarzen Papstes.
Aus irgendeinem Grund scheint man davon überzeugt zu sein, dass die Wahl eines schwarzen Papstes alles verändern würde, dass ein Vikar Christi vom Schwarzen Kontinent die Kirche völlig umkrempeln würde. Die Idee, der Kirche Afrikas ein stärkeres Gewicht zu geben, kam schon Ende der 60er-, Anfang der 70er-Jahre auf. Die Bilder der damaligen entsetzlichen Hungersnot in der Sahelzone und in Äthiopien hatten im Vatikan großen Eindruck hinterlassen. Seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges hatte der Vatikan sich nicht mehr so intensiv mit dem Problem Hunger beschäftigt, die Diskussion sollte später zur Gründung der päpstlichen Sahel-Stiftung durch Johannes Paul II . führen. Die massiven Forderungen nach mehr sozialer Gerechtigkeit auf dem Globus, vorangetrieben durch die Studentenrevolte, verfehlten ihre Wirkung auf die Katholiken nicht. Die Basis verlangte von Rom mehr Engagement auf dem Schwarzen Kontinent. Papst Paul VI . nahm das überaus ernst.
Es ging dabei vor allem um das Kernproblem: Bisher hatten weiße Bischöfe und Kardinäle die Kirche in Afrika aufgebaut. Ein eklatantes Beispiel war das Bistum Nairobi in Kenia. Errichtet worden war es 1883. Von 1883 bis 1971 amtierten dort in einem Zeitraum von knapp 100 Jahren fünf Bischöfe, darunter jedoch kein einziger Schwarzer. John Joseph McCarthy, der eine kleine Ewigkeit, von 1946 bis 1971, dem Erzbistum vorstand, war in Irland geboren worden. Sein Nachfolger war dann der erste farbige Bischof Nairobis. Doch Paul VI . war vollkommen klar, dass nur eine afrikanische katholische Kirche mit schwarzen Kardinälen und Bischöfen eine wirklich glaubwürdige afrikanische katholische Kirche sein würde.
Die Katastrophe für die afrikanische katholische Kirche sollte zunächst wie ein Märchen beginnen. Vielleicht hätte man damals schon darauf kommen müssen, dass manche Geschichten einfach zu schön sind, um wahr zu sein. Mitten in Afrika, in Mnukwa in Sambia, wird am 13. Juni 1930 ein einfacher Hirtenjunge geboren, in dem ein Genie verborgen ist. Der Junge verbringt seine Kindheit wie Millionen anderer Gleichaltriger seines Kontinents: Er kümmert sich um die Ziegen seines Vaters, hilft zu Hause, doch er hat einen gewaltigen Wissensdurst. Schon in der Grundschule in Chipata zeichnet er sich aus, schafft den Sprung in das Priesterseminar von Kasina und Kachebere. Mit 28 Jahren wird der brillante junge Mann zum Priester geweiht und bewährt sich. Am 1. August 1969 bekommt die katholische Kirche einen neuen Superstar, der junge schwarze Afrikaner wird mit 39 Jahren zum jüngsten Bischof Afrikas geweiht.
Das
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